Biographien Viktoria von Preußen, genannt “Kaiserin Friedrich”
geboren am 21. November 1840 in London
gestorben am 5. August 1901 auf Schloß Friedrichshof bei Kronberg im Taunus
deutsche Kaiserin
120. Todestag am 5. August 2021
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Victoria, das erste Kind der Queen Victoria und ihres Prinzgemahls Albert, wuchs geliebt und behütet auf. Sie war hochbegabt und wißbegierig. Mit 17 Jahren heiratete sie den neun Jahre älteren, blendend aussehenden preußischen Kronprinzen Friedrich, der politisch ähnlich liberal und idealistisch dachte wie Vicky. Die beiden führten eine glückliche Ehe. Vicky gebar zwischen 1858 und 1872 höchst regelmäßig alle 2 Jahre ein Kind.
Zu ihrer Mutter hatte Vicky ein sehr inniges Verhältnis, dokumentiert in Tausenden von Briefen Ein umfangreicherer Briefwechsel zwischen zwei Frauen ist mir nicht bekannt.
Damit ist das Glück, das diese Frau erleben durfte, allerdings bereits aufgezählt. Ansonsten war ihr ein schier übermenschliches Maß an physischem und psychischem Schmerz beschieden: Ihren ersten Sohn, den späteren Kaiser Wilhelm II., gebar sie unter stundenlangen gräßlichen Qualen. Der Thronfolger trug Geburtsschäden davon, die für die deutsche Geschichte folgenschwer waren. Sein linker Arm war gelähmt, außerdem erlitt er wegen Sauerstoffmangels einen Gehirnschaden.
Vicky und Kronprinz Friedrich waren auf ihre Regierungsaufgaben glänzend vorbereitet – 30 Jahre lang warteten sie ungeduldig darauf, in Preußen bzw. (ab 1871) im säbelrasselnden, chauvinistischen deutschen Kaiserreich eine liberale, fortschrittliche Politik einzuführen. Als Kaiser Wilhelm I. 1888 mit 91 Jahren (endlich) starb, war Friedrich bereits todkrank – er regierte in diesem “Dreikaiserjahr” nur 99 Tage lang, dann folgte ihm sein (wahrscheinlich manisch–depressiver) politisch unfähiger, ultrakonservativ und militaristisch eingestellter Sohn Wilhelm II., regierte 30 Jahre lang und entfesselte 1914 den ersten Weltkrieg, dem 10 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Der Gedanke, daß Wilhelm II. ein Klima schuf und eine Situation herbeiführte, in der schließlich ein Hitler an die Macht gelangen konnte und daß es nur ein schrecklicher Zufall war, daß an seiner Stelle nicht das aufgeklärte und friedliebende Paar Friedrich und Victoria diese 30 Jahre gestalten konnten, ist schwer auszuhalten.
Bismarck polemisierte und intrigierte zeitlebens mit Gusto gegen das Kronprinzenpaar, und als Friedrich unter fürchterlichen Qualen gestorben war, setzte Vickys Sohn Wilhelm die Demütigungen systematisch fort.
Vicky baute sich in Kronberg im Taunus ihren Alterssitz “Friedrichshof”, so zentral gelegen, daß die durchreisenden königlichen Hoheiten Europas, fast alle irgendwie mit ihr verwandt, gern und oft bei ihr Station machten. Vicky las, studierte, malte und war karitativ tätig – ein an allem höchst lebhaft interessierter Geist, ganz im Gegensatz zu ihrem Ältesten, der sich auf nichts längere Zeit konzentrieren konnte und zwanghaft eine leere Betriebsamkeit mit militärischem Gepränge entfaltete.
Allmählich bahnte sich aber doch ein friedlicherer Ton zwischen Mutter und Sohn an, kurz es waren Vicky noch einige schöne Jahre beschieden, bevor sie 1899 an Brustkrebs erkrankte. Die Krankheit verlief wie die ihres Mannes außerordentlich qualvoll – Mutter Victoria schickte einen Arzt mit reichlich Morphium, aber Wilhelm entschied, daß ein englischer Arzt mit der Ehre der deutschen Medizin nicht vereinbar sei. Die deutschen Ärzte gaben Morphium nur in winzigen Mengen, so daß Victoria monatelang unerträgliche Schmerzen litt und oft stundenlang schrie. Anfang 1901 starb Queen Victoria, neben Vickys drei jüngsten Töchtern ihre einzige Stütze, einen schnellen und sanften Tod. Ihre Älteste folgte ihr wenige Monate später, im August 1901.
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
Der Weltgeschichte, die aus Fürstengalerien mit Schlachtenbildern im Hintergrund besteht, wird sie nichts bedeuten. In die Kulturgeschichte aber wird sie eingehen ... als die erste Fürstin, die ihren vollen Einfluß für die Frauenbewegung einsetzte zu einer Zeit, in der die Acht weiter Kreise noch schwer auf ihr lastete. (Helene Lange)
Literatur & Quellen
Barkeley, Richard. 1959. Die Kaiserin Friedrich: Mutter Wilhelms II. Dordrecht. Reidel.
Epton, Nina Consuelo. 1971. Victoria and her Daughters. New York. Norton.
Müller, Karoline. 1993. “An der Spitze der Frauenbewegung”, Die Zeit Nr. 27, 2.7.1993, S. 62. Packard, Jerrold M. 1998. Victoria's Daughters. New York. St. Martin's Press.
Pakula, Hannah. 1995. An Uncommon Woman: The Empress Frederick, Daughter of Queen Victoria, Wife of the Crown Prince of Prussia, Mother of Kaiser Wilhelm. New York. Simon & Schuster. Deutsche Ausgabe:
Hannah Pakula. 1999 [1996]. Victoria: Tochter Queen Victorias, Gemahlin des preußischen Kronprinzen, Mutter Wilhelms II. Aus dem am. Engl. von Waltraud Kolb & Brigitte Rapp. Marion-von-Schröder-Verlag.
Prole, Lozania. 1973. The Queen's Daughters. London. Hale.
Sinclair, Andrew. 1981. The other Victoria: The Princess Royal and the Great Game of Europe. London. Weidenfeld & Nicolson.
Victoria, Queen of Great Britain. 1968. Dearest Mama: Letters between Queen Victoria and the Crown Princess of Prussia 1861-1864. Hg. Roger Fulford. London. Evans.
Victoria, Queen of Great Britain. 1971. Your dear letter: Private Correspondence of Queen Victoria and the Crown Princess of Prussia, 1865-1871. Hg. Roger Fulford. London. Evans.
Victoria, Queen of Great Britain. 1976. Darling child: Private correspondence of Queen Victoria and the Crown Princess of Prussia, 1871-1878. Hg. Roger Fulford. London. Evans.
Victoria, Queen of Great Britain. 1991. Beloved and darling child: Last Letters between Queen Victoria and her eldest Daughter, 1886-1901. Ed. by Agatha Ramm in completion of the five volumes edited by the late Roger Fulford. Wolfeboro Falls, NH. Alan Sutton.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.