(Maria Meneghini-Callas; Maria Anna Cecilia Sofia Kalogeropoulos; Μαρία Καλογεροπούλου)
geboren am 2. Dezember 1923 in New York
gestorben am 16. September 1977 in Paris
griechisch-US-amerikanische Sängerin
100. Geburtstag am 2. Dezember 2023
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Noch heute kann man Maria Callas in einer faszinierenden Rolle erleben: In den “Callas Conversations”, 1968 von der BBC aufgenommen, ist sie die Interview - Partnerin von Lord Harewood, einem englischen Opernkenner. Die Kulisse: der luxuriös eingerichtete Salon ihres Apartments in Paris, wo sie ihre letzten Jahre verbrachte. Der Fragesteller wusste nur zu gut: Sein Gegenüber, eine mediterrane Schönheit mit großen dunklen Augen und tiefschwarzem prächtigem Haar, in
bestickte Seide gekleidet, war die berühmteste Sängerin der Welt. Und sie hatte die wunderbare Gabe, das Komplizierte einfach zu erklären, die Kunst ihres Gesangs.
Sie wurde am 2. Dezember 1923 in New York geboren, als zweite Tochter griechischer Immigranten. Sie war kein glückliches Kind. Zuhause gab es viel Streit, und sie hatte kaum Spielgefährtinnen. Sie war hochmusikalisch; schon als kleines Mädchen schmetterte sie die Arien der Carmen, sie nahm an Gesangswettbewerben teil, und sie bekam Klavierunterricht. Treibende Kraft bei ihren Aktivitäten war die überaus ehrgeizige Mutter: Die Tochter sollte eine große Karriere machen. Später sollte Maria ihr vorwerfen, sie habe ihr die Kindheit gestohlen; nur wenn sie sang, durfte sie sich geliebt fühlen. Mit 16 Jahren - die Mutter war inzwischen mit ihr nach Griechenland zurückgekehrt - erhielt Maria ein Stipendium für eine Gesangsausbildung an dem führenden Konservatorium in Athen. Dort zeigte sich bald: Sie hatte das Zeug zu einer Prima Donna Assoluta, einer Sängerin, die sowohl das lyrische und das dramatische Fach beherrscht als auch den Koloraturgesang, sie würde “alles” singen können. Maria arbeitete wie besessen. Im Alter von 18 Jahren trat sie an der Königlichen Oper von Athen als Tosca auf, in dem gleichnamigen Werk von Giacomo Puccini. Doch der eigentliche Aufstieg erfolgte im Italien der Nachkriegsjahre. 1950 sang sie zum ersten Mal an der Mailänder Scala, höher hinaus ging es nicht. Sie sang auf allen großen Bühnen der Welt, ihre Glanzzeit war in den Fünfzigern. 1965 beendete sie ihre Opernkarriere, wiederum als Tosca. Danach gab sie noch Konzerte.
Die Karriere wurde von Skandalen überschattet. Ihr Charakter: Sie war schwierig. Ihr Temperament, auf der Bühne von großem Nutzen, ging wohl allzu häufig mit ihr durch. Ihr künstlerischer Ehrgeiz war mit Kompromisslosigkeit gepaart; besonders unter ihren Vorgesetzten machte sie sich Feinde. Oft wurde sie zu Unrecht beschuldigt. Bei einer Galavorstellung in Rom, bei der auch der Präsident Italiens anwesend war, konnte sie nach dem 1. Akt der Oper Norma vor Heiserkeit nicht weitersingen. Der Intendant bedrängte sie, das Publikum tobte, am nächsten Tag zerfetzten sie die Zeitungen. Noch heute wird die Rivalität zwischen ihr und Renata Tebaldi erinnert, den beiden “Königinnen der Scala”. Es gab Fangruppen, die mit ihrer gehässigen Parteinahme sogar die Aufführungen störten. Rivalinnen? Im Temperament und in ihrer Gesangskunst waren sie völlig unterschiedlich, was sie gemeinsam hatten, war ihr Weltruhm und der Besitz eines Pudels.
Ein stabiles Element in ihrem turbulenten Leben war die Verbindung mit Giovanni Battista Meneghini, einem Veroneser Industriellen, den sie als junge Frau geheiratet hatte. Er wurde auch ihr Manager. Nach 10 Jahren Ehe verließ sie ihn. Sie hatte sich auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer in den schwerreichen griechischen Reeder Aristoteles Onassis verliebt. Es begann ein Leben mit dem Jetset. Sie hoffte, sie könnte eine Familie mit ihm gründen, doch er heiratete nicht sie, sondern Jacqueline Kennedy; nach einer Quelle starb das Kind, das sie von ihm erwartete, am Tage der Geburt. Ihre letzten Jahre verbrachte Maria Callas allein. Es gelang ihr wohl nicht, in ein normales Leben zurückzufinden, sie hatte nie eins gehabt. Sie starb in ihrer Pariser Wohnung, an Herzversagen, hieß es.
