Brauchen wir den Unterstrich? Feministische Linguistik und Queer Theory, Teil 1
Seit einiger Zeit benutzen manche SchreiberInnen, die sich um sprachliche Gerechtigkeit bemühen, nicht mehr das große I, auch Binnen-I genannt, sondern den Unterstrich, auch Gender_Gap genannt. Statt „SchreiberInnen“, „KollegInnen“ also „Schreiber_innen“, „Kolleg_innen“, undsofort. (Mehr dazu hier)
Die Schreibweise mit dem Unterstrich entstand im Diskurs der Queer Theory; sie wurde vorgeschlagen von Steffen Kitty Herrmann in dem Artikel „Performing the Gap - Queere Gestalten und geschlechtliche Aneignung“, nachzulesen hier.
Ich werde oft gefragt, was ich von dem Unterstrich halte. Hier eine meiner Antworten aus dem Jahr 2008, Quelle: dieStandard
Luise F. Pusch, Verfasserin mehrerer Klassiker rund um geschlechtergerechte Sprache […] findet den Unterstrich zwar interessant, zeigt sich gegenüber dieStandard.at aber nicht ganz überzeugt. "Er erinnert ja sehr an den Aufbau von Email-Adressen. Besser als der Schrägstrich (Leser/innen) ist er allemal, aber nicht so gut wie das große I in der Mitte, das auf schlaue Weise eine feminine Lesart suggeriert, die trotzdem auch für Männer akzeptabel sein sollte, da sie sich ja von der rein femininen Form 'Leserinnen' graphisch deutlich unterscheidet." Die Idee des Unterstriches, als Leerstelle Raum für Menschen zu schaffen, die sich geschlechtsmäßig nicht festlegen wollen oder können, findet sie im Ansatz gut, "die Lösung scheint mir jedoch nicht überzeugend." Pusch spricht sich hingegen für ein konsequentes Hinarbeiten auf neutrale Formen aus, ähnlich dem "the" im Englischen. Sie plädiert für "eine rigorose Abschaffung der im Kern diskriminierenden Ableitungen 'nebensächlicher' Formen aus den 'Hauptformen'. Alle Geschlechter einschließlich der nicht Festgelegten haben Anspruch auf die Grundform und sollten nicht mit irgendwelchen Wurmfortsatzbildungen in Ecken abgeschoben werden", so Pusch.
Die Sprache ist für die Menschen da, und sie können mit ihr machen, was sie wollen. Sie können alsdann versuchen, andere Menschen von ihren Ideen zu überzeugen. Die Idee des Unterstrichs hat anscheinend schon viele Menschen überzeugt; jedenfalls begegne ich dieser Schreibweise immer öfter. Befreundete Germanistinnen aus den USA fragen an: Weißt Du, was es mit diesem Unterstrich auf sich hat?“ In „Feminismus schreiben lernen“ (Brandes & Apsel 2011) wurde der Unterstrich weiterentwickelt zu einem „dynamischen Unterstrich“: Um Lese- und Denkgewohnheiten zu irritieren, lassen die Autorinnen den Unterstrich nun auftauchen, wo sie wollen. Das sieht dann so aus: Doze_ntinnen, Ver_Ant_W_Ortungen, Freun_dykes/innen, Ver_Suche, Geschichte_N.
Es tut sich was in Sachen gerechte Sprache. Anscheinend wird sie immer gerechter. Besser gesagt: Das ist die Absicht der Anhänger_innen des Unterstrichs.
Als Veteranin des Kampfes für eine gerechte Sprache glaube ich allerdings nicht, dass der Unterstrich das beste Mittel zur Erreichung des Ziels sprachlicher Gerechtigkeit ist. Ich glaube auch nicht, dass die Wörter immer weiter zerstückelt werden müssen, damit sich zwischen den Bruchstücken neue Räume für die bis dato unterdrückten Kategorien auftun können. Sprache funktioniert nicht so.
