(Mary I, Queen of England; Maria I. Tudor; »Bloody Mary«, Maria die Katholische; Maria die Blutige)
geboren am 18. Februar 1516 in Greenwich
gestorben am 17. November 1558 in London
englische Königin, »Bloody Mary«
465. Todestag am 17. November 2023
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Queen Mary, die erste regierende Königin der englischen Geschichte, blieb nach ihrem Tod 450 Jahre lang als »Bloody Mary« verschrien, jene »fanatische Katholikin«, die fast 300 ProtestantInnen wegen Ketzerei verbrennen ließ. Gewährsmann für diese Sicht der Dinge ist ihr Zeitgenosse und Erzfeind, der Historiker John Foxe (1516-1587). Aber ihr Leben lässt sich auch anders erzählen und bewerten. Die Historikerin Anna Whitelock betont in ihrer Biographie Mary Tudor: Princess, Bastard, Queen (2009), dass Mary ihrem Glauben und ihrer schuldlos verfemten Mutter Katharina von Aragon treu anhing und dafür viel Leid auf sich nahm. Wiederholt habe sie unerhörten Mut bewiesen. Trotz wiederholter Versuche, ihr das Leben und das Recht auf den Thron zu rauben, habe die wehrhafte Prinzessin schließlich gesiegt und sei zu jener mächtigen Königin und Pionierin geworden, die die englische Monarchie im Sinne weiblicher Ebenbürtigkeit neu definierte.
Nach einer Kindheit, in der Mary sorgfältig erzogen und allseits geehrt wurde, verstieß der eigene Vater, Henry VIII., sie plötzlich als »Bastard«, weil er sich in Anne Boleyn, die Hofdame ihrer Mutter, verliebt hatte und sich von ihr den ersehnten männlichen Erben erhoffte. Henry erklärte seine nach katholischer Auffassung unauflösliche Ehe mithilfe spitzfindiger Theologen für ungültig. Als der Papst widersprach, sagte Henry sich von Rom los und ernannte sich selbst zum Oberhaupt der englischen Kirche. Mary verbot er den Umgang mit ihrer geliebten Mutter von 1531 bis zu deren Tod 1536. Diese Grausamkeit machte Mary rebellisch.
Auch Anne Boleyn gebar »nur« ein Mädchen (die spätere Queen Elizabeth I) und wurde 1536 wegen angeblicher Untreue geköpft. 1547 starb Henry VIII. Der neue König, Edward VI, Marys und Elizabeths Bruder aus Henrys dritter Ehe, war erst neun Jahre alt. Sein Kronrat beeilte sich, »Henrys Willen zu vollenden« und die Reformation fortzuführen. Mary war dies alles zuwider. Wer zu ihrem Hofstaat gehörte, hatte streng katholisch zu leben. Sie besuchte 3-4mal am Tag die Messe.
Es folgten für Mary sechs Jahre zähen Kampfes um freie Religionsausübung. Irgendwann wurde es für sie so brenzlig, dass sie Fluchtpläne fasste. Dabei sollte ihr ihr mächtiger Vetter, Kaiser Karl V. beistehen. Der war überhaupt ein wichtiger Garant ihrer Sicherheit, auch in Glaubenssachen, denn er verteidigte ebenfalls den Katholizismus gegen die Reformation. Mary ließ schließlich von ihren Fluchtplänen ab und beschloss, für den Katholizismus und ihre Thronfolge zu kämpfen, sollte ihr Bruder Edward sterben. Sie war die Zweite in der von Henry kurz vor seinem Tod festgesetzten Thronfolge.
