geboren am 28. Juli 1934 in Bielefeld
gestorben am 17. März 2007 in Allensbach bei Konstanz
deutsche Malerin, Schriftstellerin und Abenteurerin
90. Geburtstag am 28. Juli 2024
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Renate Zeiss verlebte ihre Kindheit im Nationalsozialismus. Sie wuchs jedoch behütet in einer Familie auf, die vielerlei Anregungen bot. Sie wählte für ihr Berufsleben eine Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin und Sekretärin. Ihr Herz zog es jedoch zur Malerei. Den Grundstein ihres malerischen Schaffens legte sie mit einer Ausbildung in Maltechniken bei Werner Reiniger in Bielefeld. Seit Mitte der 60er Jahre lebte sie am Bodensee.
Zeitlebens hatte es ihr die Landschaftsmalerei angetan. Sie entwickelte diese aber nicht in einer traditionellen Richtung. Im Gegenteil: Die Landschaftsmalerei war ihr lebenslang ein Anreiz, Beobachtung und Phantasie zu vereinen. Als Genre wählte sie die Aquarellmalerei, der sie ihr Leben lang treu blieb.
Das Außergewöhnliche ihrer Malkunst liegt in einer deutlichen Distanzierung vom „lieblichen Aquarell“, mit seinen zarten Farbtönen die bestimmende Farbwahl ihrer Zeit. Sie ließ sich von der Natur, die sie liebte, inspirieren und dabei war ihr die Vielfalt, ja Dramatik des Naturgeschehens besonders nah. Ihre einzigartigen dunklen Aquarelle bieten einen Einblick, wie tief sie sich mit der Natur identifizierte. Sie grenzte sich von der typisch idyllischen Anmutung ab und beschrieb das Prinzip ihrer Schaffensweise mit den Worten: „Das Prinzip des Aquarells umgekehrt: Die dunklen Farben gestalten das Bild, nicht die hellen. Aus den dunklen Farben bricht das Licht, sparsam, aber mit bestimmendem Effekt.“
Renate Zeiss’ Naturverbundenheit, ihre Lebenslust und ihr Abenteuergeist führten sie zu längeren Malstudien in Skandinavien, Frankreich - Korsika, Bretagne, Südfrankreich - und auf Formentera. Zeitlebens reiste sie, um neue Eindrücke zu gewinnen und beseelt von einer unstillbaren Sehnsucht nach Abenteuern.. Ihre malerische Ausrichtung stand unter dem Motto „Melancholie der Farben – Melancholie der Natur.“ Renate Zeiss zu Motivwahl und Farbgestaltung: „Das Wort Melancholie gefällt mir im Zusammenhang mit meinen Bildern recht gut. Ich empfinde sehr stark eine Melancholie in der Landschaft – eine Landschaft, die wahrscheinlich schon vom Ende bedroht ist, da der Mensch sich wie ein Krebsgeschwür in sie hineinfrisst. Sie ist von Schäden selbst in entlegenen Gegenden gezeichnet.“
Ihre Arbeitsweise bezeichnete sie als „herantastend“ und als einen „Versuch“; erst, wenn ein Bild ganz fertig war, benannte sie es als Bild. Vorbilder und Besuche von Ausstellungen mied sie. Sie fürchtete Beeinflussung und ein unbewusstes Kopieren von dem, was sie bei anderen sah. Renate Zeiss wollte originär sein mit ihren Eindrücken, ihrer Phantasie und Kreativität.
Diese Eigenschaften kennzeichnen auch ihr literarisches Schaffen. Sie genoss es, sich in phantastische Welten hineinzuversetzen. Dabei galt ihre Fabulierlust Begegnungen von Frauen. Ungewöhnliche Orte, das Glück des Augenblicks, Gefühle, Romantik und Erotik bestimmen ihre Erzählungen. Sie verband aber nicht nur Realität und Traum in unterhaltsamer Weise, sie lotete auch aus, welche Chancen des Sich-Suchens und - Findens es für Frauen in unserer Gesellschaft gibt. Ihr erzählerisches Spektrum reicht von Science Fiction über Begegnungen in fernen Ländern oder auf einsamen Inseln bis hin zur gut recherchierten Neuschreibung der griechischen Geschichte und Mythologie – aus Frauenperspektive.
So sehr sie auch zu phantastischen Welten neigte und dies durch „Ausbrüten“, wie sie es nannte, in künstlerisches Schaffen umsetzte, so war die „einsame Vagabundin“ so manches Mal auch sehr gesellig und unternehmungslustig, eine Frau, die sich zudem intensiv mit Geschichte, Zeitgeschichte und Politik befasste. Ihre vehementen Reden bei Gesellschaften, durch die sie mit beißender Gesellschaftskritik und Wortwitz ganze Gruppen von Menschen unterhielt und durch ihre provokante Wortwahl zum Lachen brachte, sind legendär. Ihr großes Thema waren dabei die Lebensbedingungen von Frauen. Erzählungen von ihren Reiseerlebnissen und Begegnungen mit Menschen offenbarten eine genaue Beobachtungsgabe und Humor.
Als Malerin in der Bodenseeregion sehr geschätzt, als Schriftstellerin durch den Erzählband „Die Signora“ deutschlandweit bekannt geworden, versprach ihr Talent noch viele künstlerische Ereignisse. Sie verstarb inmitten eines sehr intensiv gelebten Lebens in ihrer Wahlheimat am Bodensee.
Verfasserin: Evelyn Thriene
Links
Art Treff - Renate Zeiss: http://www.art-treff.de/Html/nachrufe/nachruf_renate_zeiss.html
Die Eule: http://atelier-eli.de/seite44.html
Zuletzt geprüft 2017-03-06 (AN).
Literatur & Quellen
Tribadische (Gute-)Nachtgeschichten, Morgana Frauenbuchverlag, Münster 1992
„California Dream“, in: Alte Hasen, junges Herz. Schwule und Lesben machen Geschichte, Bruno Gmünder Verlag, Berlin 1996
Die Signora, Daphne Verlag, Göttingen 1997
„Eine Minute“, Jahrbuch der Erotik XVII, Konkursbuchverlag Claudia Gehrke, Tübingen 2002
„Aphrodite, Schöne, Schönste“, in: Begehren: Erotische Erzählungen, Krug & Schadenberg, Berlin 2006
Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im Bodenseeraum. Mitglied beim Freundeskreis Konstanzer Kunstschaffender, beim Kunstverein Konstanz, beim Künstlerzirkel „Die Eule“ und beim “IBC - Internationaler Bodenseeclub“. Im künstlerischen Nachlass von Renate Zeiss befinden sich rund 130 Bilder und mehrere unveröffentlichte Manuskripte.
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