(Marianne Brandt, geb. Liebe)
geboren am 1. Oktober 1893 in Chemnitz
gestorben am 18. Juni 1983 in Kirchberg/Sachsen
deutsche Designerin
130. Geburtstag am 1. Oktober 2023
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Marianne Brandt war vielseitig künstlerisch tätig. Während des Ersten Weltkriegs studierte sie zunächst Malerei in Weimar. Sie erlebte den Zusammenbruch des Kaiserreichs, den Werteverfall und die Inflation, im künstlerischen Bereich die Zeit des Expressionismus.
Die 1920er Jahre waren für sie dann eine Zeit des Aufbruchs. Für junge Frauen öffneten sich neue Berufsfelder, und Marianne Brandt ergriff diese Chance. Sie vernichtete den größten Teil ihrer früheren Bilder und begann 1924 ein weiteres Studium am Weimarer Bauhaus. Ihre Fächer waren Werk- und Materiallehre und Gestaltung, ihre Lehrmeister Albers, Moholy-Nagy, Klee und Kandinsky. Sie arbeitete in der Silberschmiedewerkstatt und wurde dann stellvertretende Leiterin der Metallwerkstatt. Unter Verwendung der Grundformen Kugel, Zylinder und Würfel entwickelte sie Modellentwürfe für alle Arten der Raumbeleuchtung und neue Formen für Tee- und Kaffeeservice, die später in Serie produziert wurden.
Daneben entdeckte sie die Fotografie für sich und experimentierte mit dem neuen Medium, mit Verzerrungen, Licht und Schatten und ungewöhnlichen Perspektiven. Angeregt durch eine Parisreise verarbeitete sie die Großstadteindrücke in Collagen, die aber, anders als bei Hannah Höch zum Beispiel, keine satirischen Anklänge oder politische Stellungnahmen enthielten.
1929 arbeitete sie im Bau-Atelier von Gropius in Berlin an Entwürfen für Inneneinrichtungen und Möbel und ging im selben Jahr als Leiterin der Entwurfsabteilung zur Metallwarenfabrik Ruppelwerke nach Gotha. Ihre Aufgabe dort war die Gesamterneuerung des Programms, doch 1933 wurde sie entlassen. Es folgte eine lange Zeit der Arbeitslosigkeit und zunehmender Vereinsamung. Alle früheren Bauhaus-Dozenten verließen Deutschland. Moholy-Nagy, der ihre Entwürfe sehr schätzte, versuchte vergeblich, ihr in England Arbeit zu verschaffen, denn als Bauhäuslerin mit norwegischer Staatsbürgerschaft (ihr geschiedener Mann war Norweger) erhielt sie in Deutschland keine Aufträge mehr. Sie lebt in dieser Zeit wieder in Chemnitz bei den Eltern und hält sich mühselig mit kleinen Privataufträgen über Wasser, beginnt wieder zu malen und darf gelegentlich einige Bilder ausstellen.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erhält sie wieder eine Dozentur an der Dresdner Hochschule für Werkkunst und später an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee (DDR). Nach einer Arbeitsreise nach China geht sie aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand und stirbt hochbetagt 1983 in einem Pflegeheim. Die großen politischen Umbrüche bestimmten ihr tragisches Leben.
Verfasserin: Renate Rochner
Zitate
Marianne Brandt, die in vielen Ländern mit Namen und Werk ein Begriff ist, erfuhr in der DDR und besonders in Chemnitz nie eine Würdigung ihrer Leistungen. Sie hat fast drei Jahrzehnte bis zum Ende ihres Lebens in Chemnitz oder in deren Umgebung gelebt. Ihre großen Leistungen erfahren keinerlei Anerkennung. Chemnitz besitzt kein Werk aus ihrer erfolgreichen Bauhauszeit. Zahlreich vorhandene Arbeiten der späteren Jahre bleiben im Fundus der Institutionen. Sogar zum 100. Geburtstag von Marianne Brandt war in regionalen Zeitungen keine Ehrung zu finden, ganz zu schweigen von der notwendigen Würdigung durch eine Ausstellung. Den Bürgern der Stadt, selbst Kunst- und Kulturinteressierte nicht ausgeschlossen, ist der Name Marianne Brandt unbekannt. (Dr. Anne-Kathrin Weise, aus der Einleitung zur Dissertation über Marianne Brandt)
Links
Große Chemnitzer – Marianne Brandt.
Online verfügbar unter http://www.grosse-chemnitzer.de/grosse-chemnitzer/marianne-brandt, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Internationaler Marianne Brandt Wettbewerb.
