Biographien Nadeschda Krupskaja
(Надежда Константиновна Крупская; Schreibweisen Vorname: Nadežda – Nadeshda – Nadeschda – Nadezhda – Nadjeschda – Nadja; Vatersname: Konstantinovna – Konstantinowna; Nachname: Krupskaja – Krupskaya – Ulianow – Ulianov – Ulianowa – Ulianova)
geboren am 26. Februar 1869 in Petersburg
gestorben am 27. Februar 1939 in Moskau
russische Politikerin und Pädagogin
155. Geburtstag am 26. Februar 2024
85. Todestag am 27. Februar 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Nadeschda Konstantinowna Krupskaja, promovierte Pädagogin und Mitbegründerin des sowjetischen Erziehungssystems, war die Ehefrau und Kampfgefährtin Lenins. Rund 30 Jahre lebte sie an seiner Seite und für ihn und widmete im übrigen ihre ganze Kraft der Arbeiterklasse. Sie erlebte die Anfänge der Arbeiterbewegung, den Aufbau der Partei, deren Sieg bei der Oktoberrevolution.
Krupskajas Memoiren sind eine wichtige Quelle zur Biographie Lenins und zur Geschichte der Kommunistischen Partei. Leider sind Aussagen über sie selbst darin kaum zu finden. 1894 lernt die engagierte Lehrerin (sie unterrichtet in der Abend- und Sonntagsschule erwachsene Arbeiter) in einem marxistischen Studentenzirkel Lenin kennen. Sie führen »endlose« Gespräche miteinander.
1896 muss Krupskaja wegen Flugblattagitation für die verbotene Arbeiterpartei zwei Jahre ins Gefängnis und anschließend drei Jahre in die Verbannung nach Ufa. Sie heiratet dort den ebenfalls verbannten Lenin. Gemeinsam schreiben sie an der Entwicklung des Kapitals in Russland. Krupskaja liest viel; mitunter beteiligt sie sich an Hasenjagden. Unter dem Druck des zaristischen Regimes müssen beide emigrieren. Sie führen, u. a. in Paris, London, Genf und Finnland, ein Leben in der Illegalität unter verschiedenen Namen. Krupskaja arbeitet als Sekretärin Lenins; sie geben die Zeitschrift Iskra heraus und kämpfen für die illegale Organisation der Partei.
1917, nach der Oktoberrevolution, schickt Lenin Krupskaja »an die Bildungsfront«. Sie sehen sich nur noch gelegentlich zu Spaziergängen. Ab 1921 unterrichtet Krupskaja an der Akademie für politische Bildung. Nach Lenins Tod (sie überlebt ihn um 15 Jahre) widmet sie sich der Partei, nimmt als Delegierte an Kongressen teil, hält Vorträge und nimmt Auszeichnungen entgegen. Ihr Grab befindet sich auf dem Roten Platz nahe der Kremlmauer.
(Text aus dem Kalender »Berühmte Frauen 1989«)
Verfasserin: Ursula Reis
Zitate
Die Hauptsache ist, dass man das Kind nicht als sein natürliches Eigentum betrachtet, mit dem man machen kann, was man will, dass man das Kind nicht als einen Sklaven, als eine Last oder ein Spielzeug betrachtet.
