9/11: Überlegungen zum „sexuellen Missbrauch“ und zum „Krieg gegen den Terror“
Gestern geriet ich in die zweite Hälfte der Sendung über „sexuellen Missbrauch“ von Gert Scobel, Titel: "System Missbrauch Wie Verschweigen und Verharmlosen funktioniert". Wiederholt wird sie leider nicht, so dass ich hier nur aus dem Gedächtnis schildern kann, was mir dabei auffiel.
An der Gesprächsrunde nahmen zwei Frauen und zwei Männer teil: Christine Bergmann, unabhängige Beauftragte zur Aufklärung des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kathrin Radke, Sprecherin der "Bundesinitiative der Betroffenen von sexualisierter Gewalt und Missbrauch im Kindesalter", Michael Osterheider, Experte auf dem Gebiet der Pädokriminalität und Mitglied beim "Runden Tisch sexueller Kindesmissbrauch" der Bundesregierung. Und Gert Scobel als Moderator der Sendung. Mehr über die Beteiligten der Gesprächsrunde hier.
Was mir auffiel, war, dass Scobel, Osterheider und Radke das Thema „TäterINNEN“ über Gebühr betonten und Christine Bergmann immer wieder dazu zwangen, die Proportionen zurechtzurücken. Tatsache ist, dass 90 Prozent der sexuellen Missbrauchstaten von Männern begangen werden. Das betonte Bergmann tapfer wieder und wieder, bei jedem erneuten Infragestellen. Besonders Scobel wollte wissen, ob nicht die Vorstellung des sexuellen Missbrauchs durch die Mutter so unfassbar und daher tabuisiert sei, dass die Untaten der Mütter eben im Dunkeln blieben, die Dunkelziffer mithin gewaltig sein müsse. Nein, konterte Bergmann, da sei, nach dem gesamten Aufbrechen der Thematik vor zwei Jahren, inzwischen eigentlich nichts mehr tabu, alles käme auf den Tisch. Und da sei es nun einmal so, dass Frauen an dem Delikt nur verschwindend wenig beteiligt seien. Ihr Anteil fiele eigentlich kaum ins Gewicht. Die drei anderen machten immer wieder Anläufe, diese Aussage zu relativieren - Bergmann blieb jedoch standhaft.
Warum diese heftigen Bemühungen, die Frauen als Schuldige mit ins Boot zu holen? Der Grund liegt auf der Hand: Wenn beide Geschlechter sich an diesen Verbrechen beteiligen, dann haben wir es nicht mit einem Massenverbrechen von Männern gegen Schwächere zu tun, sondern mit einer gesellschaftlichen Pathologie. Die Männer wären, um es platt zu sagen, aus dem Schneider. Und alles Augenmerk könnte sich wieder beruhigt den Opfern zuwenden, so wie es immer war, bevor die Schandtaten der katholischen Priester an die Öffentlichkeit kamen. Diesen saftigen Skandal und Quotenbringer konnten sich die Medien natürlich nicht entgehen lassen, und plötzlich waren die Täter das Thema, eben weil es prominente und unwahrscheinliche Täter waren. Bis dahin, solange es „nur“ Väter, Brüder, Großväter und Onkel waren, blieben die Täter öffentlich-medial weitgehend unbehelligt, wurden kaum mal zum Thema. Denn schließlich sind Medienmänner ebenfalls Väter, Brüder, Großväter und Onkel, gehören also zur Gruppe der prinzipiell Tatverdächtigen. Da empfahl sich also eher Stillschweigen. Das geht nun nicht mehr, und so wird die zweite Strategie der Ent-Schuldigung herangezogen: Nicht das übliche „Die anderen waren es“ - das wäre denn doch zu abenteuerlich, die Taten den Frauen zur Last zu legen. Wohl aber kann mann die Strategie „Wir alle waren es“ zwecks Nivellierung einsetzen, und das taten die Beteiligten gestern Abend auch, mit Ausnahme von Bergmann. Warum Radke auch diese Strategie wählte, ist mir nicht ganz klar. Aber die Entlastung der Männer durch Frauen ist ja durchaus nichts Ungewöhnliches, sie wird ja auch oft belohnt.
Apropos Täter: Da kommen uns zum zehnten Jahrestag von 9/11 natürlich jene anderen Täter in den Sinn und Bushs Versuch, sie und ihr Netzwerk mit seinem „Krieg gegen den Terror“ auszumerzen. Zehn Jahre krankt die ganze Welt schon an diesem Wahnsinn. Hier wurde ganz auf die Strategie: „Die anderen waren es!“ gesetzt. Und so gab es denn auch keinerlei Hemmungen, die Gruppe der Täter auf „die Muslime“ auszuweiten und bewusstlos zu verfolgen. Verbrecherische Regimes, endlich hinweggefegt im „arabischen Frühling“, wurden viel zu lange hofiert, weil sie Verbündete im „Krieg gegen den Terror“ waren.
