Biographien Maria Antonia Pessina von Branconi
Gemälde von Anna Rosina de Gasc
(Maria Antonia Pessina von Branconi, geb. von Elsener)
geboren am 27. Oktober 1746 in Genua
gestorben am 7. Juli 1793 in Abano, Italien
Freundin berühmter Männer; Vorbild für Lessings Gräfin Orsina in Emilia Galotti (?)
220. Todestag am 7. Juli 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Die schöne, intelligente Frau von Branconi, eine 21jährige Witwe mit zwei Kindern, reist 1767 als Geliebte des Prinzen Karl Wilhelm Ferdinand zu Braunschweig und Lüneburg–Wolfenbüttel von Italien nach Braunschweig. Dem Erbprinzen, der erst vor vier Jahren eine englische Prinzessin geheiratet hat und schon einen Sohn hat, gebiert sie im Dezember 1767 einen “natürlichen” Sohn. 1773 wird Lessings Freund Johann Joachim Eschenburg Erzieher des Knaben; Lessing, der in Wolfenbüttel für den Herzog als Bibiothekar arbeitet, hat die Stelle vielleicht sogar vermittelt.
Möglich ist es, wie manchmal behauptet wird, dass diese Frau das Vorbild für Lessings extravagante, leidenschaftliche Gräfin Orsina in Emilia Galotti (1771) wurde, jene “Dame von großem Verstande”, der wir die tiefe Einsicht verdanken: “Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verlieret, der hat keinen zu verlieren”. Gelehrt war sie (nach damaligen Verhältnissen): Sie konnte Deutsch, Italienisch, Französisch, vielleicht Latein; sie las Boileau, Tasso und Horaz. Temperamentvoll und stolz war sie wohl auch. Zweifelhaft bleibt, ob das Zerrbild der Orsina ihr ähnelt. Lavater, der sie als “Freimaurerin” anredete, nannte sie einmal einen “miskannt[en] Engel” und “ein schuldloses Kind”. Wahrscheinlich ist, dass der Prinz erst später (um 1776, also nach Erscheinen von Lessings Drama) mit ihr gebrochen hat.
Nach 1776 bis zu ihrem Tod im Jahre 1793 ist Frau von Branconi auf Reisen zwischen ihrem Gut Langenstein bei Halberstadt und Straßburg, Lausanne, Neuchâtel, Paris und Italien. Sie besucht den von ihr verehrten Lavater in Zürich und wechselt Briefe mit ihm. Sie lernt Goethe kennen; er findet “die Fee von Langenstein” interessant und besucht sie 1784 auf Gut Langenstein. Frau von Stein wird sogar eifersüchtig. In der Schweiz verkehrt die Branconi mit dem Magier Cagliostro und entzweit sich mit ihm. In ihren letzten Jahren scheint sie einen verheirateten französischen Offizier heimlich geliebt und auch ihm einen Sohn geboren zu haben. Das betrübte viele ihrer Freunde. Als sie 1793 in Abano in Italien starb, wurde sie von vielen wegen ihrer Treue und Herzensgüte betrauert. In der Wirklichkeit also besaß sie entschieden andere Eigenschaften als die Gräfin Orsina.
(Text von 1995)
Verfasserin: Katherine E. Goodman
Zitate
“Liebe—miskannte! Ein gutes Herz, das leidet und Leiden macht, ist gewiß am allermeisten vom Freunde zu beklagen [. . .]. Ihr Muth und der Eigensinn ihrer Stärke wird das unerwartetste Ende des Dramas wirken—daß wir Freudenthränen weinen werden, wir die wir wissen: “Sie ist immer dieselbe einzige”.
(Lavater an Branconi, als er von ihrer heimlichen Liebe erfahren hat.)
Literatur & Quellen
Funck, Heinrich. 1895/6. “Die Wanderjahre der Frau von Branconi”, Westermanns Monatshefte Bd 79 (1895/6), S. 172-184.
Hirzel, Ludwig. 1877. “Lavaters Briefe an die Marquise Branconi”, Im neuen Reich: Wochenschrift für das Leben des deutschen Volkes ... II (Leipzig: L. Hinzel, 1877), S. 681-687.
Jungandreas, Menna. 1967. Die schöne Frau von Branconi: Eine Freundin Carl Wilhelm Ferdinands von Braunschweig, Goethes und Lavaters. Historischer Roman. Herford. Koehlers Verlagsgesellschaft.
Rimpau, W. 1900. “Frau von Branconi”, Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde Jg. 33 (1900) H.1 (Wernigerode: B. Angerstein)
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