(Nadeshda Krupskaja in: Wie man Kinder erziehen muss (1930))
Lew Borissowitsch, wegen des kurzen Briefes, den mir Wlad. Iljitsch mit Erlaubnis der Ärzte diktiert hat, erlaubte sich Stalin mir gegenüber gestern einen groben Ausfall. Ich bin nicht erst seit gestern in der Partei. In all den dreißig Jahren habe ich von keinem Genossen ein einziges grobes Wort gehört. Die Interessen der Partei und Iljitschs sind mir nicht weniger teuer, als sie es Stalin sind. Ich brauche jetzt ein Maximum an Selbstbeherrschung. Worüber man mit Iljitsch sprechen kann und worüber nicht, weiß ich besser als jeder Arzt, denn ich weiß, was ihn aufregt und was nicht, auf alle Fälle weiß ich das besser als Stalin. Ich wende mich an Sie und an Grigori als nahe Genossen von W.I. und bitte darum, mich vor grober Einmischung in mein persönliches Leben zu schützen, vor unwürdigen Beschimpfungen und Drohungen. An dem einstimmigen Beschluss der Kontrollkommission, mit der Stalin zu drohen sich erlaubte, zweifle ich nicht. Ich habe aber weder Kraft noch Zeit, mich mit diesen dummen Intrigen zu beschäftigen. Ich bin ein lebendiger Mensch, und meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt. N. Krupskaja
(Brief von Nadeshda Konstantinowna Krupskaja an Kamenew vom 23. Dezember 1922, gefunden hier)
Krupskaja ist eine Spalterin. Wenn wir die Einheit der Partei bewahren wollen, müssen wir sie als Spalterin bekämpfen.
(Josef W. Stalin, Brief an Molotow, 16. September 1925, gefunden hier)
In Russland wie auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR ist »die Krupskaja« heute nur noch alten Menschen ein Begriff; im Westen wird sie selten anders wahrgenommen als mit dem zweifelhaften Ehrentitel der »Frau an Lenins Seite«, interessant vielleicht für Kremlologen und Historiker, Das hat sie gemein mit all jenen stillen, dicken, ältlichen Babuschkas hinter Sowjetführern wie Breschnew oder Chruschtschow - und auch mit der attraktiven, modischen Schattenfrau neben Michail Gorbatschow, der Philosophie-Professorin Raissa Gorbatschowa. Dabei hätte Nadeshda Krupskaja auch noch siebzig Jahre nach ihrem Tod mehr als ein Quäntchen Anteil am Mythos von Wladimir Iljitsch Lenin verdient. Doch passionierte Kommunistinnen sind derzeit nicht mehr sehr in Mode, ein Ruch von Vergeblichkeit, eines irregeleiteten Geistes liegt über ihrem Lebenswerk. […] Als Nadeshda Krupskaja 1869 geboren wird, ist die Idee des Kommunismus noch nicht viel mehr als eine politische Theorie. Die junge Frau wächst in eine zaristische Welt hinein, die gerade erst die Leibeigenschaft abgeschafft hat, Millionen Bauern aber noch immer in wirtschaftlicher Abhängigkeit hält. Erste große Hoffnungen von Freiheit und Gleichheit finden einen fruchtbaren Nährboden; die Idee der Entmachtung des Zaren, eines Staates in den Händen von Arbeitern und Bauern gewinnt vor der Jahrhundertwende viele enthusiastische, vor allem jugendliche Anhänger. Sicher, Nadeshda Krupskaja hat auch eine zweite Phase miterlebt, wenn auch nicht mehr maßgeblich mitgeprägt: den Sozialismus sowjetischer Prägung als Gleichsetzung von Terror und Zwang. Doch dieser setzt sich nach den Wirren des Bürgerkriegs, dem kulturellen Aufbruch Anfang der zwanziger Jahre und der Phase der marktorientierten »Neuen Ökonomischen Politik« erst mit der endgültigen Machtübernahme Stalins durch. Zu diesem/Zeitpunkt aber ist die Ehefrau Lenins - in den Jahrzehnten zuvor das Idealbild der modernen, russischen »Kopf-Arbeiterin«, einer Intellektuellen mit engem Bezug zum wirklichen Leben - schon längst entmachtet. Zuvor immerhin leistet sie genug für zwei, für drei, für viele Leben: Sie arbeitet gemeinsam mit dem berühmtesten russischen Revolutionär dieses Jahrhunderts, sie gilt als Mitbegründerin der modernen Pädagogik und als renommierte Bildungspolitikerin, sie kämpft bis zum letzten Atemzug gegen die Politik von Josef Stalin, rettet Leben - oder versucht es zumindest. Als sie mit knapp siebzig Jahren stirbt, heißt es in Moskau, sie sei im Auftrag Stalins vergiftet worden. Bewiesen wird das nie. Mit ihrem Tod gerät sie auch in der UdSSR in Vergessenheit: Bereits einen Tag nach der Beerdigung gibt der Leiter des staatlichen Verlages im Erziehungsministerium, wo Nadeshda Krupskaja zuletzt gearbeitet hatte, die Anweisung: »Druckt kein Wort mehr über die Krupskaja.