Im heutigen ersten Teil meiner Stellungnahme möchte ich erläutern, warum andere Lösungen besser geeignet sind, die „geschlechtlich nicht Festgelegten“ sprachlich sichtbar zu machen. Im zweiten Teil werde ich nächste Woche an dieser Stelle aufschreiben, warum die von der Queer Theory inspirierte Technik, Wörter aufzubrechen, um Freiräume für Unterdrückte zu schaffen, eher zu Unverständlichkeit und Leseverdruß als zum Ziel führt. Wie gesagt: Sprache funktioniert anders, als Queer-TheoretikerInnen sich das vorstellen. „Die altbewährten feministischen Strategien tun es auch. Allerdings wurden diese nicht von Männern entworfen oder abgesegnet und genießen deshalb kein akademisches Ansehen. Aber darauf kommt es ja letztlich auch nicht an, oder?“ (Selbstzitat aus "Homophobische Diskurse, Dekonstruktion, Queer Theory: Eine feministisch–linguistische Kritik", in: Pusch, Luise F. 1999. Die Frau ist nicht der Rede wert: Aufsätze, Reden und Glossen. Frankfurt/M. Suhrkamp TB 2921. S. 68-86)
Kritik des Unterstrichs: Der Unterstrich macht aus einem umfassenden (generischen) Femininum bzw. aus der Abkürzung für die Doppelform (LeserInnen, zu sprechen als Leserinnen und Leser) ein Gebilde aus Maskulinum plus Unterstrich plus Femininum-Suffix.
Menschen, die sich dem weiblichen oder männlichen Geschlecht nicht zurechnen können oder wollen, sollen sich durch den Unterstrich repräsentiert sehen, Frauen durch das Suffix. Als Frau finde ich es mehr als unbefriedigend, mich nach 30 Jahren Einsatz für eine gerechte Sprache auf ein Suffix reduziert zu sehen. Das ist eigentlich noch schlimmer als Mitgemeintsein. Und als Transsexuelle, Intersexuelle oder Transgenderperson würde ich den mir als Platz zugewiesenen Unterstrich vermutlich ebenso als entwürdigend einordnen.
Mit anderen Worten: Die Absicht ist edel und verständlich, die Ausführung macht die Sache aber noch schlimmer als vorher.
Was eigentlich gebraucht wird, ist eine Desexualisierung der Personenbezeichnungen, ähnlich wie wir sie im Englischen und in anderen Sprachen ohne grammatisches Genus vorfinden. Nicht umsonst fragen die US-amerikanischen Germanistinnen, was es mit dem Unterstrich nun auf sich habe. Sie kennen das Problem in ihrer Sprache nur bei den Pronomina und plädieren infolgedessen für Neutralisierung statt weitere Differenzierung, d.h. für geschlechtsneutrale Pronomina: ze, hir. Mehr dazu hier.
Steffen Kitty Herrmanns Vorschlag basiert auf linguistisch falschen Voraussetzungen. Herrmann schreibt: „Um die Illusion zweier sauber geschiedener Geschlechter aufrecht zu erhalten, kennt unsere Sprache nur die zwei Artikel "sie" und "er", sowie die zwei darauf bezogenen Wortendungen, zumeist das weibliche "...in" und das männliche „…er“.
„Sie" und „er“ sind keine Artikel, sondern Pronomina. Außerdem kennt die deutsche Sprache nicht nur zwei, sondern drei Artikel: die, der und das. „-in“ ist zwar eine weibliche Endung, aber „-er“ ist keine männliche Endung. Wenn dem so wäre, hätten wir Wortpaare wie Arbeiter und Arbeitin, Schuster und Schustin. Was stattdessen im Deutschen vorliegt, ist eine Palette maskuliner Personenbezeichnungen, von denen viele mittels der Endung -er aus Verben abgeleitet sind. Aber diese Endung tragen auch viele Gerätenamen. Neben dem Schornsteinfeger haben wir den Büchsenöffner und den Staubsauger. Und viele maskuline Personenbezeichnungen enden nicht auf -er, z.B. Student, Anwalt, Arzt. Was aber alle maskulinen Personenbezeichnungen auszeichnet, soweit sie nicht substantivierte Adjektive oder Partizipien sind (der Geistliche, der Abgeordnete), ist die Möglichkeit der Movierung (Ableitung eines Femininums) durch Anhängung von -in: Arzt > Ärztin, Schornsteinfeger > Schornsteinfegerin. Ebenfalls ordnet die Männergrammatik an, dass nur Maskulina für gemischtgeschlechtliche Gruppen und für hypothetische Personen verwendet werden können. Beispiel: Ein guter Arzt lässt seine Patienten nicht im Stich. Das Femininum hingegen kann nie für beide Geschlechter stehen.
