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(Umm Kulthum Ibrahim)
geboren am 30. Dezember 1898 (?) in Tamay az-Zuhaira (Dorf im Nildelta, Ägypten)
gestorben am 3. Februar 1975 in Kairo
ägyptische Sängerin
50. Todestag am 3. Februar 2025
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Als sich der Vorhang zu ihrem letzten Konzert hob, empfing das Publikum sie mit einem dreißigminütigen Applaudieren und Rufen: “O Stern der Sterne!” Schon die Einleitung ihres Liedes “Liebe der Nacht” musste sie zweimal wiederholen. Als sie nach 45 Minuten die erste Strophe beendet und bereits einmal wiederholt hatte, verlangte das Publikum noch eine Zugabe. Der Komponist und Orchesterchef meinte: “Bei Gott, etwas Schöneres gibt es nicht”. Als der Vortrag zu Ende war, raste die Menge.
Umm Kulthum, ein einfaches Mädchen vom Lande, machte eine einzigartige Karriere; sie wurde zur reichsten und bekanntesten Sängerin der arabischen Welt. Vor allem aber ist es ihr Verdienst, die anspruchsvolle klassische arabische Dichtung durch ihren Gesang ins Volk getragen zu haben, wofür sie von der ganzen arabischen Welt verehrt und geliebt wird.
Für die Tochter einer armen Familie war es nicht selbstverständlich, dass der Vater, ein Imam an der Dorfmoschee, ihr den Besuch einer Koranschule ermöglichte. Sein geringes Gehalt besserte er als Sänger religiöser Lieder bei festlichen Veranstaltungen auf. Er unterrichtete nicht nur Umm Kulthums Bruder, sondern auch sie selbst im Gesang. Im Alter von etwa neun Jahren begann ihre Laufbahn als Sängerin religiöser Lieder. Zunächst trat sie mit Vater und Bruder in Provinzorten auf. Dabei trug sie Jungenkleidung, da der Auftritt eines Mädchens bei religiösen Festen undenkbar gewesen wäre.
Zu ihrem kometenhaften Aufstieg in Kairo in den 1920er Jahren trugen die neuen Medien bei. Als 1934 der ägyptische Rundfunk zu senden begann, war Umm Kulthum die erste arabische Künstlerin, die über Kurzwelle öffentlich auftrat. 30 Jahre lang hatte sie jeden Donnerstag ihren festen Programmplatz und wurde in allen arabischen Ländern gehört.
Ab 1952, unter Nasser, erhielten ihre Lieder und Rundfunksendungen eine neue Dimension. Das Erwachen eines panarabischen Nationalstolzes kommt in Umm Kulthums Musik zum Ausdruck. Mit ihrer Radiosendung gelang ihr, worum arabische Politiker sich vor und nach ihr vergeblich bemühten: die Araber von Ost bis West in ihrem Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Das einigende Element waren ihre Lieder, mit denen sie die Menschen verzauberte.
Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Orden sowie ehrende Beinamen (“Stern des Orients”).
Umm Kulthums Privatleben verlief völlig unspektakulär. Als sie am 3. Februar 1975 starb, trauerte die gesamte arabische Welt. Ihr wurde ein Staatsbegräbnis zuteil, das sonst nur wenigen hohen Politikern vorbehalten ist. Noch heute werden ihre Lieder gern gehört und gespielt.
(Text von 1997)
Verfasserin: Ines Balcik und Gesine Yildiz
Zitate
In den Stunden ihres Programms, das vom ägyptischen Fernsehen live übertragen wurde, stand der Straßenverkehr in den arabischen Städten vom Persischen Golf bis zur Atlantikküste still. Die Beduinen der Wüste, die Fischer am Meer, die Fellachen am Land und die Menschen in den Städten lauschten ihrer Stimme. An diesen Donnerstagen verzichtete die arabische Allgemeinheit auf alles, was vordergründig ihr Leben bestimmte und gab sich dem Hören dieses Gesangs hin, der solch eine Emotion auszulösen vermochte, dass die Umwelt versank und alle Sorgen nichtig wurden.
(Gabriele Braune)
Literatur & Quellen
Braune, Gabriele. 1987. Die Qaṣīda im Gesang der Umm Kulthum. Die arabische Poesie im Repertoire der größten ägyptischen Sängerin unserer Zeit. Hamburg. Verlag der Musikalienhandlung K. D. Wagner.
Braune, Gabriele. 1994. Umm Kulthum. Ein Zeitalter der Musik in Ägypten. Die moderne ägyptische Musik des 20. Jahrhunderts. Frankfurt a.M. Lang.
Danielson, Virginia. 1991. Shaping Tradition in Arabic Song: The Career and Repertory of Umm Kulthum. PhD. diss. (music). Univ. of Illinois.
Danielson, Virginia. 1997. “The Voice of Egypt”: Umm Kulthum, Arabic Song, and Egyptian Society in the Twentieth Century. Chicago. University of Chicago Press.
Fernea, E. W. & Basima Qattan Bezirgan. Hg. 1977. Middle Eastern Women Speak. Austin. University of Texas Press.
Fu'ad, Ni‘mat A. 1976. Umm Kulthum wa-asr min al-fann. Kairo.
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