« Ihre Werke - Hunderte von Reden, Aufsätze über das russische Bildungswesen, Erinnerungen an ihr Leben mit Lenin - werden weggeschlossen. […] Überhaupt - Stalin: Wie auch ihr Mann hält sie den Nachfolger mit seinem neurotischen Machtwillen für gefährlich; sie wird, schreibt der Historiker Robert Gonquest, zum »Gewissen der Partei«. Als Stalin Mitte der dreißiger Jahre die erste „Säuberungswelle'' befiehlt, widersetzt sich Nadeshda Krupskaja, die schon lange als Gegnerin des Diktators gilt, als eine der wenigen Altbolschewiken den Todesurteilen für Oppositionelle. Obwohl sie keinen Kontakt mit Ausländern haben darf, ständig von Geheimpolizisten kontrolliert wird und um ihr Leben fürchten muss, vermag sie es in Einzelfällen, durch Appelle an andere hochrangige Parteimitglieder dem Tod Geweihte zu retten. Stalin droht, wie Chruschtschow in seinen Memoiren berichtet, mehrmals, wenn die Krupskaja nicht aufhöre, ihn zu kritisieren, werde er in die Welt setzen, sie sei gar nicht die Frau Lenins. »Ja«, soll er hinzugefügt haben: »Die Partei kann alles!«
(Aus: Agentin in eigener Sache. Nadeshda Krupskaja. In: Kahlweit, Cathrin (Hg.) (1999): Jahrhundertfrauen. Ikonen - Idole - Mythen. Orig.-Ausg. München: Beck (Beck'sche Reihe, 1301), S. 274 ff.)
Stalin zu Krupskaja: »Wenn Sie nicht aufhören, sich für die Trotzkisten einzusetzen, ernenne ich eine andere Frau zu Lenins Witwe!«
Links
Fischer, Cristina: »Unendliche Kleinarbeit«. Artikel zum 70. Todestag. In: Junge Welt vom 27.02.2009, S. 15.
Online verfügbar unter http://www.jungewelt.de/2009/02-27/052.php, zuletzt geprüft am 15.02.2024.
Google Buchsuche: Krupskaja.
Online verfügbar unter https://www.google.de/search?hl=de&tbo=p&tbm=bks&q=krupskaja, zuletzt geprüft am 15.02.2024.
Jegorow, Oleg (2017): Gesichter der Revolution: Nadjeschda Krupskaja, First Lady der UdSSR. Mit Fotos.
Online verfügbar unter https://de.rbth.com/revolutionsjahr_1917/2017/05/14/gesichter-der-revolution-nadjeschda-krupskaja-first-lady-der-udssr_761514, zuletzt geprüft am 15.02.2024.
Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Krupskaja, Nadežda K., 1869-1939. Bücher und Medien.
Online verfügbar unter http://d-nb.info/gnd/118724827, zuletzt geprüft am 15.02.2024.
Literatur & Quellen
Quellen
Balabanoff, Angelica (1959): Lenin. Psychologische Beobachtungen und Betrachtungen. Hannover. Verlag für Literatur und Zeitgeschehen. 1961
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1929): Erinnerungen an Lenin. Berlin. Dietz. 1959
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1966): Das ist Lenin. Eine Sammlung ausgewählter Reden und Artikel. Aus dem Russischen von Ernst Noffke und Inge Kuschel. Berlin. Dietz.
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Werke
Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1921): Mein Leben. Berlin-Schöneberg. Verlag der Jugendinternationale.
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1924): Lenin und die Fragen der Volksbildung. Wien. Verlag für Literatur und Politik.
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1932): Der Kampf um die Qualität der Arbeit in den Schulen. Moskau. Zentral-Völker-Verlag.
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1940): Wie man selbständig mit dem Buche arbeitet. Engels. Deutscher Staatsverlag.