Das ist also eine völlig andere Problematik als die Unsichtbarkeit der Intersexuellen, Transsexuellen und TransgenderPersonen. Frauen sind in der Männersprache nicht unsichtbar, sondern untergeordnet. Wie Eva aus Adams Rippe wird die weibliche Bezeichnung aus der männlichen abgeleitet. Ein einziges Maskulinum bringt automatisch Tausende von Feminina zum Verschwinden. Soll die Transgender und Genderqueer Community grammatisch im deutschen Sprachsystem sichtbar gemacht werden, bräuchte es eine weitere Endung. Sollte das Gesamtsystem gerecht sein, bräuchte es überdies eine eigene Endung für das Maskulinum, ähnlich wie es Matthias Behlert vorgeschlagen hat. Wir hätten dann etwa Freundin (Frau), Freundis (Mann) und Freundil (Intersexuelle, Transsexuelle, Transgender), Plural Freundinne, Freundisse, Freundille. Wenn das Geschlecht (welches auch immer) keine Rolle spielen soll, entfällt die Endung: Beispiel: Fragen Sie ihre Freund, Arzt oder Apotheker.
Warum „ihre Arzt“? Weil in dem entpatrifizierten Deutsch nach Behlert das Genus abgeschafft ist; es gibt nur noch einen Artikel, und zwar „die“.
Eine alternative Lösung wäre die Abschaffung der Endung -in plus Aktivierung des Neutrums (ne-utrum = keins von beiden): Bsp.: Die, der, das Neugeborene. Schon vor 31 Jahren habe ich vorgeschlagen, das Neutrum zu aktivieren für all jene Mitteilungszusammenhänge, in denen das Geschlecht keine Rolle spielt. Beispiel: Gesucht wird ein Professor, das sich in feministischer Theorie auskennt. Das Neutrum könnte außerdem die Funktion des Unterstrichs übernehmen - falls es jenen gefällt, die jetzt auf dem Unterstrich Platz finden sollen.
Soweit meine feministisch-linguistische Beurteilung des Unterstrichs. Nächste Woche folgen einige kritische Bemerkungen über den Kampf der Genderforschung und der Queer Theory gegen binäre Kategorien, die angeblich den Zwischenstufen keinen Platz lassen. Wenn wir die aristotelische Kategorienlehre hinter uns lassen, was die Linguistik längst getan hat, gibt es für diese düstere Diagnose keinen Anlass.
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Anmerkung der FemBio-Redaktion zur Kommentarfunktion am 26.10.2011: Übermäßig aggressive Äußerungen, besonders Diffamierungen von Personen und Gruppen, werden redigiert oder ganz gelöscht. Bisherige Äußerungen dieser Art wurden geschlossen. Dadurch mag die Diskussion bisweilen etwas löcherig wirken, aber da müssen wir durch.
59 Kommentare
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23.10.2017 um 12:19 Uhr Eike Borée
Geehrte Frau Professor Pusch,
Ihre Ausführungen erinnern mich an eine Beobachtung von Benard/Schlaffer, daß in menschlichen Beziehungen immer eine Grenze der Entfaltung gesetzt wird, und diese wird stets vom Mann gesetzt. Das trifft sogar allgemein zu: Es gibt — von Männern gesetzte — Tabus, die selbst vom Feminismus respektiert werden. Zwei dieser Tabus möchte ich hier diskutieren:
1. Männer hassen Frauen. Warum?
2. Männliche Transsexualität ist eine Bedrohung des weiblichen Geschlechtes.
Kritik an diesen Tabus wird allgemein nicht rezipiert, sondern verteufelt, und das macht sachliche Diskussionen fast unmöglich.
