geb. um 1492 in Marino
gestorben am 25. Februar 1547 in Rom
italienische Dichterin und Reformatorin
475. Todestag am 25. Februar 2022
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Vermutlich fällt uns zu Vittoria Colonna zunächst die Altersfreundschaft mit Michelangelo ein. Vielleicht erinnern wir uns an ihre Rolle als Marchesa in C.F. Meyers Novelle “Die Versuchung des Pescara” und schließlich noch an das umfangreiche, zu ihrer Zeit weitverbreitete lyrische Werk der trauernden Witwe. Wirklich wesentlich war dieser Renaissancefürstin zwischen Politik und Religion, Familie und Staat, Verrat und Treue allerdings etwas ganz anderes.
Vittoria wuchs am kunstsinnigen Hofe von Urbino auf; die Ehe ist sicher keine Liebesheirat, sondern die übliche Geschäftsangelegenheit, die die opportunistischen römischen Colonna durch die Verbindung mit den Aragon-treuen Spaniern d’Avalos an das Königreich Neapel binden soll. Sie bleibt kinderlos, und Pescara ist als Berufssoldat selten in Neapel, wo Vittoria als eine der ersten Damen des spanischen Hofes der ob ihrer Schönheit, Klugheit und Frömmigkeit von Dichtern und Gelehrten vielbesungene Mittelpunkt ihres “Musenhofes” war.
Andererseits steht sie durch verwandtschaftliche Bande mitten in den politischen Wirren der Zeit und versucht je länger je mehr, zwischen den unberechenbar schwankenden Fronten und Allianzen zu vermitteln. Diese Bemühungen um Frieden mithilfe einer die widerstreitenden Begehrlichkeiten und Machtansprüche - auch der Kirche - überwindenden Einheit im katholischen Glauben sind einem zweiten Anliegen eng verbunden: Seit ihrer Lebenskrise in den ersten 20er Jahren (Tod des Vaters, der Mutter und des Gatten) und in wachsender Verbundenheit mit den führenden Reformatoren strebt sie nach Gerechtigkeit und Nächstenliebe auf der Grundlage allein der göttlichen Gnade - und nicht als Mittel zu deren Erwerb. Klarheit über diese “ketzerischen” Ziele gewinnt sie in ihren religiösen Sonetten, die ihr zugleich Mittel sind, die Mißstände anzuprangern und Menschen zur Umkehr zu bewegen. 1542 setzt sie dem von diesen Zielen ablenkenden Gedichtwechsel mit Michelangelo (er begleitet fast genau die Jahre seiner Arbeit an der Sixtinischen Kapelle) ein Ende (1541 noch schickte sie ihm 103 Sonette). Aber 1542 zerstört auch die Inquisition brutal alle Hoffnungen; Vittoria, der eine Lösung von Rom undenkbar war, kann sich nur unterwerfen, ihre aufrührerischen Gedichte nicht mehr zur Veröffentlichung freigeben. Seelisch gebrochen siecht sie dahin. Anders als ihre Freundin Renata d’Este hat der Tod sie vielleicht dem Zugriff der Inquisition entzogen.
(Text von 1996)
Verfasserin: Swantje Koch–Kanz
Literatur & Quellen
Brückner, Christine. 1990. “Vittoria Colonna oder Der wache Traum des Herzens” in Walter. Hg. 1990. S. 129-37.
Mühlestein, Hans. Hg. 1951. Rime scelte di Vittoria Colonna con versione libera in lingua tedesca per cura di Hans Mühlestein. Ausgewählte Sonette der Vittoria Colonnna; italienische Originale samt deutschen Umdichtungen. Celerina/Graubünden. Quos Ego. [darin: Nachwort, S. 87-98.]
Reumont, Alfred von. 1927. “Vittoria Colonna”, in Frauenschicksale in der Renaissance. 2. Dresden. Wolfgang Jess. S. 3-172.
Siemsen, Anna. 1943. Der Weg ins Freie. Zürich. Büchergilde Gutenberg.
Walter, Karin. Hg. 1990. Sanft und rebellisch: Mütter der Christenheit - von Frauen neu entdeckt. Freiburg; Basel; Wien. Herder.
Wyss, Johann J. 1916. Vittoria Colonna: Leben, Wirken, Werke. Eine Monographie mit 10 Abbildungen. Frauenfeld. Huber.
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