(geb. Splichalova)
geboren am 11. Juli 1933 in Prag
gestorben am 27. Januar 1996 in Prag
tschechische Oppositionelle und First Lady
90. Geburtstag am 11. Juli 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Es dauerte einen halben Tag, bis wir uns verabredeten. Du eine Tochter des Zizkov, ich ein noch unerfahrener Besucher von Literaten-Cafés. Wir beide Irgendwann am Rande des Frühlings.
In einem langen Gedicht an Olga erinnert sich Václav Havel an seine erste Begegnung mit Olga Splichalova. Es war 1956 im Café Slavia in Prag, wo sich das Paar noch häufig treffen sollte. Havel, der 1954 sein Abitur gemacht hatte, absolvierte soeben ein Wirtschaftsstudium an der Technischen Hochschule in Prag. Er entstammt einer bürgerlichen Familie und muß für seine Ausbildung bald mit Repressionen der Kommunisten rechnen. Olga Splichalova stammt aus einem anderen Milieu, einer Zizkover Arbeiterfamilie. Groß geworden, sagt sie, sei sie auf der Straße, später habe sie sich um die Kinder ihrer Schwester kümmern müssen. Sie ist schön, sie ist elegant, sie will Schauspielerin werden. Nach diversen Gelegenheitsjobs arbeitet sie zwischen 1961 und 1969 als Platzanweiserin an einem Prager Theater, wo sich ab 1960 auch Havel vom Kulissenschieber zum Dramaturgen hocharbeitet.
Das Paar heiratet 1964. Als Oppositioneller wird Havel schon bald politisch verfolgt, und mit ihm Olga, die ihm in ihrer oppositionellen Radikalität in nichts nachsteht. Sie war nicht “die Frau an seiner Seite”, sondern die Komplizin im Kampf.
Seit 1969 hat der Dramatiker Publikationsverbot in der Tschechoslowakei. 1972 ist das Paar beteiligt an der Gründung einer Untergrundzeitung, bis 1977 ist Havel Herausgeber. Als Havel 1979 für drei Jahre wegen “antisozialistischer Umtriebe” ins Gefängnis kommt, übernimmt sie. Im Editorial heißt es: “Im Jahre ... geschrieben für sich und ihre Freunde von Olga Havlová”. Jetzt steht sie in der Schußlinie. Aus dem Gefängnis schreibt Havel seine Briefe an Olga, sie ist die einzige Person, die mit ihm Kontakt haben darf, ihm den Rücken stärkt, ihn mit politischen Nachrichten und Informationen versorgt. Seit 1977 standen die beiden MitinitiatorInnen der Charta 77 unter Dauerüberwachung, ab 1978 praktisch unter Hausarrest. Dennoch: In ihrem Kampf für BürgerInnenrechte und Menschenrechte ließen sie sich nicht beeinflussen.
Im Zuge der Perestrojka veränderten sich die politischen Verhältnisse, und am 5. Juli 1990 wird Havel zum Präsidenten der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik gewählt. Olga gründete im selben Jahr die Stiftung “Fonds des guten Willens zur Unterstützung von Langzeiterkrankten und Behinderten”. 1993 wurde Havel wiedergewählt, da war die vom tschechischen Volk so bewunderte, fast wie eine Heilige verehrte First Lady bereits krank. Sie starb 1996 an Krebs.
Verfasserin: Susanne Gretter
Literatur & Quellen
Havel, Václav. 1995. Briefe an Olga: Betrachtungen aus dem Gefängnis. Reinbek bei Hamburg. Rowohlt.
Markova, Marta. 1996. Olga Havlova oder Über die Würde der Frauen: Neun Porträts tschechischer Frauen. Innsbruck. Edition Löwenzahn.
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