Angesichts der Herumkrittelei von Freud und seinen Spießgesellen am weiblichen Körper (Penisneid, klitoridischer Protest, vaginaler Orgasmus), der Generationen von Frauen gegen das eigene Empfinden weisgemacht wurde, erstaunt z.B. Stefan Hirschauers Nachsicht (Die soziale Konstruktion der Transsexualität. Über die Medizin und den Geschlechtswechsel, Suhrkamp, Frankfurt/Main 1993) gegenüber Männern, die Frauen sein wollen. Freud hatte wenigstens noch die Fairness zu fragen: “Was will das Weib?” Hirschauers einzige Anmerkung zu den Motiven, warum Männer Frauen werden wollen, lautet: “Sie wollen als Frauen anerkannt werden.” Warum sie das wollen, fragt er nicht. Außerdem übergeht er die Tatsache, daß es weit mehr Männer gibt, die Frauen werden wollen, als Frauen, die Männlichkeit anstreben. Sollte frau /man hier nicht nachhaken?
Historiker rechnen global und in langen Zeiträumen. Die Welt ist von Männern gemäß ihren Bedürfnissen gestaltet, und Frauen haben sich irgendwie darin zurecht zu finden. Das ist derart selbstverständlich, daß selbst der Feminismus oft deren Sichtweisen übernimmt. Was verdient ein Fußballer, und was eine Hebamme? Wer leistet jedoch objektiv die wichtigere Arbeit? Es bringt uns nicht weiter, wenn Frauen in hohe Ämter aufsteigen, solange sie sich nach männlichen Wertvorstellungen richten (müssen). Vor dieser androzentrischen Kulisse finden ”Geschlechtswechsel“ statt. Es wäre verständlich, hätten Frauen den Status der Zweitrangigkeit satt und wollten Männer werden. Aber was treibt Männer in die Zweitrangigkeit? Männer hatten von jeher ein Ventil, Frau zu spielen, vom Theater der Antike, den arabischen xaniths, dem Shakespeare-Theater, mittelalterlichen Mysterienspielen, viktorianischen Nachtclubs bis zu heutigen Transvestitenshows. Das ist nichts Neues. “Männer sind die besseren Frauen” – und sie sorgten dafür, daß Frauen erst gar nicht zum Zuge kamen. Frauen sind so sehr entfremdet, daß sie das Selbstopfer für eine Tugend halten und nicht gewahr werden, daß sie damit männlichem Egoismus Vorschub leisten. Für einen Mann ist es schwer, sich dem zu entziehen.
Männer haben Frauen stets alles weggenommen. Indizien für diese haßerfüllten Übergriffe sind Vergewaltigungen, Verstümmelungen, Tötungen, Vorenthalten von Licht und Luft mit Zwang zur Verhüllung und ins Haus, Verweigerung von Bildung und Rechten, Unterschlagen und Herabsetzung weiblicher Leistungen. Pamphlete männlichen Frauenhasses füllen Bibliotheken (es gibt m.W. kein weibliches Gegenstück), und dieser überbordende Haß gegen ein wehrloses Gegenüber treibt gerecht denkenden Menschen die Schamröte ins Gesicht. Versuchten Frauen, in männliche Domänen vorzudringen, hat die Männerriege nichts ausgelassen, Frauen daran zu hindern, vom Lächerlichmachen bis hin zur Verfolgung und Tötung. Sie hat es z.B. Hebammen verwehrt, Latein zu lernen und damit am medizinischen Fortschritt teilzuhaben, und dann ihre Domäne übernommen und Frauen für vorgebliche Inkompetenz verunglimpft. (Männer, die sich dem entgegenstellen, werden lächerlich gemacht oder angegriffen, wie Denis Mukwege, der unter Polizeischutz arbeiten muß.) Ein Blick in die gehässigen, oft obszönen Leserbriefe zu Frauenthemen in Zeitungen ist genug. Wenn eine Frau wie Sibylle Berg einmal kritisch über Männer schreibt, wird sie als “Männerhasserin” beschimpft, aber der allgegenwärtige Frauenhaß ist kein Thema, weil er so selbstverständlich ist. Von Frauen wird dagegen erwartet, das Eindringen von Männern in ihre Domäne tolerant und fördernd zu begleiten. Sogar in Filmen wird ihnen als “cool” angedreht, Transmänner zu akzeptieren, zu coachen und zu unterstützen.
