(geb. Leighty)
geboren am 14. März 1894 in Chanute/Kansas
gestorben am 7. Januar 1953 in New York City
US-amerikanische Forschungsreisende, Dokumentarfilmerin und Autorin
130. Geburtstag am 14. März 2024
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
„Auch wenn meine Arbeit als typischer Männerberuf angesehen wird, versuche ich stets unverkennbar eine Frau zu bleiben. Ich schminke mich jeden Morgen, ganz egal, ob ich auf der Park Avenue spazieren gehen werde oder mir auf der Jagd mein Abendessen erlege. Wenn meine Nase im Laufe des Tages glänzt, pudere ich sie – unabhängig davon, ob ich gerade einen Löwen erschossen, ein Kleid gekauft oder ein Blech Pasteten gebacken habe.“
Osa Johnson war die erste Pilotin, die den Kilimandscharo und den Mount Kenya überflog und die Berge und Wildtiere Afrikas aus der Luft filmte und fotografierte. 1932 hatte Johnson zusammen mit ihrem Mann Martin den Pilotenschein gemacht und zwei Flugzeuge gekauft. Ihre gemeinsame Expedition nach Kenia war nur eine der vielen abenteuerlichen Reisen zwischen 1917 und 1937, die sie in den Südpazifik, nach Borneo und in verschiedene Gegenden Afrikas führte. Mit ihren zahlreichen (Dokumentar-) Filmen, Fotos und Reiseberichten brachte das Paar den Menschen in Amerika und Europa die wilde und unberührte Pflanzen- und Tierwelt, sowie Lebensweise und Kultur der Eingeborenen näher - in Zeiten, in denen kaum jemand von diesen exotischen Völkern etwas gehört oder gesehen hatte. War Osa viele Jahre nur als die weibliche Hälfte der berühmten „Mr. und Mrs. Martin Johnson“ bekannt geworden, „emanzipierte“ sie sich nach dem Tod ihres Mannes 1937 erfolgreich zu „Osa Johnson“ mit eigenständigen Expeditionen, Filmproduktionen, Büchern und Vortragsreisen.
Johnson wurde am 14. März 1894 in Chanute/Kansas, einer Kleinstadt im amerikanischen Mittelwesten, geboren. Neben dem Besuch der High School war ihre Erziehung eher praktisch orientiert: Fischen, schießen, gärtnern, das Heim gemütlich gestalten, nähen, kochen und Brot backen – Fähigkeiten, die abgesehen vom Fischen und Schießen, Bestandteile einer typisch weiblichen zeitgenössischen Ausbildung waren. Osas größter Traum als junge Frau war dementsprechend bescheiden: Sie wünschte sich nur, gemeinsam mit ihrer High-School-Freundin am selben Tag zu heiraten und in einem eigenen Haus zu wohnen. Doch in Osa Johnsons Familie gab es genügend Vorbilder für ein Frauenleben auch jenseits der damaligen Konventionen: Osas Großmutter hatte ein schweres Leben geführt, war als Siedlerin im Treck nach Kansas gekommen und mehrmals verheiratet gewesen. Ihre Mutter galt als eine der härtesten Kartenspielerinnen des Countys. Besonders beeindruckt war Osa jedoch vom aufregenden Leben ihrer Tante. Minnie Thomas rauchte Zigarren und arbeitete viele Jahre als Zirkuskünstlerin (Reiterin ohne Sattel). Die Tatsache, dass ihre Tante durch ihren unkonventionellen Lebensstil eher am Rand der damaligen Gesellschaft lebte, störte Johnson wenig. Zwei Seelen schlugen in Osas Brust: die Sehnsucht nach einem normalen bürgerlichen Leben, aber auch die Sehnsucht nach Abenteuer.
Im April 1910 lernte Osa ihren Mann, den zehn Jahre älteren Martin Johnson kennen, der sich nach seiner zweijährigen Pazifiküberquerung mit Jack und Charmain London auf Vortragsreise befand. Jack London ist bis heute einer der bekanntesten Schriftsteller von Abenteuerromanen. Martin Johnson wollte ebenfalls so ein abenteuerliches Leben führen. Osa, als pflichtbewusste Ehefrau, war entschlossen, dieses Leben mit ihm zu teilen und fand so auch die Möglichkeit, ihren Abenteuerwunsch gesellschaftlich akzeptiert auszuleben. Um Geld für die erste gemeinsame Expedition in den Südpazifik zu sammeln, setzte das Paar nach baldiger Heirat Martins begonnene Vortragsreise in den USA, Kanada und London nun gemeinsam fort. Osa Johnson unterstützte ihren Mann mit zu seinem Vortrag passenden und kostümierten Gesangs- und Tanzdarbietungen. Bereits in der Schule hatte sie sich als gute Sängerin und Klavierspielerin hervorgetan und es geliebt, sich auf Schulveranstaltungen zu präsentieren. Diese ersten mühsamen Jahre auf Sponsorensuche waren eine gute Vorbereitung auf ihre späteren Reisen: Das Geld war häufig sehr knapp, die Unterkünfte und das Essen dürftig, die hygienischen Verhältnisse teilweise katastrophal. Osa – mittlerweile bereits weit entfernt von ihren „Jungmädchenträumen“ - ließ sich von den Widrigkeiten dieser Reisen jedoch nicht einschüchtern, ganz im Gegenteil: Sie waren für sie ein Teil des Abenteuers „Leben“.
