Biographien Sofia Kowalewskaja
(Софья Васильевна Ковалевская; Sofja Wassiljewna Korwin-Krukowskaja [Geburtsname]; Sofja Wassiljewna Kowalewskaja; Sofya Kovalevskaya [englischsprachiger Raum]; Sof'ja Vasil'evna Kovalevskaja [wissenschaftliche Transliteration]; auch: Sonja/Sonya/Sophie Kowalewski/Kowalewska/Kowalewsky/Kovalevsky)
geboren am 3. Januar 1850 in Moskau
gestorben am 29. Januar 1891 in Stockholm
russische Mathematikerin
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Sie war Mathematikerin, Revolutionärin, Schriftstellerin, Ehefrau und Mutter. Sofia Kowalewskaja wurde im Januar 1850 in einer gebildeten russischen Landadelsfamilie geboren und zeigte sich schon als Kind von der Mathematik fasziniert. Sie selbst führte ihre Leidenschaft für dieses Fach in ihren Jugenderinnerungen u.a. auch auf einen glücklichen Zufall zurück: Die Niederschriften der mathematischen Vorlesungen des Vaters klebten als Tapetenersatz an den Wänden des Kinderzimmers im Landsitz, und die kleine Sofia brachte Stunden und Tage mit dem Versuch zu, den Sinn der mathematischen Formeln zu ergründen. 1868 heiratete sie zum Schein Wladimir Kowalewski, denn nur als verheiratete Frau bekam sie einen Pass, um im Ausland zu studieren. Solche Gefälligkeitsehen waren unter den russischen NihilistInnen üblich, zu denen auch Sonja gehörte und die jede Art von Unterdrückung bekämpften.
Während ihres Studiums in Deutschland vermochte sie die zeitgenössischen Gelehrten durch überragende mathematische Fähigkeiten so zu beeindrucken, dass diese ihre frauenfeindlichen Einstellungen zumindest gegenüber der schüchternen und bescheidenen Ausländerin Sofia Kowalewskaja überwanden. Obgleich ihr mathematisches Können unbestritten war, die Göttinger Universität sie 1884 in absentia (= ohne mündliche Prüfungen) promovierte und sie 1888 internationalen Ruhm mit der höchsten Auszeichnung, dem in Paris verliehenen Prix Bordin, errang, ermöglichte ihr nur die schwedische Universität in Stockholm kurz vor ihrem Tode eine Professur und damit ein Auskommen. In der Zwischenzeit gebar Sofia Kowalewskaja eine Tochter, aber ein Familienglück erlebte sie schon wegen der ständigen Geldsorgen nicht. Am Selbstmord ihres Mannes hat sie sich mitschuldig gefühlt und den Schmerz über den Tod ihrer geliebten Schwester durch schriftstellerische Tätigkeit zu überwinden versucht.
In Stockholm fühlte sie sich nicht heimisch. Ihr Wunsch, in ihrem Heimatland eine Professur zu bekommen, erfüllte sich nicht. Die vielen Reisen zwischen Russland und dem Ausland (Stockholm und Paris, wo ihre Schwester wohnte) strapazierten ihre Gesundheit. An dem Hin- und Hergerissensein zwischen dem Wunsch nach einem glücklichen und geruhsamen Privatleben und den aufreibenden Anforderungen, wissenschaftliche Höchstleistungen zu vollbringen, verzehrten sich ihre seelischen und körperlichen Kräfte. Sie starb mit 41 Jahren an einem Lungenleiden.
(Text von 1991)
Verfasserin: Hiltrud Schroeder
Zitate
Sie haben mich zur Prinzessin (der Naturwissenschaften) gemacht. Sie hätten mir besser ein Gehalt gegeben.
(Sofia Kowalewskaja)
Sofia hatte gleich drei Dissertationen eingereicht, die auch die Breite ihrer Interessen zeigen: »Zur Theorie der partiellen Differentialgleichungen«, »Zusätze und Bemerkungen zu Laplace's Untersuchungen über die Gestalt der Saturnringe« und »Über die Reduction einer bestimmten Klasse Abel'scher Integrale 3. Ranges auf elliptische Integrale«. Jede einzelne Arbeit wurde als »weit über das Maß der an eine Dissertation zu stellenden Anforderungen hinausgehend« beurteilt.
(Brita Engel, in: Fürstin der Wissenschaft. Berliner Zeitung, 14. Januar 2000)
Sonja Kowalewski war eine glänzende Erscheinung, voll von Geist, Wissen, Können und Gefühl, die Eigenschaften von Gelehrten und der Künstlerin, der freien Denkerin, der feingebildeten Weltdame, der Vorkämpferin des Frauenrechts und der echten Weiblichkeit, der für die höchsten Interessen Thätigen und der wärmsten Freundin in seltensten Vereine verbindend. Ihre Bahn war kurz aber leuchtend. Sie hat die ihr Nahestehenden Schätze des Geistes und des Gemüthes verschenkt, für Schönheit und Freiheit gefühlt und die Gedankenwelt der Menschheit bereichert. Ihr Name wird bleiben als der einer großen Frau, eines wahrhaft bedeutenden Menschen!