Das Mißverhältnis zwischen den Geschlechtern bei der Schaffung eines neuen Menschen ist grotesk: Der Mann gibt ein paar Tropfen, und die Frau erledigt – unter Schmerzen und Lebensgefahr – den Rest. Aber die Hochachtung gilt den Tropfen, die als “Schöpferkraft” und “Samen” canonisiert werden, bei der man schwört, und die man in Türmen, Bäumen und Bergen symbolisiert. Dem gegenüber wird die objektiv größere Leistung minimalisiert. “Vater kann man ohne Mutter sein”, informiert uns Apollon in den “Eumeniden” von Aischylos und erläutert: “Beweis: Athene, die niemals eines Mutterschoßes Dunkel sah.” Apoll lügt hier ziemlich dreist, denn Athene hatte sehr wohl eine Mutter. Metis hieß die Dame, Göttin der Weisheit. Sie wurde von Zeus gefressen, “damit die Weisheit immer in ihm wohne”. Mann verleibt sich Frau ein als einziger Fall von olympischem Kannibalismus. Den gemeinsamen Embryo trug er in seinem Schenkel aus (!). Heraus kam eine sterile Kopfgeburt, eine bewaffnete Göttin für kriegslüsterne Männer. Aus der allumfassenden Weisheit wird unter männlicher Redaktion ein Kampf- und Kriegsgedöns! Diese üble Geschichte stinkt nach schlechtem Gewissen, als hätten die als Lügner berüchtigten, hochgradig androzentrischen Griechen gewußt, was sie da ummünzen. Die Göttin Athene stammt in Wirklichkeit aus Kreta und ist älter als Zeus.
Vor diesem knapp skizzierten Hintergrund von Misogynie und Lebens-Diebstahl wollen also Männer Frauen werden. Warum? Ich glaube, die Antwort ist so einfach wie beklemmend: Mann möchte sich auch noch die letzte weibliche Domäne aneignen. Frauen sollten diesbezügliche Äußerungen ruhig ernst nehmen. So wie Zeus die Weisheit räuberisch vereinnahmte, wie Ärzte die Hebammen verdrängten, wie Männer Frauen eingesperrt und entmündigt haben, greifen nunmehr transsexuelle Männer in Frauenleben ein und fangen an, die Regeln zu bestimmen, bevor Frauen überhaupt dazu gekommen wären, eigene Regeln zu erkennen und zu entwickeln. Männer tragen ihr ererbtes Dominanzverhalten und ihre Aggressivität in ihr ”neues Geschlecht”. Wenn aber Frauen derart überfahren werden, hat “politische Korrektheit” keinen Platz.
