geboren am 28. März 1915 im Dorf Sant’Eufemia in der Provinz Padua/Italien
gestorben am 9. November 1976 in San Bernardino Verbano (Novara)
italienische Widerstandskämpferin; Krankenschwester der PartisanInnen
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Am 28. März 1915 kommt Maria Peron im Dorf Sant’Eufemia in der Provinz Padua/Italien in einer Bauernfamilie zur Welt. Sie ist noch ein Kind, als ihr Vater im Ersten Weltkrieg ums Leben kommt. Ihre Ausbildung zur Krankenschwester absolviert sie in Ravenna, dann arbeitet sie im Ospedale Maggiore von Mailand auf der chirurgischen Station. Nach der Besetzung Norditaliens durch die Deutschen im September 1943 schließt sie sich dem Widerstand an und hilft bei der Organisation der Flucht von Juden und politischen Gefangenen, die zuvor als falsche Kranke ins Spital gebracht worden sind. Als das geheime Netzwerk im April 1944 auffliegt, muss Maria selbst fliehen. Sie geht in den Untergrund, schlägt sich ins Val d’Ossola durch und wird dort vom Kommandanten der Valdossola, Diognini Superta, als Krankenschwester bei einer Partisanen-Formation im Val Grande eingesetzt.
„Mir war sofort klar, dass ich bei null beginnend einen Gesundheitsdienst aufziehen musste, der trotz des schwierigen Umfelds und der knappen Mittel ein Minimum an Hygiene bot.“ Maria erhält die Apotheke der Einheit: eine Schachtel mit etwas Verbandsmaterial und ein paar Medikamenten. Die Kranken und Verletzten liegen in einer kleinen Hütte auf Buchenlaub-Säcken. Sofort macht sich Maria daran, eine professionelle Versorgung zu organisieren. Über verschiedene Kanäle beschafft sie sich Medikamente und – in weiser Voraussicht – chirurgische Instrumente. Im Spital von Mailand war Maria auch Operationsassistentin gewesen und daher mit der Chirurgie vertraut. Dass eine Frau einen chirurgischen Eingriff machen könnte, war damals in Italien – und ist es vielerorts heute noch – undenkbar.
Fünf Wochen nach Marias Ankunft beginnt das Rastrellamento: Die Waffen-SS durchkämmt in einer Großaktion das unzugängliche Berggebiet nach Partisanen. Maria muss mit ihren Patienten und der ganzen Formation fliehen. Ihre Belastung ist enorm, denn sie muss unterwegs immer mehr verletzte Partisanen pflegen. Am Morgen des 14. Juni wird Maria zusammen mit einem Begleiter nach Casale dei Galli geschickt. Die Mission ist heikel, weil sich das Gebiet bereits unter feindlicher Kontrolle befindet. Der bei Ponte Casletto verwundete Partisan Scampini ist dort versteckt worden. „Als wir ankamen, lag der Verletzte in einem blutdurchtränkten Leintuch auf einem Strohhaufen. Er sah schon aus wie ein Leichnam. Ich untersuchte ihn und stellte fest, dass er eine Bauchfellentzündung hatte. Ich musste sofort operieren, gleich dort in der Hütte – bei Kerzenlicht. Ich spreizte die Wunde und nahm eine Drainage vor. Dann nähte ich die vom Projektil verursachten Löcher im Darm. Nach dem Eingriff vertraut Maria den Verletzten einem Holzfäller an und flieht mit der Kolonne über die Bocchetta di Terza. Sie gehört zu jenen, welchen die Überquerung der Straße beim Pian di Sali, die von den Wehrmacht beschossen wird, misslingt. Tagelang versteckt sie sich mit den Verletzten im Wald, bis sie als Bäuerin verkleidet nach Finero zum Pfarrer gehen kann, der ihr wertvolle Informationen gibt. Als sie sich am 23. Juni auf der Suche nach Nahrung erneut nach Finero begibt, wird sie Zeugin der Hinrichtungen von 15 Partisanen an der Friedhofsmauer. Ende Juni gelingt es ihrer Gruppe schließlich, ins Val Pogallo zurückzukehren, wo sie auf Scampini trifft, der die abenteuerliche Operation überlebt hat und sich auf dem Weg der Besserung befindet.
Nach dem Rastrellamento arbeitet Maria bis zur Befreiung Italiens im April 1945 weiter bei der Partisanenformation Valgrande Martire. Dutzende von Partisanen verdanken ihr das Leben. Während des ganzen Krieges weigerte sich die praktizierende Katholikin, eine Waffe in die Hand zu nehmen, und sie bestand immer darauf, auch die verletzten Feinde zu pflegen – trotz der Proteste einiger Partisanen.
Im August 1945 heiratete Maria Peron Laurenti Giapparize, der wie viele andere von den Deutschen zwangsrekrutierte Georgier im Laufe des Kriegs desertierte und sich den Partisanen angeschlossen hatte.
Nach dem Krieg gab es für nicht offiziell ausgebildete Frauen keinen Platz mehr in der Chirurgie. Maria arbeitete weiter als normale Krankenschwester, nun in der Radiologie. Ab und zu noch griff sie auf Bitten der vernachlässigten BergbewohnerInnen heimlich zu den chirurgischen Instrumenten.
Am 9. November 1976 starb sie in San Bernardino Verbano (Novara) an den Strahlenschäden, die sie sich in der Radiologie zugezogen hatte.
Maria Peron, die „Chirurgin der Partisanen“, ist im ValGrande unvergessen, in Verbania ist eine Grundschule nach ihr benannt und die italienischen Partisanenorganisationen gedenken ihrer.
(Die Zitate stammen aus einem Bericht, den Maria Peron am 1. Mai 1945 in einer Sendung von Radio Verbania Libertà vorlas; Chiovini, 2002).
Verfasserin: Elisabeth Brock
Literatur & Quellen
Chiovini, Nino. 2005. Val Grande partigiane e dintorni, 4 storie di protagonisti. Tararà Edizioni.
Thelesklaf, Bernhard Herold 2012. Nationalpark Val Grande: Unterwegs zwischen Domodossola und Lago Maggiore. Rotbuchverlag Zürich. S. 85. Mit freundlicher Genehmigung. www.rotpunktverlag.ch/369
https://www.gedenkorte-europa.eu/de_de/finero.html [28.11.2023]
www.alpini-ticinese.ch/valgrande/resistenza [10.04.2015]
www.anpi.it/donne-e-huomini/maria-peron [10.04.2015]
www.anpi.it/eventi/in-memoria.di-maria-peron_2012106 [10.04.2015]
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.