(Rebecca Rolfe [nach Taufe und Eheschließung])
geboren 1595 in Virginia
gestorben am 21. März 1617 in Gravesend/London
indianisch-amerikanische Prinzessin
405. Todestag am 21. März 2022
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Biografie
Drei englische Handelsschiffe laufen im April 1607 in die Chesapeake Bay an der Ostküste Amerikas ein. An Bord befinden sich 100 Abenteurer mit ihrem Captain John Smith. Sie sind im Dienste der »Virginia Company« unterwegs, einer Londoner Handelsgesellschaft, die von privaten Investoren gegründet und von König Jacob I lizenziert wurde. In der neuen Welt sollen die Männer neue Märkte und Rohstoffquellen erschließen und so das von den Aktionären angelegte Kapital vermehren. Und noch ein Ziel haben sie, und deshalb ist auch gleich ein Geistlicher mit an Bord: sie wollen »die christliche Religion solchen Menschen propagieren, die noch in Dunkelheit leben.«
Zu den unmittelbaren Nachbarn der Neusiedler gehört Häuptling Powhatan, Chief of Chiefs und Herrscher über 31 Indianerstämme und ein 200 Kilometer langes Küstengebiet. Ihn quälten der Sage nach alte Prophezeiungen, dass von der Chesapeake Bay ein Volk kommen und sein Reich zerstören werde. Nun war dieses Volk gekommen. Und es werden im Lauf der nächsten Jahre immer mehr kommen. Sie legen ein Lager an und nennen es Jamestown. Aber noch im November desselben Jahres sind die Vorräte aufgebraucht, die Hälfte der Bewohner an Hunger und Krankheit gestorben. Höchste Zeit für John Smith, dem mächtigen Häuptling seine Aufwartung zu machen und zu erklären, dass sie nicht zur Landnahme, sondern zu friedlichem Handeln gekommen seien.
Hatte Powhatan wirklich die Absicht, Smith zu töten – und hat Powhatans 12-jährige Lieblingstochter Pocahontas den Captain nur knapp vor dem Tod gerettet? Oder war es der Versuch, Smith in einer Art Initiationsritual in den Stamm zu integrieren und mit ihm alle seine Männer?
»Captain Smith and Pocahontas
Had a very mad affair
When her daddy tried to kill him
She said Daddy, o don’t you dare
He gives me fever with his kisses
Fever when he holds me tight
Fever, I’m his misses
Oh, Daddy, won’t you treat him right«
- singen Peggy Lee und Elvis Presley 350 Jahre später – aber Smith und Pocahontas waren kein Liebespaar, obwohl darauf auch der erfolgreiche Zeichentrickfim aus den Walt-Disney-Studios spekulierte, der 1995 in die Kinos kam.
Pocahontas verliebt sich in einen anderen weißen Siedler. Sie wird die »Misses« von John Rolfe, der 1610 24-jährig nach Jamestown kommt. Ein trostloser Anblick bietet sich ihm, 400 Kolonisten sind inzwischen gestorben, die Beziehungen zu den Einheimischen sind angespannt. Wer außerhalb des Forts durchs Land streift, kann sich seines Lebens nicht mehr sicher sein.
Später, 1613, wird Pocahontas eine Delegation leiten, die für den Vater mit den Engländern Tauschhandel betreibt. Dabei wird sie von den Siedlern als Geisel genommen. Ein Faustpfand. Powhatan stoppt seinen Krieg gegen die Engländer.
Die gekidnappte Pocahontas sorgt schnell für Schlagzeilen, die Geiselnahme für neuen Optimismus. In England spricht man von einer empfindlichen Niederlage, die man den Ureinwohnern beigebracht habe. Bitter nötig, denn die Aktionäre der »Virginia Company« sind unruhig geworden. Derweil wird Pocahontas europäisiert und getauft. Als »Lady Rebecca« heiratet sie im April 1614 John Rolfe, der öffentlich versichert, »dass es nicht mein hungriger Appetit ist, mich bis zur Sattheit mit Unkeuschheit zu füllen…«. Dass er heiratet »zum Wohl der Kolonie, für die Ehre des Landes, für den Ruhm Gottes, für meine eigene Erlösung und für die Bekehrung eines ungläubigen Geschöpfes, nämlich Pokahuntas«. Nach Pocahontas würden auch andere Eingeborene den Weg zur »weißen« Kultur finden, und die indianische Bedrohung würde ein Ende haben. War es keine Liebesheirat? Hat er sie als politisches Druckmittel missbraucht? Als Schachfigur, als die auch ihr Vater sie eingesetzt hat?
»Unsere Leute pflanzen und ernten ungestört und ziehen so frei und ohne Furcht zum Vogelfang und zur Jagd in die Wälder wie in England«, schreibt John Rolfe nach England. So sah der »Pocahontas-Frieden« aus. Die »Virginia Company« ist so begeistert, dass sie der gekidnappten Indianerin eine jährliche Leibrente auf Lebenszeit zusichert.
Viel hat sie von dieser Rente nicht mehr. 1616 reist sie mit John Rolfe, ihrem kleinen Sohn Thomas und einer indianischen Entourage nach England, wo sie bei Hofe empfangen wird. Sie wird im Hotel »Beau Sauvage« untergebracht, aber »die Wilde« ist gezähmt. Eine beeindruckende Erscheinung, über 1.80 Meter groß, europäisch gekleidet, recht gut Englisch sprechend – aus der Indianerprinzessin war eine englische Lady geworden, die auch Queen Anne gerne zu sich einlud.
Im August 1616 brach eine Grippewelle in England aus. Auch Lady Rebecca alias Pocahontas erkrankt, so sehr, dass sie das Schiff verlassen muss, das sie mit Mann und Sohn zurück nach Virginia bringen soll. Sie stirbt im März 1617 in Gravesend in der Nähe von London. Ihren Gatten tröstete sie mit den Worten: »Alle Menschen müssen sterben« und »Es ist genug, dass mein Kind lebt«.
1875 hatten die weißen Amerikaner Pocahontas völlig für sich vereinnahmt, sie tauchte – unter Protest der Ureinwohner – als erste Frau überhaupt auf dem 20-Dollar-Schein auf, bezeichnenderweise mit einem Bild ihrer Taufzeremonie.
Verfasserin: Susanne Gretter
Links
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Literatur & Quellen
Quellen
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