Biographien Susan Elizabeth „Suze“ Rotolo
geboren am 20. November 1943 in Brooklyn, New York City
gestorben am 25. Februar 2011 in Manhattan, New York City
US-amerikanische Künstlerin, politische Aktivistin und Autorin
80. Geburtstag am 20. November 2023
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Sie wurde durch ein Schallplatten-Cover weltbekannt: Suze Rotolo. Am 27. Mai 1963 erschien bei Columbia Records mit „Freewheelin‘ Bob Dylan“ das zweite Album des Songwriters Bob Dylan, das für ihn den künstlerischen Durchbruch brachte. Auf dem Coverfoto des Fotografen Don Hunstein zieht er mit seiner damaligen Freundin Suze Rotolo an einem kalten Wintertag Arm in Arm die verschneite Jones Street im New Yorker Künstlerviertel Greenwich Village entlang. In ihrer Autobiografie A freewheelin‘ time. A memoir of Greenwich Village in the Sixties (2008, dt. Als sich die Zeiten zu ändern begannen) erinnerte sich Rotolo später: „Um uns warmzuhalten, fingen wir an, herumzualbern. (…) Bob fror erbärmlich in seiner dünnen Jacke. Was tut man nicht alles für sein Image?“
Susan Elizabeth „Suze“ Rotolo wurde am 20. November 1943 in Brooklyn als zweite Tochter von Gioachino und Mary Pezzati Rotolo geboren. Die Eltern waren italienischer Abstammung und als Mitglieder der Communist Party politisch sehr engagiert. Der Vater war Gewerkschaftsfunktionär und die Mutter arbeitete als Redakteurin und Kolumnistin für „L’Unita“, die amerikanische Version der kommunistischen italienischen Zeitung gleichen Namens. 1958 war der Vater verstorben und die Mutter musste den Lebensunterhalt für die dreiköpfige Familie allein verdienen.
Suze Rotolo besuchte die Bryant High School, wo sie auch an einem Theaterkurs teilnahm. Da sie zeichnerisches Talent besaß, interessierte sie sich besonders für Bühnenbilder. Nach dem Schulabschluss nahm Rotolo verschiedene Jobs an, u.a. in einem New Yorker Büro der Bürgerrechtsbewegung CORE. Daneben las sie sehr viel und war ständig in Secondhand-Buchhandlungen anzutreffen. Ende Juli 1961 lernte Rotolo den jungen Bob Dylan bei einem Marathon-Folkkonzert in der Riverside-Church kennen. Sie war 17 und er 20 Jahre alt. „Ich konnte nicht aufhören sie anzustarren. Sie war das Erotischste, was ich je in meinem Leben gesehen habe ...“, so Dylan später über das erste Kennenlernen. Sie verliebten sich ineinander und man traf sich regelmäßig in Clubs im Village, besuchte das Museum of Modern Art, diskutierte über Poesie, Philosophie, Kunst und die Ungerechtigkeiten dieser Welt. Rotolo, die bald in Dylans Wohnung gezogen war, machte ihn außerdem auf Arthur Rimbaud und Bertolt Brecht aufmerksam. Im Frühjahr 1963 arbeitete sie als Assistentin an dem „Brecht on Brecht“-Stück von George Tabori mit. Überhaupt hatte sie mit ihrem Interesse für Theater und Kunst sowie mit ihrer politischen Arbeit eine enorme Wirkung auf den jungen Dylan. „Suze hatte sich schon viel eher als ich mit den Themen Gleichberechtigung und Freiheit auseinandergesetzt. Ich habe mit ihr über meine Songs gesprochen“, bekannte Dylan später in einem Interview.
Rotolos Mutter war allerdings von dem Freund ihrer Tochter wenig überzeugt und überredete sie zu einem halbjährigen Studium in Italien. Eine Bewährungsprobe für die junge Liebe. Bob Dylan schrieb in diesen Monaten wehmütige Lieder für seine Suze. Als sie nach New York zurückkehrte, kühlte ihre Liebesbeziehung jedoch ab. Bob Dylan war inzwischen berühmt geworden und hatte eine Affäre mit Joan Baez. Am Ende der dreijährigen Lebensgemeinschaft wollte die emanzipierte Rotolo außerdem mehr sein als nur die „Puppe des Freundes, eine Saite an seiner Gitarre“, wie sie später in ihren Memoiren schrieb.
Trotz eines US-Reiseverbots besuchte Rotolo 1964 mit einer Studentengruppe Kuba. Die Aus- und Heimreise gelang jedoch nur über einen Umweg mit mehreren Stationen in Europa. Während der zwei Monate konnte die Gruppe auf der Karibik-Insel Fabriken und Schulen besichtigen. Auch einige Führer der kubanischen Revolution lernte man kennen.