Auffällig für die feministische Beobachterin ist der so typisch unterschiedliche Umgang mit den Tätern. Samthandschuhe und, immer noch, Versuch der Abwälzung der Schuld auf „die Gesellschaft“ beim "Kampf gegen den sexuellen Kindesmißbrauch". Folter und Auslöschung des „Gegners“ im „Krieg gegen den Terror“. Wobei Al Qaeda mit Sicherheit ungefährlicher ist und viel weniger Opfer zu verantworten hat als das globale männliche Terrornetzwerk der Kinderschänder, Vergewaltiger, Lustmörder, Triebtäter, Frauenhändler, Pornografiehersteller, etc. etc.
Was können wir also tun? Einfach die Täter unbeirrt benennen ist von zentraler Wichtigkeit gegen die Taktiken des "Verharmlosens und Verschleierns", um die es in der Sendung angeblich ging. Dank an Christine Bergmann für ihr großartiges Beispiel.
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35 Kommentare
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12.09.2011 um 12:46 Uhr Anna
http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article11217166/Lachende-Frau-toetet-Kaninchen-mit-ihren-Pumps.html
Mal bitte anschauen…@ lena von wegen nur Männer quälen Tiere.
Selten sowas perverses gesehen.
Wie rechtfertigs du das? Oder stellst du dich auch hier blind wie bei den Opfern sexueller Gewalt durch Frauen=
12.09.2011 um 12:38 Uhr Anne
@Dürr
Irrtum, es wurde schon beobachtet das Affen und Dephine ihr Weibchen vergewaltigen.
@ lena
” Dass Frauen ebenfalls der Kinderschändung verdächtigt werden können, ist ein Skandal”
Und was ist mit Kindern die von Frauen mißbraucht wurden?
Ich glaube es nicht: Willst du den Opfern von weiblichen Mißbrauch (auch hier sind die Opfer zm größten Teil weiblich) die Glaubwürdigkeit absprechen?
Gehts noch?
Dein pathologischer Männerhass ist schon übel genug, aber Kinder da mit reinzuziehen ist abartig.
11.09.2011 um 15:10 Uhr anne
danke liebe @ luise und @ dürr ! die antifeministische bzw. maskulinistische bewegung breitet sich aus wie ein spinnennetz; wie ein trojanisches pferd ist sie unter uns, agiert , bläht sich auf und manipuliert - vor allem im internet - .
ich hoffe, dass frauen endlich zur besinnung kommen und sich mehr für frauen stark machen.
leider gibt es zu viele `schwestern` , die uns frauen lieber in die zweite riege verfrachten und zu allererst an (ihre) männer denken, wenn es um uns frauen und feministische themen geht.
” erst muss ich an (die) männer denken, bevor ich als frau selbstbewusst und autonom denken und handeln darf?” nein danke! dieses problem durchzieht die gesamte frauenbewegung…nichts gegen gemeinsamkeit, aber wenn frau für ihre belange etwas erreichen will, dann muss sie zuerst an sich und ihre schwestern denken .
die erfolge der maskulinistischen bewegung zeigen sich u.a. in den ergebnissen der obigen fernseh-sendung . frau bergmann auf fast verlorenem posten…?
ich hoffe auf weitaus mehr frauensolidarität / frauenpower - aber frau sieht ja , wie es um diese bestellt ist, wenn es z.b. um die `quoten-frage` geht - ein aufschrei erfolgt/e bei vielen: nein, ich bin doch keine `quotenfrau`, pfui, weg mit der frauenquote - mann dankt es ihnen!
dagegen haben männer sich die frage nach der bis zu 90 %ig existierenden männerquote in politik, gesellschaft, kirche, bildungsstätten etc. seit anbeginn noch nie gestellt - sie haben sich immer richtig eingeordnet und ganz oben positioniert..
“zickenkrieg” - frauen, die mit frauen auch kontrovers um problem-lösungen kämpfen ZICKEN, werden also wieder negativ stigmatisiert, bewusst durch sprache klein gehalten - männer dagegen diskutieren, streiten, verhandeln auf der suche nach lösungen - ein wahres heldentum.
“wohin du auch gehst, nimm eine frau mit.” (gloria steinem, feministin)
http://www.graphitti-blog.de/2011/06/21/wie-deutsche-medien-konflikte-klassifizieren/
11.09.2011 um 13:12 Uhr lfp
@anne und @dürr: Danke für die wichtigen Links!
Eben habe ich gewählt (Kommunalwahlen in Niedersachsen). Ich konnte 3 mal 3 Stimmen abgeben und habe natürlich nur Frauen gewählt. Es war mir ein Vergnügen. Ich hoffe, die anderen Wählerinnen gönnen sich auch das Vergnügen,
11.09.2011 um 11:48 Uhr Dürr
Schnell eine Möglichkeit, Einblick in das WARUM die Sitzation in unseren Ländern nicht ändert: Die Studie von Prof. Stämpfli “Schweizer Frauen in der Politik” über das Wahlverhalten von Frauen in der Schweiz und die Stereotypen bei Wahlen. http://www.frauenbauenzukunft.ch/downloads/ekf-studie-staempfli_sept-2011.pdf
Erhellend ist, wie Antifeministen öffentlichen Raum erhalten für (un-)wissenschaftlliche Studien, Frauen, die dies korrigieren wollen, totgeschwiegen werden. (Wie eben auch Frau C. Bergmann) Erhellend ist zudem, dass Frauen weniger wählen gehen als Männer, bzw. die Mobilisierung nicht funktioniert. (In der Schweiz läuft für die Wahlen im Oktober eine Kampagne, Frauen aufzurufen, Frauen zu wählen.)
