geboren am 14. Juli 1916 in Palermo
gestorben am 7. Oktober 1991 in Rom
italienische Schriftstellerin
30. Todestag am 7. Oktober 2021
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
“Die Dinge, die mein Vater schätzte und achtete, waren: der Sozialismus, England, die Romane von Zola, die Rockefellerstiftung und die Bergführer des Aostatals. Die Dinge, die meine Mutter liebte, waren: der Sozialismus, die Gedichte von Paul Verlaine, die Musik…,” schrieb Natalia Ginzburg in ihrem autobiographischen Familienlexikon, in dem sie das Leben ihrer jüdischen und sozialistischen Familie und deren Isolation in den 30er und 40er Jahren schilderte. Inzwischen sind diese Erinnerungen Pflichtlektüre für jede italienische Schulklasse. Daß der Sozialismus das gleiche Recht für alle bedeute, habe sie schon als Siebenjährige gewußt, und zehnjährig beschloß Natalia Levi, Schriftstellerin zu werden. Jeden Morgen schrieb sie fortan ein Gedicht in ihr Heft. Als sie 17 war, erschien ihre erste Erzählung. Lanciert hatte dies Leone Ginzburg, Literaturwissenschaftler und aktiver Antifaschist, den sie 1938 heiratete und der 1944 im deutschen Gefängnis in Rom zu Tode kam. Da waren ihre Kinder vier und drei, und das jüngste acht Monate alt.
In ihre Heimatstadt Turin zurückgekehrt, arbeitet sie als Lektorin bei Einaudi und gibt diese Arbeit auch nicht auf, als sie 1952 wieder nach Rom zieht. Zweimal stand sie der KPI als Parlamentsabgeordnete zur Verfügung, weil sie glaubte, “daß es mir gelingt, etwas Nützliches für die Menschen zu tun,” und mischte sich als Journalistin ins politische Tagesgeschehen ein. Sie war eine brillante Übersetzerin (u.a. Proust), und sie ist die bekannteste und erfolgreichste Schriftstellerin Italiens. Schreiben, “das schönste Handwerk der Welt,” war ihre Passion, es sei “wie die Erde bewohnen,” sagte sie einmal. Ihre Texte handeln von der Einsamkeit, von der Unfähigkeit der Menschen, miteinander zu kommunizieren - und immer auch von der Stärke der Frauen, denn “ich denke, daß die Frauen sich heute stärker fühlen und stärker sind… sie treten der Realität mit einer größeren Lebenskraft gegenüber,” sagte sie in einem Interview 1984.
Lebenskraft brauchte sie, die in zweiter Ehe zwei behinderte Kinder hatte, der 1959 geborene Sohn starb einjährig, aber Susanna, 1954 geboren, pflegte sie, bis sie 1991 selbst an Krebs starb.
Zitat:
Mein Beruf ist das Schreiben, und ich verstehe mich gut und seit langer Zeit darauf. ... Wenn ich Geschichten schreibe, bin ich wie einer, der in seiner Heimat ist, auf den Straßen, die er von klein auf kennt, zwischen den Mauern und den Bäumen, die ihm gehören. Mein Beruf ist es, Geschichten zu schreiben, erfundene Dinge oder Dinge aus meinem Leben, an die ich mich erinnere, aber jedenfalls Geschichten. Dinge, bei denen nicht die Bildung, sondern nur Gedächtnis und Phantasie eine Rolle spielen. Das ist mein Beruf, und ich werde ihn bis zu meinem Tod ausüben. (Natalia Ginzburg, 1964)
Verfasserin: Susanne Gretter
Literatur & Quellen
Natalia Ginzburg in der Deutschen Nationalbibliothek
Ginzburg, Natalia. 1982. Caro Michele: Roman einer Familie. Frankfurt/M. Suhrkamp.
Ginzburg, Natalia. 1983. Mein Familienlexikon. Frankfurt/M. Suhrkamp.
Ginzburg, Natalia. 1988 [1983]. Die Familie Manzoni [= La famiglia Manzoni]. Aus d. Ital. von Maja Pflug. Essen. Claassen.
Höhenwarter, Sabine. 1992. Die Dinge in mir: Leben und Werk der Natalia Ginzburg. Wien. Wiener Frauenverlag.
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