1967 heiratete Rotolo den italienischen Filmredakteur Enzo Bartoccioli; bis Anfang der 1970er Jahre lebte das Paar in Italien, dann in den USA (sie bekamen einen Sohn). Rotolo arbeitete als Illustratorin und Malerin. Politisch blieb sie weiter aktiv und wurde 2004 Mitglied einer politisch linken Straßen-Theater-Gruppe. Über Jahrzehnte hinweg wich sie allen Fragen zu Bob Dylan aus, obwohl dieser, so Rotolo, „ein Elefant im Zimmer meines Lebens“ gewesen war. Erst 2005 wurde sie von dem US-Regisseur Martin Scorsese für dessen Dylan-Dokumentation „No Direction Home“ interviewt. Danach schrieb sie über ihre Zeit mit Bob die sehr zurückhaltenden Erinnerungen „Als sich die Zeiten zu ändern begannen“. Über ihren Ex-Freund äußerte sie darin nur wenige kritische Worte. Auch die Abtreibung von Dylans Baby 1963 erwähnte sie nur kurz. Am 25. Februar 2011 starb Suze Rotolo im Alter von 67 Jahren in ihrer Wohnung in Manhattan an den Folgen von Lungenkrebs.
(Text von 2021)
Verfasserin: Manfred Orlick
Zitate
Als ich Bob Dvlan 1961 kennenlernte, war ich siebzehn und er zwanzig Jahre alt. Bei diesem Buch handelt es sich um autobiografische Erinnerungen, in denen ich schildere, wie sich mein Leben während der prägenden Sechzigerjahre mit dem seinen verwob.
Es fiel mir immer schwer über die Sechzigerjahre zu sprechen, mich in Erinnerungen über sie zu ergehen, weil ich Dylan, dem Mann, der die Kultur dieser Ära so entscheidend beeinflusste, in dieser Zeit so nahe war. Die Art und Weise, wie er verherrlicht oder kritischen Blicken unterzogen wurde, machte ein solches Gespräch unangenehm für mich. Er wurde zu so etwas wie einem Elefanten in meinem Leben, nahm ungeheuer viel Raum ein. Ich bin von Natur aus reserviert, deshalb schützte ich meine und folglich auch seine Privatsphäre instinktiv.
Schon lange bevor wir uns begegneten, hatte ich ein wenig geschrieben - Gedichte, kleine Geschichten, Betrachtungen - und fuhr damit fort, als ich mit ihm zusammen war.
Aus heutiger Sicht, im Zeitalter der totalen Vermarktung, wirkt die Geschichte, wie das Cover zustande kam, richtig unschuldig, beinahe schon niedlich. Aber es stellte einen dieser kulturellen Wendepunkte dar, beeinflusste gerade wegen seiner Schlichtheit, weil es so spontan und beiläufig und mit soviel Sensibilität entstand, das Design anderer Plattenhüllen.
Die Gestaltung der meisten Albumcover wurde sorgsam inszeniert und kontrolliert, was bei den Hüllen der Jazz-Alben von Blue Note mit ihren schicken Grafiken und wunderschönen Schwarzweißfotos einen fantastischen Effekt hatte, sich bei den sauberen Pop- und Folk-Alben mit ihren perfekten Posen jedoch eher nachteilig auswirkte. Wer auch immer letztendlich dafür verantwortlich war, dass dieses spezielle Foto für The Freewheelin' Bob Dylan ausgewählt wurde, hatte Gespür für einen wirklich neuen Stil in der Covergestaltung bewiesen.
Das Album sprach die gegen den Status Quo rebellierende Sprache der Jugend, und das Cover verkörperte dieses Image. Die Songs drückten etwas aus. Es handelte sich dabei um Folkmusik, war eigentlich aber Rock'n' Roll.
(aus: „Als sich die Zeiten zu ändern begannen: Erinnerungen an Greenwich Village in den Sechzigern“)
Links
https://www.aviva-berlin.de/aviva/content_Literatur_Biographien.php?id=1426154
Literatur & Quellen
Suze Rotolo: A Freewheelin’ Time: A Memoir of Greenwich Village in the Sixties. Broadway, 2009, ISBN 978-0-7679-2688-1; (deutschsprachige Ausgabe: Als sich die Zeiten zu ändern begannen: Erinnerungen an Greenwich Village in den Sechzigern. Parthas Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86964-018-1)
Michael Heatley: Das Mädchen aus dem Song. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2010, ISBN 978-3-89602-579-1, S. 38–43
Wikipedia: Suze Rotolo
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.