geboren am 26. Dezember 1874 in Bündken, Ostpreußen
gestorben am 20. Januar 1970 in Hamburg
deutsche Botanikerin und Pflanzenphysiologin
50. Todestag am 20. Januar 2020
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Rose Stoppel wuchs als jüngste von sieben Geschwistern auf einem Gutshof in Ostpreußen auf. Sie interessierte sich nicht für Puppen, wohl aber für alles Getier auf dem Gutshof, ganz besonders für die Pferde, für die sie bis ins hohe Alter eine Vorliebe behielt. Roses Vater starb früh, und ihre Mutter musste die Leitung des Gutes übernehmen. Nach ihrer Schulzeit arbeitete Rose 12 Jahre lang als Hausgehilfin, was ihr überhaupt nicht zusagte. Nach einem längeren Besuch bei ihrer im Kaukasus verheirateten Schwester beschloss sie, beeindruckt von der urtümlichen Naturlandschaft, Botanik zu studieren. Zur Vorbereitung darauf machte sie zunächst eine Gartenbaulehre und arbeitete dann zwei Jahre lang als Zeichnerin am Botanischen Museum in Berlin. Mit 30 Jahren endlich konnte Rose Stoppel 1904 als Externe am Realgymnasium Einbeck das Abitur machen, auf das sie sich im Selbststudium vorbereitet hatte - sie hatte der Mutter auf dem Sterbebett die Erlaubnis dazu abringen müssen.
Stoppel war die erste deutsche Frau, die - in Berlin, Straßburg und Freiburg - Naturwissenschaften studierte und musste als “Unikum” viel Häme seitens der männlichen Studenten und Professoren aushalten. Bis dahin hatte es nur hin und wieder Medizinstudentinnen gegeben.
Schon im zweiten Semester entdeckte sie beim häuslichen Mikroskopieren einen auf eingetrockneter Marmelade wachsenden Schimmelpilz, der bis dahin nur einmal, 1874 in Breslau, gefunden worden war. Ihr Professor bot ihr dafür sofort einen Arbeitsplatz im Institut an, und 1907 begann sie ihre lange Reihe von Veröffentlichungen mit einer Abhandlung über den Pilz “Eremascus fertilis Stoppel”.
1909 promovierte sie in Freiburg mit einer Arbeit “Über den Einfluß des Lichts auf das Öffnen und Schließen einiger Blüten” - ein Thema, das sie fortan nicht mehr loslassen sollte. Sie fand heraus, dass das Öffnen und Schließen der Blüten nicht vom täglichen Beleuchtungswechsel verursacht wird, sondern ein autonomer Prozeß ist, der vom Licht nur reguliert wird. Damit trat die unbekannte Doktorandin in Widerspruch zu einer Autorität ihres Fachs, Prof. W. Pfeffer. Er gab zu, dass sie recht habe, lehnte aber eine Diskussion mit ihr strikt ab - er sei ein Gegner des Frauenstudiums und wünsche in seinem Institut keine Frau zu sehen!
14 Jahre später, nach verschiedenen Stellen als wissenschaftliche Hilfskraft und Angestellte, konnte sie sich 1924 an der Universität Hamburg habilitieren. Rose Stoppel war mittlerweile 50 Jahre alt. Nach ausgedehnten Forschungsreisen nach Island zum Studium der Tagesperiodizität von Pflanzen, Tieren und Menschen unter den Bedingungen des hohen Nordens wurde sie 1928 von der Universität Hamburg zur nichtbeamteten, außerordentlichen Professorin ernannt.
1944 wurde die 70jährige Rose Stoppel pensioniert; sie hatte noch ein Vierteljahrhundert zu leben. Zunächst arbeitete sie noch für das Hamburger Tropeninstitut über pathogene Pilze, und als sie diese Tätigkeit aufgeben mußte und ihre Augen immer schlechter wurden und sie fast ertaubt war, verlegte sie sich aufs Stricken von Socken, Schals und vor allem Decken - über 100 Wolldecken soll die fast 100 Jahre lang rastlos Tätige für andere gestrickt haben.
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
...mit etwa 80 Jahren [beantragte sie die Aufnahme in ein Altersheim]. Man hatte wegen ihres hohen Alters Bedenken und fürchtete, dass sie wohl bald pflegebedürftig werden würde. Da kam man bei der Stoppelrose, wie sie von ihren Studenten immer nur genannt wurde, schlecht an. Sie lud kurzerhand eine Dame der Heimleitung ein, mit ihr am nächsten Tag auf Exkursion zu gehen, worauf diese unvorsichtigerweise auch einging. Nachdem diese Dame von ihr einen Tag lang durch Wald und Heide und Moor geschleift worden war, konnte sie nur erschöpft bestätigen, dass hier von Pflegebedürftigkeit noch lange keine Rede sein konnte. (Brabec et al. 1971:352)
Als sie sich wieder einmal auf Pilzsuche durch dichtes Unterholz hindurchkämpfte, z.T. wohl auf allen Vieren, sah sie sich plötzlich auf kurzem Abstand Auge in Auge mit einem Keiler. Beide Parteien stutzten, verharrten eine kurze Weile in gegenseitiger Betrachtung. Dann zog sich jedes, die Konfrontation lösend, behutsam wieder zurück. (Brabec et al. 1971:352)
Literatur & Quellen
Brabec, F. H. Engel & H. Söding. 1971. “Rose Stoppel - 26.12.1874 - 20.1.1970”, Ber. Dtsch. Bot. Ges. Bd. 84, Heft 6 (1971), S. 351-361. [Gekürzte Zusammenfassung von anläßlich eines Gedenkkolloquiums am 12. Januar 1971 gehaltenen Referaten. Mit einem Verzeichnis sämtlicher wiss. Schriften von Rose Stoppel.]
Fischer, Gudrun. 1991. Die Rolle von Frauen in der Geschichte der (Pflanzen)Ökologie am Beispiel der Vegetationskunde in Deutschland/BRD seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Diplomarbeit am Fachbereich Biologie/Chemie der Universität Bremen. Bremen. Unveröff. Ms.
Lexikon der Frau. 1953/4. 2 Bände. Zürich. Enzyklios.
Stoppel, Rose. 1910. Über den Einfluß des Lichtes auf das Öffnen und Schließen einiger Blüten. Jena. Fischer.
Stoppel, Rose. 1926. Pflanzenphysiologische Studien. Jena. Fischer.
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