Am 5. Juni 1917 stach das Ehepaar Johnson erstmalig für eine Expedition in See. Bei einer Begegnung mit den Eingeborenen auf Malekula, einer für Menschenfresser berüchtigten Insel im Südpazifik, auf die noch keine Weiße einen Fuß gesetzt hatte, entkamen Osa und ihr Mann nur knapp einer Gefangennahme durch die Kannibalen. Der während dieses Aufenthaltes gedrehte Film hatte im darauf folgenden Jahr Premiere und wurde ein erster großer gemeinsamer Erfolg. Bereits 1919 kehrten die Johnsons zu den Neuen Hebriden zurück, um den Eingeborenen den Film, den sie von ihnen gedreht hatten, selbst vorzuführen. http://www.youtube.com/watch?v=60004FZ2bes
In ihrer 1940 erschienen Autobiografie „I married Adventure“, die Osa mit Hilfe eines Ghostwriters schrieb, erzählt sie sehr lebendig von ihren aufregenden Reisen, dem schwierigen Klima, der wunderschönen, aber auch gefährlichen Pflanzen- und Tierwelt. Sie berichtet – wenig zimperlich - von den Begegnungen mit den Eingeborenen und den jeweiligen Besonderheiten der Menschen und schreckt dabei auch vor der detaillierten Beschreibung der Konservierung eines Menschenkopfes nicht zurück. Besondere Erwähnung findet auch immer wieder die oft grausame Behandlung der Frauen.
Nach einer Reise nach Borneo folgte im Januar 1921 die erste von insgesamt fünf Expeditionen nach Afrika, die auch von verschiedenen Forschern begleitet und vom American Museum of National History unterstützt wurde. Osa Johnson übernahm dabei die Planung und Koordination der Safaris, z.B. was die fotografische Ausrüstung und die Vorräte betraf, kümmerte sich um die Versorgung der Crew und überwachte auf einer der Safaris die 235 Träger, die die umfangreiche Ausstattung tragen mussten. Vor jeder Reise lernte sie die jeweilige Landessprache, um sich mit den Einheimischen verständigen zu können. Sie organisierte das Campleben, kümmerte sich um die allgemeine Bequemlichkeit, überwachte die Zubereitung der Mahlzeiten und sorgte mit ihren Fisch- und Schießkünsten für frisches Fleisch. Wenn ihr Mann in potentiell gefährlichen Situationen filmte oder fotografierte, stand Osa mit dem Gewehr neben der Kamera, bereit, ihn zu verteidigen.
Einmal, als Martin gerade eine Herde von Nashörnern fotografierte, bekam eines der Tiere Wind von ihm und hielt direkt auf Martin zu. Mit der ihr eigenen Ruhe hob Osa ihr Gewehr, schoss und tötete das heranstürmende Nashorn. Martin verpasste keine Sekunde dieser Aktion, fing den dramatischen Moment im Film ein.
Osa Johnson konnte mit der (Film-) Kamera umgehen und unternahm auch allein Fotoexpeditionen. Neben Film- und Fotoaufnahmen bekam sie verschiedene Aufträge für das Schreiben von Zeitungsartikeln, z.B. für „Good Housekeeping“ und die „New York Times“.
Das Ziel der Johnsons war es, die wilden Tiere in ihrem ursprünglichen Lebensraum zu fotografieren und zu filmen, nicht sie zu töten. Mögen viele Darstellungen in den Filmen heute in einer naiven Unbekümmertheit sensationslüstern oder übertrieben wirken, so sind sie doch unschätzbare ethnologische und zoologische Zeugnisse über eine Welt, die so nicht mehr existiert. Osas Darstellung in den Filmen als typisch amerikanische Hausfrau und gleichzeitig unerschrockene Heldin, machte sie berühmt und unterschied die Filme der Johnsons – eine Kombination aus Dokumentation und Unterhaltung - damit von anderen zeitgenössischen Dokumentarfilmen. Auf Grund der Tatsache, dass Osa selbst im afrikanischen Busch immer gut gekleidet war, avancierte sie in den USA zu einer Mode-Ikone für aktive Frauen. 1939 wurde sie von der Fashion Academy in New York zu einer der am besten angezogenen Frauen Amerikas gewählt.