Als nach Edwards Tod Anfang 1553 gemäß seinem Willen Jane Grey, die 16jährige Großnichte Henrys, Königin werden sollte, erhob sich das Volk und schlug sich auf die Seite Marys. »Ihr Triumph war eines der überraschendsten Ereignisse des 16. Jahrhunderts« (Whitelock). Im Oktober 1553 wird Mary zur Königin gekrönt und beginnt mit der Wiederherstellung des Katholizismus als Staatsreligion. Oberhaupt der Kirche ist der Papst. Priester dürfen nicht mehr heiraten, die Messe wird auf Latein gelesen, Wertgegenstände sind an die Kirche zurückzugeben, Ketzer werden verbrannt. Obwohl eigentlich von sanftem und gütigem Wesen, konnte Mary, die selbst bereit war, für ihren Glauben zu sterben, Milde gegen Ketzer nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren.
Marys Berater plädieren für eine rasche Heirat, damit sie, die bereits 37 Jahre alt ist, noch einen Erben produzieren kann, der den Katholizismus in England sichert. Karl V. schlägt seinen Sohn Philipp (ab 1556 Philipp II. von Spanien) als Gemahl vor. Frankreich sieht diese Entwicklung mit Sorge, fühlt sich von Umklammerung bedroht. Auch der englische Adel protestiert gegen die Ehe mit dem Spanier. Sie soll lieber einen aus ihren Reihen heiraten. Aber Mary hat aus gutem Grund mehr Vertrauen zu ihrer spanischen Verwandtschaft als zu ihren eigenen Landsleuten.
Am 25. Juli 1554 heiratet Mary Philipp unter großem Pomp. Schon im September verkündet einer ihrer Ärzte, sie sei schwanger; es werden Vorbereitungen für die Ankunft des heiß ersehnten Thronfolgers und Garanten der katholischen Restauration getroffen. Als Tag der Geburt hat man den 9. Mai 1555 errechnet, aber die Geburt lässt auf sich warten. Mary lässt sich in der Öffentlichkeit nicht mehr blicken. Allmählich ist Gewissheit, was lange nur gemunkelt wurde: Es war nur eine Scheinschwangerschaft.
Philipp reist zurück nach Flandern. Er kehrt erst zwei Jahre später zurück, um Unterstützung gegen Frankreich zu erbitten. Mary, glücklich, ihren Gatten endlich wiederzuhaben, erfüllt ihm seinen Wunsch gegen den Willen ihres Volkes und sogar des Papstes. Wieder glaubt Mary bald fest an eine Schwangerschaft, wieder wird sie enttäuscht – und erholt sich nicht mehr. Am 17. November 1558 stirbt sie mit 42 Jahren. Der Konflikt zwischen dem alten und dem neuen Glauben wird auch ihre Schwester und Thronfolgerin, Elizabeth I., nachhaltig beschäftigen, nicht zuletzt in der Gestalt jener anderen Mary - ihrer katholischen Thronrivalin Mary Stuart.
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
Marys Beziehung zu ihrer Mutter ist der Schlüssel für alles. (Anna Whitelock)
Meine Schwester hat durch die Heirat mit Euch die Gunst ihres Volkes verspielt – glaubt ihr, ich werde denselben Fehler machen? (Elizabeth I zu Philipp II nach seinem Heiratsantrag)
Links
The Letters of Queen Elizabeth. To Princess Mary.
Online verfügbar unter http://www.luminarium.org/renlit/elizlet3.htm, zuletzt geprüft am 13.02.2021.
The Letters of Queen Elizabeth. To Queen Mary. 1554.
Online verfügbar unter http://www.luminarium.org/renlit/elizlet4.htm, zuletzt geprüft am 13.02.2021.
englishhistory.net: Queen Mary I - Facts, Information, Biography & Portraits.
Online verfügbar unter http://englishhistory.net/tudor/monarchs/queen-mary-1/, zuletzt geprüft am 13.02.2021.
Vogt-Luerssen, Maike: Maria Tudor (1516-1558) – Die ewige Suche nach Liebe. kleio.org.
Online verfügbar unter http://www.kleio.org/de/geschichte/renaissance/frauen/m_tudor/, zuletzt geprüft am 13.02.2021.
Wikipedia: Maria I. (England). Als exzellent ausgewiesener umfangreicher Eintrag.
Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Maria_I._(England), zuletzt geprüft am 13.02.2021.
Literatur & Quellen
Quellen
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