Wir lassen uns noch immer verhetzen, i.S. von “Zickenkrieg”, “mangelnde Teamfähigkeit”, “zu wenig Führungserfahrung, -fähigkeit” etc. Es ändert sich erst etwas, wenn Frauenverbände sich vor Wahlen zusammenschliessen, Kampagnen starten, den Parteien klar machen, dass sie nur mit Frauenstimmen rechnen können, wenn entsprechend viele Frauen portiert werden (z.B. 50 % Frauen auf den Listen…) usw.
lg
Dürr
10.09.2011 um 19:03 Uhr anne
falls interesse besteht?
http://www.ikf.ac.at/pdf/kosten.pdf
10.09.2011 um 19:01 Uhr anne
zur information folgende webseite zu dimensionen der männergewalt gegen frauen und mädchen. eine weitere wird nachgereicht.
http://www.autonome-frauenhaeuser-zif.de/pdf/gewalt/ge_01_heiliger.pdf
10.09.2011 um 15:15 Uhr anne
nachtrag:
“unbeirrt die täter benennen” - heute berichtet DIE ZEIT zu “rettet die kindheit” z.b. über die konsumwelt, die ins kinderzimmer eingebrochen ist/höchste zeit für eine empörung und für eine inventur.
aber hier findet die empörung doch schon seit jahren, wenn nicht jahrzehnten statt von besorgten frauen-/verbänden-organisationen , feministinnen usw. - nur die wenigsten hör(t)en auf die warnrufe .
so heisst es weiter:
schuldig sollten sich künftig diejenigen fühlen, die es den eltern schwer machen….VERMARKTER, die dafür sorgen, dass kein kind einer mangafigur entkommt. WERBER, die immer subtilere strategien für die beeinflussung minderjähriger ersinnen. HERSTELLER von dick machenden kinderlebensmitteln und von bildschirmspielzeugen für einjährige (das gibt es tatsächlich). SOFTWAREHAEUSER, die in die letzten werbefreien räume drängen: in kindergärten und schulen. TV-MACHER, die behaupten, wer seine kinder nicht fernsehen lasse, der isoliere sie sozial. wer mit produkten für kinder geld verdienen will, steht moralisch in der pflicht, plausible elterliche bedenken gegen sie zu entkräften, besser noch, ihre nützlichkeit nachzuweisen. die frage lautet: ziehen wir gerade die unkreativste generation aller zeiten heran?
hoffentlich haben die politischen entscheidungsgremien auch den mut, all die hintermänner, erzeuger des globalen männlichen terrornetzwerkes der kinderschänder, vergewaltiger, lustmörder, frauenhändler, pornografiehändler, bordellbetreiber öffentlich zu benennen und zur rechenschaft zu ziehen. nur es gibt zu viele sympathisanten , die mit den terroristen in einem boot sitzen.
@ stephanie - richtig erkannt - dieses phänomen i.d. medien habe ich auch schon beobachtet. im visier steht die zielgruppe weibl. menschen: das männl. monster all der verbrechen bekommt ein weibl. gesicht? obwohl die kriminalstatistiken eine ganz andere realität zeigen.
vorsorglich werden zukünftig über die gewissenlose medienindustrie in der fiktiven welt täterinnen am laufenden band produziert, um den nervenkitzel der sympathisanten zu befriedigen? das bedeutet, hier wird fehl/geleitete maskulinistische bewusst/seinsarbeit betrieben..
http://www.op-online.de/nachrichten/deutschland/verbrecher-deutschland-sind-maennlich-643938.html
wenn der berechtigte aufruf erfolgt, die kindheit zu retten, so müsste es doch möglich sein, gleichzeitig unsere erwachsenenwelt, und zwar die der frauen, mädchen vor all den terroristen und helfershelfern zu retten?
@ lena vandrey - in der natur bestimmt das weibchen / auch bei den elefanten ist die leitfigur weiblich, die eine vorbildrolle innerhalb der gruppe (siehe matriarchat) einnimmt. fehlen vorbilder wie die leitkuh (etwa weil sie von männern = wilderern getötet wird), so werden die kälber von den verbliebenen müttern aufgezogen) eine wunderbare symbiose.
lesben sind i.d. augen der männer und des patriarchats eine gefahr, stehen sie diesen kritisch gegenüber und auch sexuell nicht zur verfügung. dagegen erleben sie als strafe häufig üble anmache, belästigungen, ausgrenzung, bedrohungen durch machos ...
lb. grüsse von OonA