Maria Callas` Ruhm beruht vor allem auf ihrem unvergleichlich ausdrucksstarken Singen und Agieren auf der Bühne. Ihr Repertoire war immens. Bei aller Vielseitigkeit konzentrierte sie sich auf den Belcanto-Gesang, auf die Opern von Rossini, Bellini, Donizetti und den frühen Verdi. Besonders lagen ihr die tragischen Figuren, Norma, Lucia di Lammermoor, die Traviata, die Medea von Cherubini. Die Stimme war nicht “schön” im konventionellen Sinn, oder vielmehr, nicht nur schön,
sie konnte in den Höhen metallen klingen. Einzelne musikalische Phrasen, ganze Zierfiguren färbte sie so ein, dass die Töne die Bedeutung der Wörter spiegelten; ein Triller konnte bei ihr Gefühle ausdrücken wie Freude, Trauer, Sehnsucht. Ihre Technik war perfekt; die vielen Figuren des Ziergesangs im Belcanto, oft regelrechte Trapezakte, beherrschte sie
scheinbar mühelos. Besonders ihre Koloraturen in stratosphärischer Höhe versetzten das Publikum in Ekstase, es erfolgten nicht enden wollende Beifallsstürme. Doch auch ihre Mimik, ihre Gesten waren von unerhörter Intensität, man konnte den Blick nicht von ihr wenden, auch wenn sie nicht sang. Sie war Magie.
In ihrer “Hommage à Maria Callas” nannte Ingeborg Bachmann sie “die einzige Person, die rechtmäßig die Bühne in diesen Jahrzehnten betreten hat” - ein Versuch, Genialität zu beschreiben? Vor einem halben Jahrhundert endete die Callas-Ära, doch La Divina lebt.
(Text von 2022)
Verfasserin: Ilse Hossius
Biografie von Susanne Gretter zum 25. Todestag der Callas für den Kalender "Berühmte Frauen, 1992"
Zitate
Nie mehr werde sie die Traviata singen, erklärte die Sängerin Elisabeth Schwarzkopf, als sie Maria Callas 1952 in der Arena von Verona in dieser Rolle erlebt hatte: „Welchen Sinn hätte es, sich an einer Partie zu versuchen, die von einer Kollegin so vollkommen dargeboten wird.“
Sie ist eine Frau, in gewisser Hinsicht die modernste aller Frauen, aber in ihr lebt eine Frau der Antike – geheimnisvoll und magisch –, deren Empfindungen einen unglaublichen inneren Konflikt bei ihr auslösen.
(Pier Paolo Pasolini, Quelle)
Bestrickend schön die Mittellage, überraschend brillant die Koloraturen, glänzend Aussprache und Nuancierung. Aber mögen solche Einzelheiten die Gesangslehrerinnen interessieren; man braucht ihrer nicht zu achten, weil „die Callas“ da erst einzigartig wird, wo die Sphäre des Vortrags, des Ausdrucks, ja man darf sagen: der Seele beginnt. Die Größe von Frau Callas triumphiert da, wo von Gesang und Mimik nicht mehr die Rede ist. Was sie bietet, ist kein schauspielerisches oder musikalisches, sondern ein künstlerisches Ereignis.
(Joachim Kaiser, Quelle)
Links
CDs und DVDs mit Maria Callas kaufen
Sandy Steiglitz's Home Page: Sopranos. Sammlung von Fotos (Suche nutzen!) (2018).
Online verfügbar unter https://www.cs.princeton.edu/~san/sopranos.html, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
Maria Callas - Official Website (2023).
Online verfügbar unter https://www.maria-callas.com/de/, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
Deutscher Maria Callas Club (2007): Maria Callas. Diskografie, Bibliografie, Photos, Shop und mehr. www.callas-club.de.
Online verfügbar unter http://www.callas-club.de/, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
Discogs (2023): Maria Callas. Diskografie.
Online verfügbar unter https://www.discogs.com/de/artist/290601-Maria-Callas, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
Imdb: Maria Callas - Besetzung, Abteilung Musik, Soundtrack. Filme.
Online verfügbar unter https://www.imdb.com/name/nm0006568/, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
Katalog der Deutschen Nationalbibliothek: Maria Callas. Veröffentlichungen.
Online verfügbar unter http://d-nb.info/gnd/118518461, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
Klüger, Ruth: Die Sängerin des Jahrhunderts. Rezension zu „Meine Stimme verstörte die Leute“ von Gunna Wendt. welt.de.
