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(Eigentlich: Jeanne-Florentine Bourgeois)
geboren am 5. April 1875 in Enghien-les-Bains
gestorben am 5. Januar 1956 in Bougival
französische Schauspielerin, Tänzerin, Varietékünstlerin
65. Todestag am 5. Januar 2021
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Sie galt in der ganzen Welt als die Verkörperung der Pariserin – eine unvergleichliche Mischung aus Dame und „Gassenmädchen“. Tatsächlich holte sich die jugendliche Mistinguett (entstanden aus Miss Tinguette; eig. Jeanne-Florentine Bourgeois) bei ihren Streifzügen durch das Paris des Fin de siècle die besten Anregungen, die sie dann (oft Jahre später) auf der Bühne umsetzte.
Ihre Kindheit und Jugend verbringt Mistinguett in einem Vorort von Paris in ärmlichen Verhältnissen; sie muss früh in Haushalt und Kleinbetrieb mithelfen, was sie verabscheut. Lieber trägt sie Rechnungen aus und treibt Geld ein – dabei kann sie ihr komödiantisches Talent sinnvoll einsetzen. Ihr viel jüngerer Bruder Marcel steht von Anfang an unter ihrem liebevollen Schutz und ihrer unerbittlichen Strenge; ihr ganzes Leben wird sie lieber kommandieren und auf „Ungehorsam“, Widerstand oder Rivalität empfindlich, temperamentvoll und wutentbrannt reagieren. Das bekommen später ihre Liebhaber oder Konkurrentinnen zu spüren.
Schon mit acht Jahren will Mistinguett zum Theater, ein Star werden und reich. Sie begreift bald, dass sie „es sich nicht leisten kann, einfach so ein schönes Geschöpf zu sein“, denn sie ist nicht außergewöhnlich hübsch, hat zu große Zähne und ist knabenhaft schlank. Ihr größtes Kapital sind ihre ausdrucksstarken Augen, ihre berühmten Beine, ihre unglaubliche Energie und Arbeitswut, ihre Leidenschaft für die Bühne und für ihr Publikum.
Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts erhält Mistinguett ihre ersten bescheidenen Engagements; ihre frechen und naiven Lieder unterstreicht sie von Anfang an (mangels tragender Stimme) mit Gesten und Gebärden und fällt so durch Originalität und Spontaneität auf. Es ist die Zeit von Toulouse-Lautrec, der Stars Jane Avril, Yvette Guilbert, der großen Tänzerinnen und Kurtisanen La Belle Otero und Liane de Pougy, die mit Natalie Barney eine Liebesbeziehung hatte und der auch eine kurze Affäre mit Mistinguett nachgesagt wird. In ihren Memoiren schweigt sich Mistinguett darüber aus.
Um die Jahrhundertwende – sie hat sich gerade im „Eldorado“ etabliert – wird sie höchst unpassend schwanger. Ihr Sohn Leopold wächst bei der reichen Familie seines Vaters in Brasilien auf und lernt seine Mutter erst Jahre später kennen. Da ist sie schon der gefeierte Star des Moulin Rouge, der Foliers-Bergère, des Casino de Paris – für mehrere Jahrzehnte „la reine des music halls“.
Ihre Chansons „Mon homme“ oder „C’est vrai“ werden in den Straßen von Paris gesungen. Sie entdeckt und fördert Maurice Chevalier, die große Liebe ihres Lebens – und weigert sich, selbst ihn zu heiraten.
Mistinguett spielt auch bei „ernsthaften“ Theaterproduktionen mit und übernimmt Rollen im Film. Aber ihr eigentliches Metier ist das Varietè: die phantasievollen Kostüme (immer mit Federn), die Lieder, die Tanznummern, die Sketche, nicht zuletzt der Kontakt mit ihrem Publikum. Als sie achtzigjährig in ihrem Haus in Bougival, dem ehemaligen Besitz der Dubarry, nach mehreren Herzattacken stirbt, geht eine Ära zu Ende.
(Text von 1999)
Verfasserin: Adriane von Hoop
Literatur & Quellen
Bret, David. 1991. The Mistinguett Legend. New York. St. Martin's Press.
Coquart, Elizabeth & Philippe Huet. 1996. Mistinguett: La reine des Années folles. Paris. Michel.
Deghelt, Frédérique. 1995. Mistinguett: La valse renversante. Monaco. Editions Sauret.
Pénet, Martin.1995. Mistinguett: La reine du music-hall. Monaco. Editions du Rocher.
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