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(geb. Marie Karoline Elisabeth Luise Scheele)
geboren am 10. März 1817 in Magdeburg
getsorben am 22. Dezember 1857 in Neinstedt
deutsche Erzählerin, Lyrikerin, Komponistin und Wohltäterin
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Bekannt ist Marie Nathusius bis heute durch die „Neinstedter Anstalten“ – Evangelische Stiftung Neinstedt –, die aus dem vor ihr mit ihrem Mann Philipp 1850 gegründeten und geleiteten Knabenrettungs- und Brüderhaus in Neinstedt hervorgegangen sind. Hier soll an ihr literarisches Schaffen als Lyrikerin, vor allem von Kinderliedern und Naturgedichten, und als Roman- bzw. Novellenautorin von tief religiös fundierten, pietistisch geprägten Dorfgeschichten erinnert werden. Spannend auch ihre Kompositionen geistlicher und weltlicher Lieder, eigener Lyrik sowie Vertonungen von Novalis, Emanuel Geibel, und mehr noch, Klavierbegleitungen zu Kinderliedern Heinrich Hoffmann von Fallerslebens, dem engen Freund der Familie.
Ihr Elternhaus, das Pfarrhaus von Colbe an der Saale, bietet neben der dürftigen Schulbildung beim Vikar Anregung durch die christlichen Bücher des Vaters Friedrich August Scheele, durch Räuber- und Ritterromane, die der Bruder aus der Bibliothek leiht, und etwas Privatunterricht in Haushaltsführung, Kunst und Literatur. Die Heirat mit Philipp Engelhardt Nathusius bringt 1841 eine große Wende. Der Schriftsteller – er hat bereits zwei Gedichtbände und eine kirchenpolitische Schrift veröffentlicht – musste sechs Jahre zuvor, erst 20jährig, von seinem Vater die ausgedehnten Unternehmungen mit einem Gutshof, Tabakproduktion, Porzellan- und Steingut-Manufaktur in und um das ehemalige Kloster Althaldensleben übernehmen. Zwischen frühindustriellem Unternehmertum und konservativ-protestantischer Sozialethik schwankend, eröffnet er mit seiner Frau auf dem Gutshof 1845 eine Kinderbewahranstalt. Ende der 1840er übergibt er die wirtschaftlichen Aktivitäten dem Bruder. Johann Hinrich Wicherns „Rauhes Haus“ in Hamburg ist Vorbild, Gut Neinstedt bei Quedlinburg zu kaufen, und 1850 dort ein Rettungshaus für Jungen, eine Ausbildungsstätte für Diakone und ein Heim für geistig Behinderte zu errichten, ein Zentrum der inneren Mission. 1849 übernimmt er die Redaktion des christlich-konservativen „Volksblatts für Stadt und Land zur Belehrung und Unterhaltung“, wird Herausgeber und Verleger.
Marie Nathusius führt den Haushalt, erzieht die sechs Kinder, bringt sich voll in die karitative Arbeit ein – die Familie lebt im gleichen Haus mit den ihnen Anvertrauten – und sie beginnt mit dem Schreiben ihrer Erzählungen, Romane und Novellen, die fast alle vor der Buchveröffentlichung im Volksblatt ihres Mannes in Fortsetzung erscheinen. Nebenbei komponiert sie, besonders gerne Klaviersätze für den Familien- und Kinderfreund Heinrich Hoffmann von Fallersleben und seine wundervollen Kinderlieder. Sie wird zu einer der vielgelesenen Autorinnen von Frauenliteratur ihrer Zeit, neben Eugenie Marlitt und Ottilie Wildermuth; heute ist sie fast ganz vergessen. Viel zu jung stirbt sie mit 40 Jahren in Neinburg.
(Text von 2024 aus dem Buch “...immer Luise” von Siegfried Carl; mit freundlicher Genehmigung des Verfassers).
Literatur & Quellen
Brinker-Gabler, Gisela, Karola Ludwig & Angela Wöffen. 1986. Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800-1945. München. dtv TB 3282.
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