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1952): Über die Jungen Pioniere. Sammlung ausgewählter Werke. Berlin. Junge Welt. (Pädagogische Bibliothek des Lehrers)
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1955): Ausgewählte pädagogische Schriften. Redaktion: Lieselotte Hielscher. Berlin. Volk und Wissen.
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1956): Was Lenin über die Bibliotheken schrieb und sagte. Übersetzt von Irmgard Dressler. Leipzig. Verlag für Buch- und Bibliothekswesen.
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1957): Oktober 1917. Aus dem Russischen von Hilde Angarowa. Moskau. Verlag für fremdsprachige Literatur.
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1959): Über die allgemeinbildende polytechnische Schule. Ausgewählt, übersetzt und erläutert von Maria und Werner Uhlmann. Berlin. Volk und Wissen. (Erziehung und Gesellschaft)
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1965): Kleine Stationen eines großen Lebens. Briefe an die Angehörigen W. I. Lenins. Zusammengestellt und eingeleitet von Erika Segendorf. Berlin. Dietz.
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1966-72): Sozialistische Pädagogik. Eine Auswahl aus Schriften, Reden und Briefen in 4 Bänden. Besorgt von Karl-Heinz Günther. Aus dem Russischen von Else Zaisser u.a. Berlin. Volk und Wissen. (Pädagogische Bibliothek)
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Krupskaja, Nadeshda Konstantinowna (1975): Über den Pionierleiter und seine Arbeit mit den Pionieren. Berlin. Zentralrat der FDJ Arbeitsgruppe Aus- und Weiterbildung Wiss. und Methodik.
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Weiterführende Literatur
Bobrowskaja, C. (1939): Nadeshda Krupskaja 1869–1939. Eine Skizze ihres Lebens. Moskau. Verlag für fremdsprachige Literatur.
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Dreßler, Irmgard (1975): N. K. Krupskaja und der bibliothekarische Beruf. Berlin. Zentralinstitut für Bibliothekswesen. (Beiträge zu Theorie und Praxis der Bibliotheksarbeit, 16)
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Hoffmann, Volker (2013): Nadeshda Konstantinowna Krupskaja. “Ich war Zeugin der größten Revolution in der Welt” : Leben, Kampf und Werk der Frau und Weggefährtin Lenins. Essen. Verlag Neuer Weg. ISBN 9783880213937.
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Kuhnert, Heike (1969): Polytechnische Erziehung bei N. K. Krupskaja. Prüfungsarbeit. Oldenburg. Pädagogische Hochschule.
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Kunezkaja, Ludmila I.; Maschtakowa, Klara (1969): Ein Kämpferleben. Zum 100. Geburtstag von Nadeshda Krupskaja. Moskau. APN-Verlag.
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Lessner, Paul; Duclos, Jacques et al. (1938): Was müssen wir von unsern Kolonien wissen. Tarnschrift. Darin: Die Frau im Landes des Sozialismus von Nadeshda Krupskaja. S. 19-23. 13. Aufl. Leipzig. Härhold.
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Obitschkin, Gennadi D. (1986): Nadeshda Krupskaja. Eine Biographie. Berlin. Dietz. ISBN 3-320-00399-2.
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Reed, John (1922): Zehn Tage, die die Welt erschütterten. Im Anhang Dokumente und Materialien aus den Oktobertagen des Jahres 1917. 21. Aufl. Berlin. Dietz. 1988. ISBN 3-320-00600-2.
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Reinsch, Gisela (1969): Ein Leben an Lenins Seite. Erinnerungen an N. K. Krupskaja. Aus: Vospominanija o N. K. Krupskoj. Übersetzt von Inge Bandoly und Inge Kuschel. Berlin. Dietz.
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Zetkin, Clara (1957): Erinnerungen an Lenin. Mit einem Anhang aus dem Briefwechsel Clara Zetkins mit W. I. Lenin und N. K. Krupskaja. Köln. Neuer ISP-Verlag. 2000 (Edition 100 bei ISP, 17) ISBN 3-929008-17-3.
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Bildquellen
- Wikipedia
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