Die Frauenbewegungen sind knapp 250 Jahre alt, gegenüber einer androzentrischen Geschichte von Jahrtausenden, und sie verlaufen nicht kontinuierlich, sondern in Wellen und Rückschlägen. Es wird lange dauern, bis Frauen gelernt haben werden, ihre wirklichen Kapazitäten zu erkennen. Transsexuelle Männer behindern diesen Prozeß, denn Geschlechtswechsel, gleich welcher Art, heben die androzentrische Gewichtung nicht auf. Knappe Corsage, blonde Perücke, Highheels, Pinup-Getue usw. sind nicht eo ipso weiblich, sondern Nachahmung des Pirelli-Kalenders, wie Männer sich Frauen vorstellen, nicht wie Frauen wirklich sind. Ich glaube nicht an “die weibliche Seele in einem männlichen Körper”. Männer lernen keine Empathie, und selbst Gutwillige beobachten daher meist viel zu ungenau. “Sie wollen als Frauen anerkannt werden”, d.h. sie fordern, ohne zu geben. Aber Anerkennung muß man sich verdienen. Man gewinnt sie nicht durch Auftrumpfen, und gerade die Aggressivität und das Sich-Hineindrängen ist suspekt: Daß Menschen, die diese geschlechtliche Beliebigkeit nicht mitmachen, mit allen Hunden gehetzt und mundtot gemacht werden sollen, hat etwas Totalitäres, und totalitäre Systeme sind immer maskulin. Frauen hat man stets Bescheidenheit und Schamhaftigkeit, das Sich-zurück-Setzen eingebläut, das sie bis heute kaum überwunden haben. Gerade die aggressiven Verhaltensweisen der transsexuellen Szene lassen vermuten, daß es dabei nicht um Weiblichkeit geht, sondern um Narzissmus, um Drehen um sich selbst mit Metaphern, die für weiblich gehalten werden.
Die Vernichtung von Frauen durch Männer ist ein altes, hochernstes Thema, und Frauenmord ist bis heute an der Tagesordnung: Griechen und Römer töteten weibliche Säuglinge. Später brannten vermeintliche Hexen, und unerwünschte Töchter wurden in Klöstern entsorgt. In Asien hat das Abtreiben weiblicher Embryos Hochkonjunktur. In islamischen Gesellschaften werden Frauen wegen der “Familienehre” ermordet. Die amerikanische “Geschlechtswahlpille” eliminiert X-Chromosomen. Gleichzeitig wollen Männer Frauen werden. Heißt das, geborene Frauen werden überflüssig gemacht? Das wäre wohl der größte denkbare Genozid.
Frauen haben eine übergroße Bereitschaft, Männern, die sich auf ihre Seite stellen, entgegenzukommen und sich ihrer anzunehmen, wohl aus der Sehnsucht, aus der Zweitrangigkeit befreit zu werden und eine Anerkennung des Unrechts zu erfahren. Sie sollten nicht Transsexualität mit Fraueninteressen verwechseln. Frauen haben sich von jeher für Männer aufgeopfert, warfen sich buchstäblich für sie ins Feuer und verzichteten auf eigenes Leben. Männer haben Frauen gegenüber eine Bringschuld, und das Humanste, was ein Mann machen kann ist, das Unrecht anzuerkennen und sich für Gleichstellung einzusetzen, und zwar als Mann, so daß klar wird: Hier geht es um Gerechtigkeit anstatt falsch verstandene Eigeninteressen.
Wir wissen aus der Geschichte: Bei Männerüberhang würde das Aggressionspotential steigen und die Welt in Kriegen versinken. Die alten Griechen sind ein Beispiel. Der völlig überflüssige Peloponnesische Krieg fand erst ein Ende, als die Parteien erschöpft und ausgeblutet waren, und die so kriegerischen Griechen wurden zur leichten Beute der Römer. Es zahlt sich nicht aus, wenn die Kultur aus der Balance kippt. Das von der Frauenbewegung mühsam angestrebte Gleichgewicht wird durch die Mode der Transsexualität bedrohlich gestört, und in einer Zeit, in der es ein Leichtes ist, mit — von Männern erfundenen — Zerstörungsmethoden innerhalb von Minuten die Welt in Schutt und Asche zu legen, sollten Frauen und Männer aufmerksam sein und sich gegen feindselige Aneignung zur Wehr setzen.
Eike Borée
27.01.2012 um 16:39 Uhr blitzmerkerin
...