Online verfügbar unter http://www.welt.de/print-welt/article227987/Die_Saengerin_des_Jahrhunderts.html, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
Last.fm: Maria Callas. Online-Radio.
Online verfügbar unter http://www.lastfm.de/music/Maria+Callas, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
Nyary, Josef: Die geheime Leidenschaft der Maria Callas. In: Hamburger Abendblatt vom 18.08.2007.
Online verfügbar unter https://www.abendblatt.de/kultur-live/article107318133/Die-geheime-Leidenschaft-der-Maria-Callas.html, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
van Zoggel, Karl (2007): Maria Callas. The Maria Callas International Club.
Online verfügbar unter http://www.callasintclub.com/, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
YouTube: Videos mit Maria Callas.
Online verfügbar unter http://www.youtube.com/results?search_type=search_videos&search_query=maria%20callas, zuletzt geprüft am 21.11.2023.
Literatur & Quellen
Quellen
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Gage, Nicholas; Wasel, Ulrike; Timmermann, Klaus (2001): Griechisches Feuer. Maria Callas und Aristoteles Onassis. (=Greek Fire: The Love Affair of Maria Callas and Aristotle Onassis). München: Blessing.
Jellinek, George. 1986. Callas: Portrait of a Prima Donna. Toronto, Ontario.
Kesting, Jürgen (1990): Maria Callas. München: Econ-Taschenbuch-Verl., 1992 (Econ-Taschenbuch, 26534).
Kesting, Jürgen. 2015. Maria Callas. Berlin. List.
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Wendt, Gunna (2006): Meine Stimme verstörte die Leute. Diva assoluta Maria Callas. München: Knaus.
Weiterführende Literatur
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Bret, David (2000): Callas. Biographie. Hamburg: Europ. Verl.-Anst.
Brix, Michael (1994): Maria Callas. Aufführungen/Performances. München: Schirmer/Mosel.
Callas, Maria; Ardoin, John (2002): Maria Callas: Meine Meisterklasse. Ein Übungsbuch für Sänger ; mit zahlreichen Notenbeispielen. (=Callas at Juilliard - the master clases). Berlin: Henschel.
Csampai, Attila (1999): Callas. Gesichter eines Mediums. München, Paris, London: Schirmer-Mosel.
Dherbier, Yann-Brice (2007): Maria Callas. Bilder eines Lebens. Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf.
Dufresne, Claude (1991): Maria Callas. Primadonna assoluta. München: Heyne (Heyne-Biographien, 213).
Galatopoulos, Stelios (1999): Maria Callas. Die Biographie. Frankfurt am Main: Fischer, 2001.
Gretter, Susanne; Pusch, Luise F. (1999): Berühmte Frauen. Dreihundert Porträts. Frankfurt am Main, Leipzig: Insel-Verlag.
Hauert, Roger; Gara, Eugenio; Eichmann, Arnold Heinz (1958): Maria Callas. Frankfurt/Main: Limpert (Die grossen Interpreten).
Herzfeld, Friedrich (1959): Maria Meneghini-Callas oder Die große Primadonna. Berlin: Rembrandt-Verl. (Rembrandt-Reihe, 18).
Kanthou, Eleni (1994): Maria Callas. Die Interpretin ; Leben und Wirken. Wilhelmshaven: Noetzel.
Kesting, Jürgen (2006): Maria Callas. Leben und Musik der großen Sängerin ; Callas singt Wahnsinns-Szenen von Donizetti, Bellini und Thomas. Buch und Audio-CD. Hamburg: Zeitverl. Bucerius (DIE ZEIT Klassik-Edition, 11).
Krausser, Helmut (1997): Der große Bagarozy. Roman. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1999 (rororo, 22479).
Prechtel, Adrian (2007): Maria Callas: Langen/Müller.
Rieger, Eva; Steegmann, Monica (2002): Göttliche Stimmen. Lebensberichte berühmter Sängerinnen ; von Elisabeth Mara bis Maria Callas. Frankfurt am Main: Insel-Verl. (Insel-Taschenbuch, 2502).
Stancioff, Nadia (1988): Callas. Biographie einer Diva. Zürich: SV Internat. Schweizer Verl.-Haus.
Tajani, Ricci (2006): Maria Callas. The cruise '59 ; Biografie einer Reise. Mainz: Schott.
Tosi, Bruno (2007): Maria Callas - La Divina in Cucina. Die Entdeckung ihrer kulinarischen Geheimnisse: Südwest-Verlag.
Wendt, Gunna (2006): Maria Callas oder Die Kunst der Selbstinszenierung. Ausstellungskatalog. Leipzig: Henschel.
Zigaina, Guiseppe (2006): In die Lagune. Erzählungen. Wien: Folio.
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