(Louise Catharina Amalie Zietz, geb. Körner)
geboren am 25. März 1865 in Bargteheide, Schleswig-Holstein
gestorben am 27. Januar 1922 in Berlin
deutsche Politikerin (erste Frau im Vorstand der SPD), Feministin und Pazifistin.
100. Todestag am 27. Januar 2022
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
'Harte vermännlichte Züge' (Lily Braun) prägten das Gesicht von Luise Zietz - Spuren einer mit schwerer Arbeit verbrachten Kindheit und Jugend in der Wollspinnerei des Vaters: “Um nur das Nötigste zu verdienen ... mussten die Mutter und wir Kinder mitschaffen…. Da hockten wir Stunde auf den niedrigen Stühlchen hinter dem Spulrad bei der entsetzlich eintönigen und ermüdenden Arbeit, immer nur spulen, spulen, spulen…” Diese Erlebnisse wurden ihr zum Antrieb für ein unermüdliches, bis zu äußerster Kraftanstrengung gehendes Engagement für die sozialdemokratische Arbeiter- und Frauenbewegung. Kontakt zu ihr hatte sie durch eine kurze Ehe mit dem Hamburger Hafenarbeiter Zietz in den neunziger Jahren bekommen. Neben Clara Zetkin war sie die erfolgreichste und populärste Agitatorin und Organisatorin der sozialdemokratischen Partei. Scharf und kritisch waren ihre Reden - “gehässig”, stand in den Polizeiakten. In einer ihrer zahllosen politischen Schriften hatte sie methodisch durchdacht, wie die meist unpolitischen Frauen für die Partei zu gewinnen seien. Nach ihrer Ansicht musste eine Parteiveranstaltung auch unterhaltend sein, deshalb sollte an ihrem Beginn der ortsansässige Gesangverein ein anfeuerndes Kampflied singen. Keinesfalls durfte die Versammlung auf dem Waschtag der Frauen liegen; in einer begeisternden Rede sollten aktuelle, die Frauen ansprechende Theman behandelt werden. Zum Schluss war geplant, dass geübte Genossinnen mit Bleistift und Papier durch die Reihen gingen und die anwesenden Frauen zum Eintritt in die Partei und zum Abonnement der Gleichheit aufforderten. 1901 beispielsweise hat Luise Zietz 209 solcher Veranstaltungen durchgeführt. Was August Bebel durch sein Buch Die Frau und der Sozialismus bewirkte, erreichte sie mit ihren zündenden Reden: Die sozialdemokratische Frauenbewegung wuchs ab 1900 zu einer Massenbewegung heran.
Nach Aufhebung des Vereinsgesetzes 1908, das bis dahin den Frauen eine Parteimitgliedschaft verbot, war sie daran beteiligt, den Frauen in der Partei durch entsprechende Statuten Einfluss zu sichern. Sie wurde als erste Frau in den Parteivorstand der SPD gewählt. Bis zu ihrem Tode 1922 war sie Reichstagsmitglied der USPD. “Sie hatte immer weit über ihre Kraft gelebt, und so konnte ihr Leben nur kurz sein.”
(Text von 1989)
Verfasserin: Hiltrud Schroeder
Literatur & Quellen
Dertinger, Antje.1985. “Mehr als eine Alibi-Frau: Luise Zietz - erstes weibliches Vorstandsmitglied in der SPD-Führung”, Das Parlament Nr. 31; 3.8.1985.
Evans, Richard J. 1979. Sozialdemokratie und Frauenemanzipation im deutschen Kaiserreich. Berlin; Bonn. Dietz Verlag Nachf.
Juchacz, Marie. 1955. Sie lebten für eine bessere Welt: Lebensbilder führender Frauen des 19. und 20. Jahrhunderts. Berlin; Hannover. Dietz Verlag Nachf.
Niggemann, Heinz. 1981. Frauenemanzipation und Sozialdemokratie. Mit Texten von Ottilie Baader, Lily Braun, Käthe Duncker, Clara Zetkin, Luise Zietz u.a. Frankfurt/M. Fischer TB 2261.
Richebächer, Sabine .1982. Uns fehlt nur eine Kleinigkeit. Deutsche proletarische Frauenbewegung 1890-1914. Frankfurt/M. Fischer.
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