Online verfügbar unter http://marianne-brandt-wettbewerb.de/de/home.html, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Marianne Brandt Gesellschaft. Aktuell im Umbau, 24.05.2023.
Online verfügbar unter http://www.mariannebrandt-gesellschaft.de/, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Marianne Brandt Haus.
Online verfügbar unter https://www.sachsens-museen-entdecken.de/museum/508-marianne-brandt-haus, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Architonic – Das unabhängige Nachschlagewerk für Architektur und Design: Marianne Brandt.
Online verfügbar unter http://www.architonic.com/de/pmpro/marianne-brandt/8100111/2/2/1, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Bauhaus Online: Marianne Brandt.
Online verfügbar unter https://bauhauskooperation.de/wissen/das-bauhaus/koepfe/biografien/biografie-detail/person-Brandt-Marianne-145, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Crew United (2005): Informationen zum Dokumentarfilm »farbe form licht Mariannne Brandt - eine Chemnitzer Künstlerin« von Nicole Schink und Thomas Pencs.
Online verfügbar unter https://www.crew-united.com/?show=projectdata&ID=133359, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Marianne Brandt. Bücher und Medien.
Online verfügbar unter https://d-nb.info/gnd/119297140, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Ketterer-Kunst: Ruppelwerk. Text zu Marianne Brandts Wirken in der Metallwarenfabrik Ruppelwerk in Gotha.
Online verfügbar unter http://www.kettererkunst.de/lexikon/ruppelwerk.shtml, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Müller, Ulrike (2009): Bauhaus: Marianne Brandt. In: EMMA September/Oktober 2009.
Online verfügbar unter http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2009/inhalt-emma-2009-5/bauhaus-brandt-2009-5/, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Tecnolumen: Bauhaus Design und Designer. Wird sofort auf Startseite umgeleitet, bitte über »Alle Designer – Marianne Brandt« navigieren.
Online verfügbar unter http://www.tecnolumen.de/77/Bauhaus-Design.htm, zuletzt geprüft am 24.05.2023.
Literatur & Quellen
Krischke, Roland (2009): Modern, aber nicht modisch. Bauhauskünstler in Gotha. Ausstellungskatalog. Gotha. Stiftung Schloss Friedenstein. ISBN 978-3-940998-05-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Ulrike (2007): Die klugen Frauen von Weimar. Regentinnen, Salondamen, Schriftstellerinnen und Künstlerinnen von Anna Amalia bis Marianne Brandt // Regentinnen, Salondamen, Schriftstellerinnen und Künstlerinnen. 1. Aufl. Berlin. Insel. 2013 (Insel-Taschenbuch, 4223) ISBN 978-3-458-35923-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Otto, Elizabeth (2005): Tempo, tempo! Bauhaus-Photomontagen von Marianne Brandt. (=The Bauhaus photomontages of Marianne Brandt) Ausstellungskatalog. Berlin. Jovis. ISBN 3-936314-55-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Schmidt, Werner (Hg.) (1978): Marianne Brandt, Hajo Rose, Kurt Schmidt. Drei Künstler aus dem Bauhaus. Ausstellungskatalog. Dresden. Staatl. Kunstsammlungen Dresden. (Erwerbungen / Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, 30) (Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Weinert, Manja (2004): Die Fotomontagen und Foto-Text-Collagen von Marianne Brandt. Magisterarbeit (2003). E-Book. 1. Aufl. München. GRIN Verlag. ISBN 978-3-638-28169-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Quellen
Brockhage, Hans; Lindner, Reinhold (2001): Marianne Brandt. »Hab ich je an Kunst gedacht«. Chemnitz. Chemnitzer Verlag. ISBN 3-928678-63-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Eskildsen, Ute; Baumann, Susanne (1994): Fotografieren hieß teilnehmen. Fotografinnen der Weimarer Republik. Essen. Folkwang Museum. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Müller, Ulrike (2009): Bauhaus-Frauen. Meisterinnen in Kunst, Handwerk und Design. 1. Aufl. München. Sandmann. ISBN 978-3-938045-36-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Weise, Anne-Kathrin (1995): Leben und Werk von Marianne Brandt. Dissertation (online verfügbar, siehe Links!). Berlin. Humboldt-Universität
Wynhoff, Elisabeth (2003): Marianne Brandt. Fotografien am Bauhaus. Ausstellungskatalog. Ostfildern-Ruit. Hatje Cantz. (Schriften des Instituts für Kunst und Design, Gerda Breuer, Bergische Universität Wuppertal) ISBN 3-7757-1310-7. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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