Jetzt werd ich solidarisch Stern*chen
doch weiterhin mit vielen ??? sein
Denn wie mir scheint: daran änderts nix.
Muss mich wohl Sternchenklein
inmitten manch_er Worte freuen,
dass ich damit auch gemeint und nicht mehr Suffix
bin.
Danke für die sehr gute zusammenfassung
12.11.2011 um 13:02 Uhr Rote_Jacke
schubidu, dein text klingt irgendwie nach bullshit.
so kompliziert ist es gar nicht. einen weiblichen hausmann gibt nicht (orxymoron). wenn weiblich, dann kein mann. verstehst du? ein männlicher hausmann ist eine tautologie und somit unsinn.
und was bitte ist eine männliche partnerin?
nehmen wir mal an, die partnerin würde nur hosen und kurze haare tragen und keine “weiblichen” tätigkeiten ausüben, dann wäre sie trotzdem nicht männlich. denn tätigkeiten, kleidungen und frisuren werden zwar tendenziell einem geschlecht zugeordnet, haben aber kein geschlecht und “machen” auch kein geschlecht. niemand verliert sein geschlecht durch “falsche” kleidung oder handlungsweisen. sonst wären frauen im baumarkt männer und männer beim kuchenbacken frauen. dann brauchten transexuelle keine “geschlechtsumwandlung” mehr, sondern nur das richtige zu tragen und zu tun.
02.11.2011 um 13:18 Uhr schubidu
So wie ich das sehe:
“ArbeitnehmerInnenschutzgesetz” ist die aktuell zumutbare Denkweise und bedeutet:
Kein Jungbäuerinnenkalender am männlich dominierten Arbeitsplatz, wenn eine Frau mitarbeitet und auch kein Jungbauernkalender am weiblich dominierten Arbeitsplatz, wenn ein Mann mitarbeitet. (D.h. dass nur die gesellschaftlich akzeptierten Geschlechterrollen des letzten Jahrtausends, berücksichtigt werden)
“Arbeitnehmer_innenschutzgesetz” ist die Zukunft und bedeutet:
Generell kein Jungbäuer_innenkalender am Arbeitsplatz, weil “mann” nicht unbedingt auf Frauen stehen muss ... und umgekehrt.
Gesetze die z.Zt. für biologische Frauen gelten, könnten plötzlich nur für weibliche MitarbeiterInnen gelten ... und umgekehrt.
“PartnerIn” impliziert 2 Denkweisen:
der Partner, die Partnerin
“Partner_in” impliziert 4 Denkweisen:
der männliche Partner, der weibliche Partner, die männliche Partnerin, die weibliche Partnerin.
Mit dieser Unterstrich-Methode bringt sich das soziale Geschlecht ins Spiel. Das Binnen-I-Bewusstsein wird noch einmal verdoppelt und die geschlechterspezifischen Abwertungen, konvertieren zu Qualifikationen.
Beispiel:
Was wird als qualifizierter empfunden?
“männlicher Hausmann in Karenz” oder “weiblicher Hausmann in Karenz”?
Spannend ist das z.B. bei der Quotendiskussion:
Aktuell werden nur “männliche AbteilungsleiterInnen” akzeptiert. Gebraucht werden aber “weibliche AbteilungsleiterInnen”, denn was nützt der Wirtschaft eine Frau, die wie ein Mann handelt? :)
29.10.2011 um 19:17 Uhr Rote_Jacke
ps: das war natürlich kein stabreim.
29.10.2011 um 16:18 Uhr Rote_Jacke
von kaffeesatzleserei ist in jedem falle abzuraten.
gehen sie doch einfach davon aus, dass sie GEMEINT sind. es liegt allein an ihrem standing, ob sie sich gemeint fühlen, oder weinerlich in der ecke schmollen wollen. toller stabreim, was?
sehen sie mal, dürr. das ist jetzt unanständig. und um ansändigkeit geht es ihnen doch, oder? sparen sie sich küchentischdiagnosen meine person betreffend. ich bin sicher, sie wollen meine diagnosen sie betreffend auch nicht hören.
