(Augustine Crescence Heine, geb. Mirat)
geboren am 15. März 1815 in Le Vinot de la Trétoire
gestorben am 17. Februar 1883 in Paris
Lebenspartnerin und Ehefrau von Heinrich Heine
140. Todestag am 17. Februar 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
“Heine ist ein sehr guter Kerl, ein sehr netter Junge, aber was seinen Verstand angeht, ist er nicht sehr helle!” (Henri, c'est un très bon garcon, très bon enfant, mais quant à l'esprit, il n'en a pas beaucoup!” – Mathilde (diesen Namen gab ihr Heine) behauptete lebenslang ihre eigene Welt neben der des berühmten Dichters. Sie liebte Tiere über alles, sammelte Blumen, Früchte, Muscheln und begoß die Beete ihres Gartens, auf dem Kopf den großen braunen Strohhut. Ihr gefiel das Wohlleben im Hier und Jetzt, gutes Essen, schöne Kleider. Sie gab viel Geld für Spitzen und teures Leinen aus. Heine flanierte gern mit seiner bildschönen Frau durch die Pariser Boulevards und über die Promenaden der Badeorte, oder er begleitete sie ins Theater und zum Ball. Eine züchtig-waltende Hausfrau wurde Mathilde nie. Auf Heines Frage, was es zum Mittagessen gäbe, antwortete sie “Hammelbraten”, denn er haßte Hammelbraten und lud sie dann zu Vefour zum Champagner-Essen ein.
Sie hatten sich 1834 in der Panorama-Passage beim Justizpalast kennengelernt, damals als Standort für Prostituierte stadtbekannt. Mit 15 Jahren war das Mädchen von ihrer Mutter - einer verwitweten Bäuerin - zur Tante nach Paris gegeben worden, um in deren Schuhgeschäft zu arbeiten. Eine Grisette, wie viele junge Arbeiterinnen damals, ohne Bildung und Ausbildung. Die illegitime Tochter eines schönen, reichen besseren Herrn, der sich nie um sie gekümmert hatte, war wohl mit ihrem ungezügelten Temperament (Heines “Hausvesuv”) auch nicht zum Kühehüten geeignet. Heines Entscheidung für Mathilde war eine bewußte - ähnlich wie Goethes Entscheidung für Christiane. Zunächst floh er auf das Schloß der befreundeten Fürstin Belgiojoso, um dort in einem Kreis geistreicher und harmonischer Geselligkeit zur Ruhe zu kommen. Dann jedoch kehrte er überstürzt nach Paris zurück, Blumen im Arm und mit einem Drosselpaar für Mathilde, um 20 Jahre bei ihr zu bleiben: “Das verflucht geliebte Weib”, sein “süßes, dickes Kind”, sein “brébis” (Schaf).
Mathilde blieb lebenslang gegen Heines Erziehungs- und Bildungsversuche resistent. Sie langweilte sich entsetzlich im Pensionat der Mme Dorte und lernte nur zwei deutsche Sätze “Nehmen Sie Platz” und “Das ist meine Frau”. Die Reihe der ägyptischen Könige aber konnte sie besser aufzählen als er, denn die hatten sie interessiert. Eifersüchtig waren sie immer aufeinander: Er z.B.auf ihren Papagei Cocotte, den er mit Rattengift umbrachte, um ihr sofort einen neuen zu kaufen. Sie z.B. auf die Tänzerin Frisette, mit der sie ihn im Theater überraschte. Zwei Monate sprach sie nicht mit ihm. Freunde mußten vermitteln. Vor seinem Duell 1841 heiratete Heine Mathilde, um sie finanziell abzusichern. Bis zum Ende seines Lebens blieb eine sichere Rente für sie seine größte Sorge: “Laßt meine Frau nicht notleiden!” (Briefe an Verleger und Familie). Mathilde zuliebe heiratete Heine nach katholischem Ritus und ließ sich im katholischen Teil des Friedhofs Montmartre begraben, damit sie einst neben ihm liegen würde. Nie rührte er an ihre Frömmigkeit, wenn sie zwischen ihren Papageien vor dem Kruzifix kniete und betete. Noch in seiner “Matratzengruft” spielte ein freundliches Lächeln über sein Gesicht und er hielt im Gespräch inne, wenn er die hohe kindliche Stimme und das helle Lachen seiner Frau im Nebenzimmer hörte. In einer Nacht, in der er unter furchtbaren Krämpfen zu sterben drohte, schluchzte sie: “Nein, Henri, du wirst mir das nicht antun, du wirst nicht sterben! Du wirst Mitleid mit mir haben. Diesen Morgen habe ich schon meinen Papagei verloren; wenn du auch stürbest, ich wäre zu unglücklich.”
Mathilde duldete die Besuche der Mouche (Elise Krinitz, Heines letzte Liebe) und ging ihr stumm aus dem Weg. Elise dankte es Mathilde nicht und schrieb später mit allen gängigen Vorurteilen über sie. 1843 war Pauline Rouge Mathildes Gesellschafterin geworden, eine treue Freundin, die bis zu Mathildes Tod mit ihr zusammen lebte. Mit Mathilde lebten nun 60 Papageien und vier große weiße Bologneser Hunde. Sie sammelte die Schnecken am Weg, damit sie niemand zertrat. Mathilde starb 27 Jahre nach Heine an einem Schlaganfall, den Berichten nach an seinem Todestag in seinem großen Lehnstuhl.
(Text von 2007)
Verfasserin: Birgit Rühe-Freist
Literatur & Quellen
Heine, Heinrich. 1978. Shakespeares Mädchen und Frauen. Frankfurt a.M. Insel.
Heine, Heinrich. 1972. Werke und Briefe. Hg. Hans Kaufmann. Berlin. Aufbau.
Marcuse, Ludwig. 1990. Heinrich Heine mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Hamburg. Rowohlt.
Victor, Walter. 1948. Mathilde. Ein Leben um Heinrich Heine. Axel Springer.
Ziegler, Edda. 2005. Heinrich Heine. Der Dichter und die Frauen. Frankfurt a. M. Insel.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.