Biographien Marie von Felseneck
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(eigentlich: Maria Luise Mancke. Weitere Pseudonyme: William Forster, M. Weißenburg, Erich von Nordeck )
geboren am 29. November 1847 in Leipzig
gestorben am 29. August 1926 in Berlin
deutsche Jugendschriftstellerin
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Wer sich mit der Geschichte des Jugendbuches, enger der Literatur für Mädchen – auch aus einfacheren gesellschaftlichen Schichten – auseinandersetzt, kommt an den Backfisch-Romanen und Erzählungen der Marie von Felseneck nicht vorbei. Bildung und soziale Erziehung für Kinder aus bäuerlichen und Arbeiterfamilien sowie dem niederen Bürgertum der Städte geht bis ins frühe 20. Jahrhundert über Grundfertigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen sowie religiöse Unterweisung nicht hinaus. Hier liefert diese neue Erzählgattung systemerhaltenden Bildungsersatz, Mädchen werden unterhaltsam-kindgerecht auf häuslich-familiäre Fähigkeiten und Tugenden vorbereitet. Maria Luise Mancke, die unter diversen Pseudonymen – vor allem Marie von Felseneck – schreibt, ist mit über 70 Veröffentlichungen, darunter 50 Romane für Mädchen und mehrere für junge Frauen, eine der produktivsten Autorinnen von Mädchen-Literatur in der Kaiserzeit und Weimarer Republik. Hier wird eine ganze Generation von Mädchen, die späteren Frauen der Weimarer Republik und der Nazi-Zeit sowie bis in die Bonner Republik hinein von der sog. Backfisch- und Trotzkopf-Literatur geprägt. Noch heute werden einzelne dieser Mädchen-Bücher, zum Teil in etwas modernisierten Versionen, nachgedruckt.
Marias Vater ist Oberstabsarzt in Leipzig, und die literatur- und kulturinteressierten Eltern pflegen engen Umgang mit der Leipziger Künstlerszene. Maria Luise besucht die Bürgerschule in Leipzig und hat durch die gute Schulbildung und das Elternhaus profunde Kenntnisse in diversen, überwiegend historischen Fächern. Sie liest viel und beginnt in Dresden, wohin die Familie umzieht, mit ersten kulturhistorischen Essays in unterschiedlichen Zeitungen. In dieser Zeit erscheinen auch ihre ersten drei Jugendbücher, das erste unter Maria Mancke und die nächsten unter dem Pseudonym William Forster, das sie auch für Herausgabe von „Die schönsten Sagen und Märchen der Inseln Usedom und Wollin“ nutzt, 1895 in Swinemünde veröffentlicht. Noch in Dresden beginnt auch ihr verbandspolitisches Engagement für die Selbstbestimmung der Frauen mit der Gründung einer Ortsgruppe des „Allgemeinen Deutschen Frauenvereins“ sowie der Mitarbeit im Vorstand des 1893 gegründeten „Vereins zur Reform der Litteratur für die Weibliche Jugend“, 1897 erweiternd umbenannt in „Verein zur Reform der Jugendliteratur“.
1896 siedelt Maria Mancke nach Berlin über, weitet ihre Romanproduktion und ihr frauenpolitisches Engagement aus. Sie wählt für ihre Mädchenromane und auch für manche andere erzählerische Publikation das Pseudonym Marie von Felseneck, das zu ihrem Markenzeichen wird.
Auch im Zusammenschluss zum „Deutschen Schriftsteller-Verband“ 1887 in Dresden sind wie in den zuvor im Deutschen Reich bestehenden Schriftstellerverbänden Frauen nicht zugelassen! Um auch den schreibenden Frauen eine Interessenvertretung zu ermöglichen, gründet ein Kreis von Schriftstellerinnen um Maria Wernicke 1896 in Berlin den „Deutschen Schriftstellerinnenbund“, in dem die Mitgründerin Maria Luise Mancke im Vorstand sitzt.
Durch ihr Verbandswirken für die Rechte der Frauen auf eigene Berufstätigkeit und Wahlrecht, ihre permanente Veröffentlichung neuer Romane, zumeist für Mädchen, verbunden mit einer kaisertreuen, die Monarchie und die Rechte der Kirche stützenden Grundhaltung ist sie eine allseits anerkannte Stimme in der Kaiserzeit. Dies setzt sich, etwas vermindert durch ihr Alter und die nachlassende Schaffenskraft nach dem ersten Weltkrieg, weiterhin in konservativer Ausrichtung, fort.
Neben der idealisierten Pseudo-Alltagswirklichkeit von Jugendlichen werden auch historische Vorbilder gerne von Maria Luise Mancke als Identifikationsobjekte angeboten. „Königin Luise. – Ein Lebens-Bild nach authentischen Quellen bearbeitet. Der deutschen Jugend gewidmet von Marie von Felseneck“ – erscheint 1897 in ihrem Berliner Hausverlag A. Weichert, und der eiserne Kanzler „Fürst Bismarck“ wird 1899 in einem Porträt als Vorbild für die Jugend vorgestellt, in dem er sich unter anderem schon als Bub auf dem Schulhof bei Schneeball-Schlachten im Kampf bewährt.
Eine Besonderheit auch ihrer frauenpolitischen Bestrebungen ist ihr „Die Schriftstellerin: Forderungen, Leistungen, Aussichten in diesem Berufe“, das als 14. Veröffentlichung in der Reihe „Frauen-Berufe“ 1899 bei Kampe in Leipzig erscheint. In der Einteilung der Schriftstellerinnen in 1. Schriftstellerin (Roman, Drama, Lyrik), 2. Journalistin, 3. Redaktrice und 4. Übersetzerin, mit den jeweiligen Besonderheiten der Unterarten gibt sie den schreibenden jungen Frauen eine gute Orientierung für die in dieser Zeit ungewöhnliche Berufswahl.
Über die Jugendschriftstellerin, bei ihr eine Nebenform der Romanschriftstellerin, heißt es in ihrem Buch der Berufsberatung für angehende Schriftstellerinnen: „Die Jugend soll eine gesunde Lesekost erhalten, die sich fern hält von den überschwänglichen Gefühlsduseleien und Unmöglichkeiten, in denen sich viele Jugendschriftstellerinnen gefallen und verlieren. Ihr Zweck, erziehlich und bildend auf Herz und Gemüt der heranwachsenden Jugend einzuwirken, wird sonst hinfällig.“ Das ist auch die Ausrichtung ihrer eigenen Intentionen als Jugendschriftstellerin.
(Text von 2024 aus dem Buch “...immer Luise” von Siegfried Carl; mit freundlicher Genehmigung des Verfassers).
Literatur & Quellen
Budke, Petra & Jutta Schulze. 1995. Schriftstellerinnen in Berlin 1871 bis 1945: Ein Lexikon zu Leben und Werk. Berlin. Orlanda.
Guddat, Sarah und Sabine Hastedt. Hg. Geschlechterbilder im Wandel? Das Werk deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1894 - 1945. Peter Lang Verlag. Frankfurt a. M.
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