Biographien Marie Clémence de Grandval
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(Marie Félicie Clémence de Reiset, Vicomtesse de Grandval)
geboren am 21. Januar 1828 oder 1830 in Saint-Rémy des Monts (Sarthe), Frankreich
gestorben am 15. Januar 1907 in Paris, Frankreich
französische Sängerin, Pianistin, Komponistin und Librettistin
115. Todestag am 15. Januar 2022
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
1830 wurde auf Schloss Cour de Bois nahe dem Örtchen Saint-Remy des Monts ein kleines Mädchen mit dem Namen Marie Félicie Clémence de Reiset geboren.
Sie hatte Glück, die Familie war gut situiert, ihre Mutter Schriftstellerin und der Vater ein hochrangiger Militär.
Ab dem sechsten Geburtstag erhielt Marie Klavierunterricht von Frédéric Chopin und außerdem Unterricht in Gesang und Komposition. Auch da sind große Namen im Spiel, denn ihr Kompositionslehrer war niemand anderes als Friedrich von Flotow; und sie nahm Gesangsstunden bei Laure Cynthie Damoreau, der Primadonna Rossinis und Aubers.
Bald trat Clémence, wie sie lieber genannt werden wollte, mit eigenen Kompositionen an die Öffentlichkeit und errang mit der Darbietung ihres Liedes La Source (Die Quelle) die Aufmerksamkeit des jungen Saint-Saëns. Weniger die Singstimme schlug ihn in ihren Bann, als vielmehr ihr »ruhiges, fließendes, reines Spiel ohne unnötige Nuancen […], das sie vermutlich von Chopin erlernt hatte«.
Sie etablierte sich schnell in der Pariser Musikszene, und sowohl ihre Interpretation als auch ihre Kompositionen wurden hoch gelobt.
Da die junge Frau kein Musikstudium abgeschlossen hatte, galt sie in jeder Hinsicht als Laiin. Doch so mancher Kollege rühmte gerade ihre »von schulischer Pedanterie unverdorbene Kompositionsweise«. Hector Berlioz lobte sie nicht nur in den höchsten Tönen, sondern unterstützte auch anfallende Uraufführungen. Ein denkwürdiges Konzert muss das am 25. Februar 1851 gewesen sein, als Berlioz das Orchester der Grande société philharmonique de Paris dirigierte. Auf dem Programm standen neben neuen Kompositionen von Clémence die ersten vier Teile seiner eigenen Symphonie dramatique, Roméo et Juliette und mehrere Arien, gesungen von Pauline Viardot.
Ebenfalls 1851 heiratete Clémence. Der Auserwählte war Charles Grégoire Amedée Amable Enlard Vicomte de Grandval, mit dem sie in den nächsten Jahren zwei Töchter bekam. Trotz ihres bereits beträchtlichen Erfolges nahm sie ein Kompositionsstudium bei Camille Saint-Saëns auf und wird in den Folgejahren, nun unter ihrem Ehenamen Clémence de Grandval, zu einer der erfolgreichsten KomponistInnen Frankreichs. Außerdem führt sie einen Salon, über den immer wieder in den entsprechenden Zeitschriften und Journalen berichtet werden wird.
Obwohl ihr sehr vielseitiges und umfangreiches Werk nahezu alle Besetzungen umfasst, wird sie zwischen 1860 und 1892 vor allem für ihre Bühnenwerke gefeiert, und ab den 1890er Jahren stand außerdem das Lied-Schaffen im Vordergrund. Für ihr Oratorium La Fille de Jaïre erhielt sie schließlich 1879 den Prix Rossini, der von der Académie des Beaux-Arts gerade neu ins Leben gerufen worden war.
Ihr vermutlich größter Erfolg mit der höchsten Anzahl an Aufführungen im Laufe der Zeit dürfte das Stabat mater aus dem Jahre 1871 sein.
Ab diesem Jahr engagierte sich Clémence de Grandval auch intensiv in der neugegründeten Société nationale de musique als Komponistin, Sängerin und Pianistin und wurde vier Jahre später in die Société des Compositeurs aufgenommen. In diesem Zeitraum entstand auch ihre fünfsätzige Suite für Flöte und Klavier, deren Uraufführung von Paul Taffanel gespielt wurde und dem das Werk gewidmet ist. Taffanel war zu dieser Zeit einer der berühmtesten Flötisten Frankreichs. Wie schade, dass man nichts über die Entstehungsgeschichte des Werkes weiß.
Auch ihr selbst sind eine große Anzahl Werke gewidmet, was darauf hindeutet, dass sie junge KomponistInnen förderte. Leider ist der Forschungsstand zu Leben und Werk der Künstlerin sehr dürftig, so wie das bei vielen ehemals berühmten Komponistinnen der Fall ist. Clémence gehört jedoch zu den wenigen, die zumindest in Joseph-François Fétis’ Biographie universelle des musiciens aufgeführt wird.
1892 erschien ihre letzte Oper Mazeppa, danach noch einige Lieder und Mélodies.
Die Künstlerin blieb im französischen Musikleben präsent, zog sich jedoch langsam vom Konzertpodium zurück. Im November 1907 stirbt Marie Clémence de Grandval einige Tage vor ihrem 77. oder 79. Geburtstag in Paris.
(Text von 2021)
Verfasserin: Anja Weinberger
Links
Müller, Verena (2022): Grandval, Marie Félicie Clémence de Reiset, Vicomtesse de. Hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York 2016ff., zuerst veröffentlicht 2002, online veröffentlicht 2016. MGG Online.
Online verfügbar unter https://www.mgg-online.com/mgg/stable/25369, zuletzt geprüft am 25.04.2022.
Wenzel, Silke (2022): Artikel ›Marie de Grandval‹. In: MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Präsentationen, hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule für Musik und Theater Hamburg, 2003ff. Stand vom 26.07.2011.
Umfangreichste, informative Seite zu Grandval mit allen weiterführenden Hinweisen.
Online verfügbar unter https://mugi.hfmt-hamburg.de/receive/mugi_person_00000306, zuletzt geprüft am 25.04.2022.
Literatur & Quellen
Adorján, András und Meierott, Lenz (Hg.) (2009): Lexikon der Flöte. Flöteninstrumente und ihre Baugeschichte, Spielpraxis, Komponisten und ihre Werke, Interpreten ; mit 823 Stichwörtern. Laaber. Laaber. (Instrumenten-Lexika, 3) ISBN 9783890075457.
(Suche in Almuts Buchhandlung | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Launay, Florence (2006): Les compositrices en France au XIXe siècle. Paris. Fayard. ISBN 9782213624587.
(Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Weitere Frauenbiografien der Autorin finden Sie in diesem Buch:
Weinberger, Anja (2023): Frauengeschichten: Kulturgeschichten aus Kunst und Musik. 1. Auflage. Grieskirchen. Der Leiermann. ISBN 978-3-903388-41-3.
(Zum Buch)
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