geboren am 22. Oktober 1926 in Danzig/Gdansk
gestorben am 13. Dezember 2016
deutsche Künstlerin: Installation. Skulptur. Objekt. Zeichnung
5. Todestag am 13. Dezember 2021
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Ihre Geburtstadt war damals der Freistaat Danzig, der nicht zum Deutschen Reich gehörte: Es gab diplomatische Beziehungen zu vielen Ländern, folglich konnte man sich über die Zustände im Dritten Reich genau informieren. Mit Besorgnis nahmen ihre Eltern, Dr. Otto Hoffmann, Rechtsanwalt und Notar, und Charlotte Hoffmann, Apothekerin, die Infiltration der Nationalsozialisten in den Freistaat wahr, ohne dass der Völkerbund, die Schutzmacht Danzigs, eingeschritten wäre.
Der Zweite Weltkrieg begann am 1. Sept. 1939 mit der Einnahme Danzigs. Am Tag darauf wurden bereits die Danziger Polen, besonders die Intelligenz, von der SS abgeholt und in das eigens errichtete Konzentrationslager Stutthof gebracht. Auch ein Nachbar, Vater von drei Töchtern, mit denen die vier Schwestern Hoffmann befreundet waren, gehörte zu den Opfern. Er starb bereits Ende 1939. Hingegen war es Otto Hoffmann dank einer sehr mutigen Aktion gelungen, die Geschwister der polnischen Kinderfrau aus dem KZ herauszuholen. Sie überlebten den Krieg. Es ist umso tragischer, dass Dr. Hoffmann, der wegen schlechter Gesundheit nicht bei der Wehrmacht war, wie viele andere von der Roten Armee verschleppt wurde. Seine Familie erhielt kein Lebenszeichen mehr, auch keine Todesnachricht, sodass Charlotte Hoffmann ihn nach Jahren für tot erklären lassen musste. – Danziger Juden wurden erst ab 1941 deportiert, darunter auch Nachbarn, die im Warschauer Ghetto umgekommen sind. Diese Erfahrungen haben das Leben der Künstlerin geprägt und kommen bis heute in ihren Werken zum Ausdruck. Sie wuchs in einem kunstsinnigen Elternhaus auf; dass die Töchter einen Beruf, auch den der Künstlerin ergreifen würden, war selbstverständlich. Ihre Mutter und deren enge Freundin, damals schon eine Karrierefrau (mit Dienstwagen und Chauffeur), waren die besten Vorbilder.
Im Herbst 1945 verließen Mutter und Töchter das polnische Gdansk, gelangten auf Umwegen nach Mainz, wo Charlotte Hoffmann dank eines Studienkollegen eine Stelle als Apothekerin erhielt und sich einen neuen Lebenskreis schaffte. Sabine Hoffmann hatte noch das Notabitur in Danzig/Gdansk gemacht; Ihre Mutter befürwortete, dass sie nach Köln ging, um an den dortigen Werkschulen »Freie Graphik« zu studieren. Das war möglich, weil ein Kulturoffizier der britischen Besatzungsmacht ihr, der Tochter eines Antifaschisten, ein Stipendium und eine Wohnmöglichkeit vermittelte. Ende 1949 luden französische sozialistische Studenten junge Deutsche zu einem internationalen Treffen nach Grenoble ein: Sie waren die ersten, die die Hand über den Rhein ins besetzte Deutschland reichten, weil sie der Auffassung waren, dass nicht alle jungen Deutschen Nazis und Kriegsverbrecher sind. Daraus ergab sich für die junge Künstlerin ein zweijähriger Aufenthalt in Paris, der ihr prägende Kunst- und Kulturerlebnisse und langwährende Freundschaften einbrachte.
Doch nach Rückkehr in die BRD gab es für sie keine Möglichkeit, als Künstlerin ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dank ihrer Sprachkenntnisse fand sie Anstellung bei einer Fluggesellschaft, aber 48-Stunden-Wochen und Sonntagsdienste ließen ihr keine Zeit und Kraft für künstlerische Produktion. Erst nach zehn Jahren fand sie Arbeit an der Merzschule, anfangs als Schulsekretärin, bald als Dozentin für Freie Graphik an der Merz-Akademie Stuttgart (1918 gegr. von Albrecht Leo Merz). Parallel zu ihrer Lehrtätigkeit arbeitete sie nun intensiv und innovativ an der Erschaffung ihrer Werke; zunächst waren es Malerei, Zeichnung und Druckgraphik. 1982 begann sie mit dreidimensionalen Arbeiten.