29.10.2011 um 12:48 Uhr Dürr
@ irgendeine Userin: Als “diplomierte Philo-soff-in” mit Spezialgebiet Wissenschaftslehre/Erkenntnistheorie darf ich Dir sagen, dass Subjektivität ebenfalls ein Weg zu richtiger Erkenntnis ist. Subjektivität ist immer der Ursprung einer jeden wissenschaftlichen Forschung, aus welcher dann möglicherweise eine allgemein gültige Erkenntnis resultieren kann. Dabei ist das “kann” besonders wichtig, denn “objektive” Forschung ist fast unmöglich, weil schon beim Entschluss, dieses oder jenes genau zu erforschen, Subjektivität und subjektive Prioritäten eine Rolle spielen. Nach den Kriterien der Wissenschaftstheorie wären alle Erkenntnisse, aus voraristotelischer Zeit, von Aristoteles bis mindestens Kant “unwissenschaftlich” - obwohl gerade wir Frauen das besser wissen. Aber da Männer diese “Erkenntnisse” abswonderten, ist die “Wahrheit” dieser Grössen z.T. subjektiv, mit Vorurteilen behaftet und schlicht unrichtig.
Also: Wieso sollte Deine oder jemand anderes Meinung richtiger oder falscher sein? Trau Deinem Urteil, sei bereit dazu zu lernen und bleib einfach offen. Subjektivität beinhaltet ebenso Wahrheit wie die sog. Objektivität - das ist lediglich eine Frage des Wissenstandes, der Perspektive, die aus dem Standpunkt resultiert und derjenigen, die beurteilen, was “falsch” und was “richtig” zu sein hat. (z.B.: Das Matterhorn sieht vom STANDPUNKT Italien aus absolut unspektakulär aus, und die meisten Schweizer würden es noch nicht einmal erkennen!) M.a.W.: Stell Dich in die Schuhe dessen, dessen Aussage Du hörst und Du merkst, dass er/sie (auch) Recht hat.
Die absolutistische “Wahrheitsverkündung” und das “Darauf-bestehen-dass…” etwas einzig wahr, richtig, ... etc. ist, ist ein patriarchalischer Zug des gesamten Wissenschaftsbetriebs. Und wir Frauen, sind uns so daran gewöhnt, dass wir ähnliche Hahnenkämpfe um die Schwanzfedernlänge veranstalten, wie die Herren. Auch wir sind nur “Kinder unserer Zeit”. Darum freuen mich die Diskussionen, die Luise Pusch mit ihren wunderbaren Glossen immer wieder anzettelt, so sehr. Destruktive Ausrutscher kommen meist von männlicher/maskulinistischer Seite. Die halten wir aber locker aus, ignorieren sie manchmal einfach oder hauen eben mal drauf. :-)
Gerade persönliche Meinungen sind doch das Salz in unserer Suppe, denn oft stellt sich heraus, dass sich da so etwas wie Signifikanz zeigt. Und schliesslich besteht der grösste Teil wissenschaftlicher Erkenntnis empirisch, aus Erfahrung - und diese ist immer (auch) subjektiv!
lg Dürr
29.10.2011 um 09:28 Uhr irgendeine Userin
Chapeau!
@Lena Vandrey!
Chapeau!
@Dürr!
Bei aller Theoriebildung muss es erlaubt sein, auch die eigene Sicht zu benennen. Nicht diese zur theoretischen Grundlage zu machen, aber sie doch zu benennen. Nur so ist erkenntlich, woher eine kommt.
Auch macht es für mich leichter, etwas anzunehmen - weil ich die Wahl habe und nicht gefordert werde: so ist das, nimm es an und sieh es ein, ansonsten, bist du… etc.
Ich möchte lernen und auch praktisch anwenden.
Ich sehe den Vorteil und das Geschenk, dass eine Fachfrau das Thema zur Sprache einbringt, danke @lfp.
Und danke, dass die Diskussion wieder eröffnet wurde.