Nach dem Tod Martin Johnsons bei einem Flugzeugabsturz im Januar 1937 setzte die selbst schwer verletzte Osa die begonnene Vortragsreise durch die USA im Rollstuhl fort. Der Wunsch, das Andenken ihres Mannes zu ehren, finanzielle Gründe, aber auch der Kreislauf von Expedition und Sponsorensuche mag der Grund dafür gewesen sein. Schon wenige Monate später reiste sie erneut in den afrikanischen Busch, um im Auftrag der Twentieth Century Fox Filmsequenzen für den Film „Stanley and Livingstone“ aufzuzeichnen. War Johnson zu Lebzeiten ihres Ehemannes nur als „Mrs. Martin Johnson“ aufgetreten, so begann jetzt ihre zweite Karriere als „Osa Johnson“. Anfangs weigerten sich einige Filmtheater, sie unter ihrem eigenen Namen auftreten zu lassen. In den folgenden Jahren drehte sie vier Filme in Eigenregie und schrieb zahlreiche Bücher. Ihr erfolgreichstes: „I Married Adventure“, wurde 1940 zum absoluten Bestseller und noch im selben Jahr verfilmt. Neben zahlreichen Kinderbüchern entwarf Johnson detailgetreue Spielzeugtiere für die National Wildlife Federation und kreierte eine Kleiderlinie für aktive Frauen. Mitten in den Vorbereitungen zu ihrer nächsten Expedition starb Osa Johnson am 7. Januar 1953 im Alter von 58 Jahren in New York City in ihrem Hotelzimmer an einem Herzanfall.
In Osas Geburtsort Chanute wurde zum Gedenken an das Forscherpaar im Juni 1961 das „Martin und Osa Johnson Safari Museum“ eröffnet. 1989 erfolgte ein Nachdruck ihres erfolgreichen Buches „I Married Adventure“.
(Text von 2014)
Verfasserin: Claudia Diekmann
Links
Kansas Historical Society (2003/2012): Martin and Osa Johnson.
Online verfügbar unter http://www.kshs.org/kansapedia/martin-and-osa-johnson/12102, zuletzt geprüft am 30.12.2017.
Lambrecht, Kathi (2013): «Women Film Pioneers» – wie Frauen Filmgeschichte schrieben. Schweizer Radio und Fernsehen (SRF).
Online verfügbar unter https://m.srf.ch/kultur/netzwelt/women-film-pioneers-wie-frauen-filmgeschichte-schrieben, zuletzt geprüft am 30.12.2017.
WebCite®-Archivfassung: http://www.webcitation.org/6w7WX7WXG
Martin and Osa Johnson Safari Museum.
Online verfügbar unter http://www.safarimuseum.com/, zuletzt geprüft am 30.12.2017.
Women Film Pioneers Project: Osa Johnson.
Online verfügbar unter https://wfpp.cdrs.columbia.edu/pioneer/ccp-osa-johnson/, zuletzt geprüft am 30.12.2017.
Literatur & Quellen
Bücher von Osa Johnson
- Auf Entdeckungsfahrt mit Johnson (Adventures with Camera, Gun and Aircraft). Leipzig, 1939.
- I Married Adventure. The Lives of Martin and Osa Johnson. Philadelphia 1941. Nachdruck New York/Tokio/London 1989/1997. dt. Ausgabe: Ich heiratete Abenteuer. Leben und Erlebnisse von Martin und Osa Johnson. Zürich 1941.
- Four Years in Paradise. Philadelphia 1941.
- Bride in the Solomons. Boston 1944.
Kinderbücher von Osa Johnson
- Jungle Babies. New York 1930.
- Jungle Pets. New York 1932.
- Osa Johnson´s Jungle Friends. Philadelphia 1939.
- Pantaloons. Adventures of a Baby Elephant. New York 1941.
- Snowball. Adventures of a Young Gorilla. New York 1942.
- Tarnish. Adventures of a Young Lion. 1944.
Filme (eine Auswahl)
- Simba (Osa & Martin Johnson1928)
- Across the World with Mr. and Mrs. Johnson (Osa & Martin Johnson1930)
- Congorilla (Osa & Martin Johnson 1932)
- Baboona (Osa & Martin Johnson 1935)
- Borneo (Osa & Martin Johnson 1937)
- Stanley and Livingstone (Osa Johnson 1937)
- Jungles Calling (Osa Johnson 1937)
- I married Adventure (Osa Johnson 1940)
- African Paradise (Osa Johnson 1941)
- Tulagi and the Solomons (Osa Johnson1943)
Weiterführende Literatur
- Hannon, Sharon M.: Women who dare: Women Explorers. Washington 2007.
- Imperato, Pascal James und Eleanor M.: They married Adventure. The Wandering Lives of Martin & Osa Johnson. New Brunswick/New Jersey 1992.
- Karnath, Lorie: Verwegene Frauen. Weiblicher Entdeckergeist und die Erforschung der Welt. München 2009.
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