(Susan Warhaftig [Geburtsname])
geboren am 15. Februar 1935 in Brooklyn, New York
US-amerikanische feministische Theoretikerin und Aktivistin
90. Geburtstag am 15. Februar 2025
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
»Stellen Sie sich eine Zeit vor — oder rufen Sie sie sich ins Gedächtnis zurück -, als der Ehemann gegenzeichnen musste, wenn die Ehefrau eine Kreditkarte, einen Bankkredit oder eine Autoversicherung beantragte, als Psychiater routinemäßig die Ursache für ein unbefriedigendes Sexualleben in der frigiden, kastrierenden Partnerin suchten, als die Abtreibung eine illegale Prozedur in Hinterzimmern war, als Vergewaltigung die Schuld der Frau war, als niemand es wagte, über die Schläge zu sprechen, die hinter geschlossenen Türen ausgeteilt wurden, und niemand Beschwerde gegen sexuelle Belästigung erheben konnte.«
So Susan Brownmiller über die frauenfeindlichen Zustände der Vergangenheit, gegen die die Zweite Frauenbewegung mobil machte. Brownmiller selbst war eine zentrale Figur dieser Revolution gegen den herrschenden Sexismus – das Syndrom wurde allerdings erst später auf diesen Begriff gebracht.
Sie wurde am 15. Februar 1935 in Brooklyn geboren. Ihre Mutter Mae Warhaftig war Sekretärin, ihr Vater Sam Verkäufer. Die Warhaftigs schickten ihre Tochter zweimal pro Woche ins Jüdische Zentrum, damit sie auch Hebräisch und jüdische Geschichte lernte. Darüber sagte sie später: »Ich kann wohl sagen, dass der Weg, den ich gewählt habe – gegen körperliche Verletzung zu kämpfen, besonders gegen den Terror der Gewalt gegen Frauen –, seinen Anfang nahm, als ich in der Hebräisch-Schule von den Pogromen und dem Holocaust erfuhr.«
Susan Warhaftig studierte zwei Jahre an der Cornell University, danach besuchte sie die Schauspielschule, legte sich für die Bühne den Namen Brownmiller zu und hielt sich mit diversen Jobs über Wasser, arbeitete auch für Zeitschriften und entwickelte sich allmählich zur Journalistin.
1960 schloss Brownmiller sich der Organisation CORE (Congress of Racial Equality) an und begann so ihren jahrzehntelangen Einsatz als politische Aktivistin, zunächst gegen Rassismus, ab 1968 für die feministische Revolution, die in jenem Jahr etwa gleichzeitig in Europa und den USA losbrach.
Susan Brownmiller war von Anfang an eine der aktivsten Kämpferinnen der Bewegung. Sie kannte sie alle, die großen feministischen Theoretikerinnen und Aktivistinnen, die sich damals anschickten, von New York aus die Welt zu verändern (was nicht ohne giftige Auseinandersetzungen zwischen widerstreitenden Führungsansprüchen, Temperamenten und ideologischen Lagern abging): Rita Mae Brown, Andrea Dworkin, Betty Friedan, Shulamith Firestone, Jill Johnston, Anne Koedt, Kate Millett, Robin Morgan, Adrienne Rich, Gloria Steinem und zahllose andere. Mit ihrem faszinierenden Zeitzeugnis In our Time: Memoir of a Revolution (1999), realistisch, klar und ohne Beschönigung geschrieben, hat Brownmiller ihnen, der Bewegung und sich selbst ein Denkmal gesetzt.
Die New York Radical Feminists erkannten: »Das Persönliche ist politisch« (Carol Hanisch) und erfanden die Consciousness Raising Groups, auch Speak-Outs genannt, in denen Frauen sich erstmals unter Ausschluss männlicher »Autoritäten« über ihre Erfahrungen austauschten. Jede konnte dabei feststellen, dass sie nicht die Einzige war, die »missbraucht«, sexuell belästigt, geschlagen, vergewaltigt und/oder zeitlebens bevormundet worden war, dass Schrecken und Angst System hatten, das System des Sexismus.
