Biographien Maria Theresia Kurzbiografie von Marianne Goch
Kurzbiografie von Marianne Goch
Ein erstaunliches Leben! Maria Theresia vollbringt Leistungen, deren jede für sich ausgereicht hätte für eine Lebenszeit. Innerhalb von 20 Jahren bringt sie 16 Kinder zur Welt, ohne ihre Berufstätigkeit auch nur einen Tag zu unterbrechen. Obwohl das politische Europa bei ihrem Herrschaftsantritt 1740 damit rechnet, das deutsche Erbe der Habsburger werde unter ihrer Regierung in kürzester Zeit zerfallen, gelingt es ihr im Gegenteil, dieses Reich für die nächsten 100 Jahre zu konsolidieren.
Persönlich muss sie für diese Anstrengungen keinen Preis zahlen: Eine relativ glückliche Ehe; gute Gesundheit und ausgeglichene Stimmung bis ans Lebensende – in einem Alter, das für ihre Zeit normal ist. Kurz, Maria Theresia ist die vollendete weibliche Identifikationsfigur, Projektionsfläche für sehr unterschiedliche Bilder von »Frau«. Für unemanzipierte Männer ist sie das Ideal einer treusorgenden Mutter. Puritanisch gesinnte Seelen sehen in ihr das leuchtende Beispiel von Sittsamkeit in einer frivolen Zeit. Emanzipierten Frauen ist sie der unwiderlegbare Beweis für die weibliche Befähigung zu erfolgreichem politischen Handeln. Und fromm ist sie auch noch, eine treue Tochter der katholischen Kirche!
Was wiegt daneben die Kälte, mit der sie ihren Kindern die Lebenswege vorschreibt und vorteilhafte Heiraten arrangiert? Was die Berechnung, mit der sie den Siebenjährigen Krieg vorbereitet? Zwar tut ihr der Rivale Friedrich II. von Preußen den Gefallen, zuerst zu den Waffen zu greifen, aber Maria Theresias Armee ist sofort einsatzbereit, weil sie wenig später ihn hat angreifen wollen.
Nichtkatholischen Untertanen verweigert sie bis zuletzt die rechtliche Gleichstellung. Mitleidslos lässt sie die brutale Vertreibung ihrer jüdischen UntertanInnen aus Prag geschehen. Kindsmörderinnen erhalten grausamste Strafen, »lockere Frauenzimmer« werden verfolgt.
Als absolutistische Herrscherin ist sie zutiefst überzeugt, das Wohl ihrer UntertanInnen allein bestimmen zu können. Selbstbestimmung des Menschen – das ist für sie undenkbar. Sicher ist eins: Maria Theresia ist die erfolgreichste Politikerin der deutschen Geschichte. Und sie ist es aus Begabung, denn sie wird, obwohl Thronfolgerin, niemals auf ihre politische Aufgabe vorbereitet.
Modern im Sinne des aufklärerischen Menschenbildes ist sie nicht. Aus konservativer Grundhaltung heraus eine pragmatische Politik machen – dafür ist Maria Theresia ein klassisches Modell.
(Text von Marianne Goch, 1991)
Quellen
Arneth, Alfred von (1971): Geschichte Maria Theresias. Reprint der Ausgabe Wien 1863-1879. 10 Bände. Osnabrück. Biblio-Verlag; Biblio-Verl. ISBN 3-7648-0030-5. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Crankshaw, Edward (1966): Maria Theresia. Die mütterliche Majestät. (=Maria Theresia) Ins Deutsche übersetzt von Günter Treffer. 6. Aufl. München. Heyne. 1981 (Heyne-Bücher, 10) ISBN 3-453-55009-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Hamann, Brigitte (1988): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. 2. Aufl. München. Piper. ISBN 3-8000-3247-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Leitich, Ann Tizia (1976): Maria Theresia. Bergisch Gladbach. Lübbe. (Bastei Lübbe, 61012) ISBN 3-404-05179-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Vallotton, Henry (1981): Maria Theresia. Die Frau, die ein Weltreich regierte. (=Marie Thérèse d'Autriche) München. Fischer-Taschenbuch-Verl. (Fischer, 5028) ISBN 3-596-25028-5. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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