Biographien Marie-Claire Alain
geboren am 10. August 1926 in St.-Germain-en-Laye
gestorben am 26. Februar 2013 in Le Pecq bei Paris
französische Organistin und Musikwissenschaftlerin
10. Todestag am 26. Februar 2023
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Ich komme aus einer musikalischen Familie, wir haben praktisch jeden Abend Bach gespielt, auf der Orgel, Kantaten gesungen – Bach war bei uns fast eine Familienkrankheit.
Marie-Claire Alain, die “Königin der Orgel”, wie sie gern genannt wird, Empfängerin zahlloser Ehrungen und Schallplattenpreise, wurde 1926 in St.-Germain-en-Laye, einem Vorort westlich von Paris, geboren. Dort versieht sie bis heute jeden Sonntag bei den zwei Messen ihren Dienst als Organistin - zeitlich nicht einfach, weil sie doch “gerade sonntags das Frühstück machen und sich um die Enkelkinder kümmern möchte”.
Die Familie Alain ist eine MusikerInnen-Dynastie. Marie-Claires Großmutter war eine bekannte Pianistin. Der Vater, Albert Alain, wirkte über 60 Jahre lang als Organist an der Kirche St.-Germain-en-Laye. Die beiden Brüder, Jehan und Olivier, wurden Organisten und Komponisten wie der Vater. Jehan (1911-1940) – als Komponist wohl der begabteste der drei Männer - starb im zweiten Weltkrieg mit 29 Jahren. Seine kleine Schwester Marie-Claire, der er so viel auf der -vom Vater selbst gebauten - Orgel im Hause Alain beigebracht hatte, war bei seinem Tod gerade 13 Jahre alt und sollte sich konzertierend in der ganzen Welt für sein Werk einsetzen, ähnlich wie es Clara Schumann für Robert tat.
Marie-Claire Alain hat über 260 Schallplatten/CDs aufgenommen, darunter die berühmten Gesamtaufnahmen der Orgelwerke von Bach, Buxtehude, Bruhns, Böhm, Couperin, Grigny, Daquin, Pachelbel, Mendelssohn, César Franck und Jehan Alain.
Sie hat in aller Welt über 2500 Konzerte gegeben; im Sommer 2005 gab die fast 79jährige anläßlich des 300. Todestags der Königin Sophie Charlotte von Preußen ein Konzert in Sanssoucci. Die Kritik rühmt übereinstimmend die Durchsichtigkeit und “clarté” ihres Spiels, ihre fabelhafte Kunst der Registrierung, ihre Musikalität und leidenschaftliche Intensität. “Alte” Musik wird unter ihren Händen quicklebendig, und neue Musik, etwa die Litanies oder Deuils ihres Bruders Jehan, läßt sie aufschreien bis zur Schmerzgrenze. Es sind dies Totenklagen für die Schwester Odile, die 1937 mit 23 in den Bergen starb bei dem Versuch, ihren kleinen Bruder Olivier zu retten. Da war Marie-Claire erst elf, und drei Jahre später verlor sie auch Jehan.
Bachs Orgelwerk nahm Marie-Claire Alain gleich dreimal auf, in den 1960er, dann wieder in den 1970er Jahren; die jüngste Aufnahme stammt aus diesem Jahrhundert (2002-3). Alain über die ersten beiden Zyklen:
Nie höre ich sie mir an! Nur wenn ich muß – ich hasse sie nicht, aber es gibt doch vieles, was ich nicht mehr so machen würde. Meine erste Gesamtaufnahme war mehr instinktiv, die zweite schon sehr viel bewußter, und die letzte profitiert von einem langen Leben musikalischer Arbeit und Forschung.
(Text von 2005)
Nachtrag: Marie-Claire Alain starb 86-jährig am 26. Februar 2013 in Le Pecq bei Paris.
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
Man muß den ganzen Bach kennen, dann findet man Ausdruckskonstanten in seinem Werk. Leiden z.B. drückt er durch Chromatik aus, oder durch Notenwiederholungen, Freude durch Triller. Weihnachten mit einer absteigenden Linie – der Abstieg Christi zur Erde. Die Passion mit musikalischen Figuren in Kreuzform. Es gibt da einen ganzen religiösen Zahlensymbolismus. Zahlensymbolik war weit verbreitet zu Bachs Zeit, man findet sie bei Schütz und Scheidt, aber bei Bach ist es viel ausgeprägter als bei seinen Zeitgenossen. (Marie-Claire Alain)
Links
Interview mit Marie-Claire Alain
Literatur & Quellen
Marie-Claire Alain. Paris. Association des Amis de l'orgue. 1996.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.