Das große öffentliche Speak-Out über Vergewaltigung am 24. Januar 1971 unter dem Motto »Vergewaltigung ist ein politisches Verbrechen« gab Brownmiller die Idee für ihr wichtigstes Buch, das das Denken über Vergewaltigung grundlegend ändern sollte und sie mit einem Schlag weltweit bekannt machte. Nach dem Speak-Out war eine Konferenz über dasselbe Thema geplant, und Brownmiller war eine der Organisatorinnen: »Wir brauchen Workshops über die Psychologie des Vergewaltigers, die Psychologie des Opfers, über Vergewaltigung und das Gesetz, Vergewaltigung in der Ehe, Vergewaltigung und Sexualität, Vergewaltigung und das kulturelle Klima, Vergewaltigung in Kriegszeiten. ... Je mehr ich sprach, umso mehr begriff ich, dass in Workshops nicht die umfassende Forschung geleistet werden konnte, die eine Analyse der Vergewaltigung verdiente und verlangte. Ich stellte fest, dass ich angefangen hatte, Kapitel für ein Buch in meinem Kopf zu entwerfen, ein Buch, das ich unbedingt schreiben wollte.«
Nach vierjähriger Forschungs- und Archivarbeit erschien 1975 ihr Hauptwerk Against Our will: Men, Women and Rape, heute eine Klassikerin des Feminismus. Wichtigste Erkenntnis des Buchs: Vergewaltigung ist kein »Verbrechen aus Leidenschaft«; es geht nicht um Sex, sondern um Macht: »Vergewaltigung ist ein bewusster Prozess der Einschüchterung, mit dem alle Männer alle Frauen in einem Zustand der Angst halten.«
Susan Brownmiller ist noch heute so aktiv, wie sie es seit ihrer Jugend war. Bestens auf Facebook und Twitter vernetzt, betreibt sie außerdem eine Homepage mit wichtigen Informationen über ihr Leben und ihre Bücher. Heißer Tipp, nicht nur für Feministinnen: Studieren Sie Brownmillers Homepage, folgen Sie ihren Tweets, und abonnieren Sie ihre Facebook-Mitteilungen, vor allem aber: Lesen Sie ihre Bücher! Außer den beiden bereits genannten unbedingt auch ihren zweiten großen Beitrag zur feministischen Theorie: Femininity von 1984, in deutscher Übersetzung unter dem Titel Weiblichkeit im selben Jahr erschienen.
Zitate
Rape is a conscious process of intimidation by which all men keep all women in a state of fear.
Links
SusanBrownmiller.com.
Online verfügbar unter http://www.susanbrownmiller.com/susanbrownmiller/index.html, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
Hannah Mudge on Susan Brownmiller: The backlash against the Second Wave (2014).
Online verfügbar unter http://www.newstatesman.com/voices/2014/05/hannah-mudge-susan-brownmiller-backlash-against-second-wave, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
Brownmiller, Susan (1977): 1977 - Vergewaltigung: Krieg gegen Frauen. In: EMMA, Oktober 1977.
Online verfügbar unter http://www.emma.de/artikel/vergewaltigung-krieg-gegen-frauen-317219, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
Brownmiller, Susan (1992): Woody Allen: Was ist ein Vater? In: EMMA, Oktober 1992.
Online verfügbar unter http://www.emma.de/artikel/woody-allen-was-ist-ein-vater-264532, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
Twitter: Susan Brownmiller (@BrownmillerS).
Online verfügbar unter https://twitter.com/BrownmillerS, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
Literatur & Quellen
Werke (deutsch)
Brownmiller, Susan (1978): Gegen unseren Willen. Vergewaltigung und Männerherrschaft. (=Against our will) Übersetzt von Ivonne Carroux aus dem am. Englisch. Frankfurt am Main. Fischer. ISBN 3-10-008201-X. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Brownmiller, Susan (1984): Weiblichkeit. Dt. Erstausg. Frankfurt am Main. Fischer. ISBN 3-10-008202-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Brownmiller, Susan (1990): Es geschah bei den Nachbarn. Roman. (=Waverly place) Aus dem am. Englisch von Christoph Plate. 1. Aufl. Hamburg. Galgenberg. ISBN 3-925387-71-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Schwarzer, Alice (Hg.) (2013): Es reicht! Gegen Sexismus im Beruf. Köln. Kiepenheuer & Witsch. (KiWi, 1353) ISBN 978-3-462-04588-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Werke (engl.) Brownmiller, Susan (1970): Shirley Chisholm. A biography. Garden City, New York. Doubleday. (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Brownmiller, Susan (1975): Against our will. Men, women and rape. New York. Simon and Schuster. ISBN 0-671-22062-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Brownmiller, Susan (1984): Femininity. New York. Linden Press. ISBN 0-671-24692-5. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Brownmiller, Susan (1989): Waverly Place. A novel. 1. ed. New York. Grove. ISBN 0-8021-1090-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Brownmiller, Susan (1994): Seeing Vietnam. Encounters of the road and heart. 1. ed. New York. HarperCollins. ISBN 0-06-019049-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Brownmiller, Susan (1999): In our time. Memoir of a revolution. New York. Dial Press. ISBN 0385314868. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bildquellen
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