(Georg Vollmar, in: Sonja Kowalewski. Neue Zeit 1891/1, S. 845)
Links
Alexander von Humboldt-Stiftung: Sofja Kovalevskaja-Preis.
Online verfügbar unter http://www.humboldt-foundation.de/web/kovalevskaja-preis.html, zuletzt geprüft am 21.05.24.
Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Kovalevskaja, Sofʹja Vasilʹevna. Veröffentlichungen.
Online verfügbar unter http://d-nb.info/gnd/118565826, zuletzt geprüft am 21.05.24.
Rauch, Judith (1993): Das geniale Scheusal. In: EMMA 3/1993.
Online verfügbar unter http://www.emma.de/2224.html, zuletzt geprüft am 21.05.24.
Tollmien, Cordula: Sofja Kowalewskaja. Sehr umfangreiche Seite mit vielen Informationen zu Leben und Werk, mit Texten von Sofia Kowalewskaja sowie Links und Fotos.
Online verfügbar unter http://www.tollmien.com/sofja.html, zuletzt geprüft am 21.05.24.
Vogt, Annette: „Die Mathematik eröffnet eine neue, wunderbare Welt“. Annette Vogt vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte spricht über Sofja Kovalevskaja, die erste Mathematik-Professorin. München, Max-Planck-Gesellschaft.
Online verfügbar unter http://www.emma.de/2224.html, zuletzt geprüft am 21.05.24.
Geschichten aus der Geschichte (30.11.2022): GAG375: Sofia Kowalewskaja, „Königin der Wissenschaft“. Eine Geschichte über eine Frau, die das Unmögliche möglich machte. [Podcast]. Podigee. 52:37 Min.
Online verfügbar unterhttps://www.geschichte.fm/archiv/gag375/, zuletzt geprüft am 21.05.24.
Bölling, Reinhard (15.10.2000): „Königin Der Wissenschaft‘. Sofja Kowalewskaja zum 150. Geburtstag“. Mitteilungen der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 8, Nr. S. 21ff. https://doi.org/10.1515/dmvm-2000-0077.
Online verfügbar unter https://doi.org/10.1515/dmvm-2000-0077, zuletzt geprüft am 21.05.24.
Heissenberg, Claudia (11.12.2020): SWR 2 Wissen. Sofja Kowalewskaja – Erste Mathematik-Professorin der Welt. [Audio-MP3]. 28 Min. Südwestrundfunk, Stuttgart.
Online verfügbar unter https://www.swr.de/swrkultur/wissen/sofja-kowalewskaja-erste-mathematik-professorin-der-welt-102.html, zuletzt geprüft am 21.05.24.
Tollmien, Cordula: Sofja Wassiljewna Kowalewskaja, geb. Korwin-Krukowskaja. Münden.
Online verfügbar unter https://www.cordula-tollmien.de/sofjakurzbio.html, zuletzt geprüft am 21.05.24.
Literatur & Quellen
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Chalamajzer, Aleksandr (1989): Sofia Kowalewskaja. Die erste Professorin Europas. Moskau. Mir. ISBN 5030014896. (WorldCat-Suche)
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Rachmanowa, Alja (1950): Sonja Kowalewski. Leben und Liebe einer gelehrten Frau. Aus dem russischen Manuskript ins Deutsche übersetzt von Arnulf von Hoyer Zürich. Rascher. (WorldCat-Suche)
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Stuby, Anna Maria (1985): Sofja Kovalevskaja – ›Prinzessin der Naturwissenschaften‹ – Ein Beitrag zur Entheroisierung. In: Feministische Studien, 1/1985. S. 87–106.
Tollmien, Cordula (1995): Fürstin der Wissenschaft. Die Lebensgeschichte der Sofja Kowalewskaja. Weinheim. Beltz & Gelberg. ISBN 3-407-80735-X. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Tuschmann, Wilderich; Hawig, Peter (1993): Sofia Kowalewskaja. Ein Leben für Mathematik und Emanzipation. Basel. Birkhäuser. (Lebensgeschichten aus der Wissenschaft) ISBN 3-7643-2882-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Walther, Nicola (1993): S. V. Kovalevskaja und V. O. Kovalevskij in Heidelberg. 1869 – 1870. Heidelberg. Institut für Übersetzen und Dolmetschen Russische Abteilung. (Russica Palatina) (WorldCat-Suche)
Weber-Reich, Traudel (Hg.) (1993): Des Kennenlernens werth. Bedeutende Frauen Göttingens. Göttingen. Wallstein. 2002. ISBN 389244207X. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bildquellen
- Wikimedia Commons
- School of Mathematical and Computational Sciences University of St Andrews
- Sofia-Kowalewskaja-Seite von Dr. Cordula Tollmien
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