Als Mitglied des Berufsverbandes Bildender Künstler war S. Hoffmann vielseitig engagiert: 1972 hatte sie »Tage der Menschenrechte in Stuttgart« initiiert; seit dieser Zeit ist sie Amnesty International verbunden. Ab 1996 widmet sie dieser Organisation jedes Jahr ein »Mauerbuch«. Sie beteiligte sich maßgeblich an der Publikation »Künstlerschicksale im Dritten Reich in Württemberg und Baden«. 1989 entsteht das: Malerbuch »1789/1889: Vergessen – Weiter leben. Den Frauen der Revolution gewidmet« mit acht Lithographien, die Entwürfe für Gedenkaktionen im Pariser öffentlichen Raum zur Würdigung dieser Frauen enthalten, darunter Olympe de Gouges und Sophie de Condorcet. Auch weiterhin kreiert Sabine Hoffmann Werke, die mutigen Frauen ein Denkmal setzen, so das »Hemd der Freiheit, den Frauen von Kaliningrad gewidmet«. 1994; »Camille Claudel zu Ehren«, eine Portraitstele. 1999; womit sie der hochbegabten, lebend begrabenen, vergessenen, endlich wieder entdeckten Bildhauerin ein Denkmal setzt. Es folgen: ,»Olympe de Gouges zu Ehren«. 2000; »Drei Schutzräume für Frauen«, Installation 2002; »Sie haben es gewagt!« Würdigung von zwölf Frauenpersönlichkeiten. Raum-Installation 2003; »Der Kampf der Frauen«, ai 2004; EUROTERRA. Großskulptur. 1993. Stuttgart. Auf dem Platz der Deutschen Einheit zum Europajahr eingeweiht; EUROMARE, an der litauischen Ostseeküste (2001/2002), mit dortigen Künstlerinnen initiiert.
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1994 erhält Sabine Hoffmann die Ehrengabe zum Lovis-Corinth-Preis der Künstlergilde (Esslingen). Sie ist mit zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland an die Öffentlichkeit getreten. Ihr Lebenswerk ist in Museen, Institutionen, in öffentlichen und privaten Sammlungen zu finden. 2002 gingen zahlreiche Werke in die Sammlung Würth, Künzelsau, über, von denen 2003 eine Auswahl unter dem Titel »Aus der Stille« (Katalog) ausgestellt wurden. 2008 errichtete die Künstlerin die »Stiftung Sabine Hoffmann« (unter dem Dach der Stiftung Hospitalhof, Stuttgart): «Zweck der Stiftung ist die Verleihung des Kunstpreises Sabine Hoffmann … an bildende Künstler, vorzugsweise Künstlerinnen, deren Lebenswerk sich durch Auseinandersetzung mit der condition humaine auszeichnen und die bislang noch nicht gebührend gewürdigt wurden«.
Fortlaufende Projekte ( Auswahl)
Aussagen zur Literatur; darunter: »Buchköpfe«, zeitgenössischen Autorinnen gewidmete Wandobjekte ab 1999; »Raum der Hauptworte« 1998; Sein und Werden«, 2004;
Aussagen zur Umwelt, darunter: »Gestalt und Schicksal der Bäume« 1973-1983; Projekt Stein-Kammern ab 1995; Projekt TERRA AMATA ab 1991; »Die Sonne und die Zeit« 2013;
Krieg und Terror, darunter:« Menschenopfer –Wegwerfmenschen« 1994 ; »Schwesterngräber« 1998; »Alle wollen sie dabei sein« 1999; «Manhattan Transfer oder das Ende eines Zeitalters« ab 2001; »Ninive und Babylon – vergessen? « 2007; » Letzte Hosen – nach dem Attentat 2008«; Fortlaufend auch Arbeiten auf Papier, in denen sich die Künstlerin mit ihren Unfällen auseinandersetzt;
Farben der Geschichte ab 1999: Das Hemd als des Menschen nahestes Kleidungsstück trägt Lebensspuren und Zeugnisse der Geschichte eines Landes. Hemdobjekte wurden freischwebend installiert in Kaliningrad/Königsberg, Paris, Berlin, Stuttgart, Jerusalem, Massada/Israel, New York, Gdansk Durban/Südafrika, bei Carrara, Vilnius/Litauen, Priay/Südfrankreich.
Ab 1990 Mauerbücher, Wand und Bodeninstallationen, u. a. in Manhattan, Berlin, Jerusalem, Gdansk.
Verfasserin: Hannelore Schröder
Links
Evangelische Kirche Stuttgart: Neue Kunststiftung unterm Dach der Stiftung Hospitalhof (23.06.2008) (Link aufrufen)
Hospitalhof Stuttgart: Kunststiftung Sabine Hoffmann (Link aufrufen)
Müller-Baji, Susanne: Der Mensch ist, der Künstler wird. Ausstellung in der Feuerbacher Burgenlandgalerie: In: Stuttgarter Zeitung Mobil, 01.03.2013. (Link aufrufen)
Stadt Stuttgart: Hoffmann, Sabine. Biografie und Informationen zu EUROTERRA. (Link aufrufen)
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Letzte Linkprüfung durchgeführt am 30.11.2013 (AN)
Literatur & Quellen
Dohrmann, Inken (1999): Sabine Hoffmann. Unter dem Licht – Im innersten Kreis. Installationen, Objekte, Zeichnungen. Stuttgart. Matthaes. ISBN 3-87516-560-8. – Auswahl –
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Herbst, Helmut (Hg.) (1991): Sabine Hoffmann. Weg-Marken : Bilder, Plastiken und Installationen aus zwanzig Jahren, 1971-1991. Stuttgart. Edition Hugo Matthaes. ISBN 3-87516-531-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Röttgen, Herwarth (2003): Sabine Hoffmann - Aus der Stille. Werke in der Sammlung Würth. Ausstellungskatalog. Herausgegeben von C. Sylvia Weber. Künzelsau. Swiridoff. ISBN 3-934350-95-X. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bildquellen
Alle Bilder wurden von der Künstlerin zur Verfügung gestellt.
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