Biographien Luise von Göchhausen
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(Luise Ernestine Christiane Juliane von Göchhausen )
geboren am 13. Februar 1752 in Eisenach
gestorben am 7. September 1807 in Weimar
Hofdame der Anna Amalia Herzogin von Weimar
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Luise von Göchhausen gehört in die Reihe der literarisch bedeutsamen L(o)uisen hinein, obwohl sie recht eigentlich keine Schriftstellerin ist. Aber die Weimarer Klassik wäre ohne sie ärmer. Pikanterweise stellte sich einer von zwei Schädeln, die jahrelang als mögliche Totenschädel Friedrich Schillers gehalten und verehrt wurden, 2008 bei DNA-Analysen und exakten Vergleichen mit den Totenmasken von Schiller und Luise von Göchhausen als Schädel der Hofdame heraus. Bei dem kritischen Verhältnis, das die beiden wohl pflegten, und der sarkastischen und ironischen Art, die Luise von Göchhausen zugeschrieben wird, ist dies schon fast eine späte Rache der von Schiller Geschmähten. Ihr Schädel, der vor dem ersten Weltkrieg durch den Tübinger Anatomen August von Froriep als „zweiter“ Schiller-Schädel identifiziert wurde, lag knapp 100 Jahre unter Schillers „Reliquien“. Und dann noch die DNA-Gewissheit, dass der andere Schädel, ja das ganze Skelett nicht von Schiller sein kann, der Sarg des großen Schwaben also nun leer in der Weimarer Fürstengruft liegt…
Luise wird in höfischer Umgebung als Tochter des sachsen-weimarischen Schlosshauptmanns, Rittmeisters und späteren Oberkämmerers Wilhelm Ernst Friedrich von Göchhausen und seiner Frau Christiane – wie später ihre Tochter auch Hofdame am Weimarer Hof – geboren. Das rachitische Kind ist verwachsen, klein und hat einen Buckel, was eine standesgemäße Heirat ausschließen würde. Luise hat jedoch einen wachen Geist; die aufgeweckte, belesene junge Dame kommt an den kulturell hochstehenden Mannheimer Hof in die Dienste der kunstsinnigen Markgräfin Caroline Louise von Baden und entwickelt dort die sie später auszeichnenden Charaktereigenschaften und erweitert ihre kulturelle Bildung. Sie ist witzig, kann sehr ironisch, ja teilweise spöttisch sein, ist von erstaunlichem Selbstbewusstsein, sehr gesellig und kommunikationsfreudig. Ihre offene Art kann auch verletzend sein. Sprachgewandt nicht nur im Deutschen, sondern auch im Italienischen, Englischen und Französischen, ist sie eine sehr geschätzte Gesprächspartnerin bei Hof.
Der Prinzenerzieher Karl Ludwig von Knebel begleitet die Prinzen Carl August und Constantin von Sachsen-Weimar 1775 zur Grand Tour an den Rhein und besucht einerseits mit Carl August bei einem Zwischenhalt in Frankfurt den 26jährigen Johann Wolfgang Goethe – was die bekannten weitreichenden Folgen hat – und gewinnt andererseits in Mannheim Luise von Göchhausen als Hofdame für Anna Amalia an den Weimarer Hof – mit fast ebenso weitreichenden Folgen.
Schnell ist Luise von der Seite der Herzogin nicht mehr wegzudenken. Sie gestaltet mit ihrer Herrin Anna Amalia, dem Hofmeister Friedrich Hildebrand von Einsiedeln, Karl Ludwig von Knebel und Christoph Martin Wieland die Gemeinschaft, die später als Weimarer Musenhof in die Geschichte eingeht und in die Goethe sofort nach seinem Ruf nach Weimar tief eintaucht und deren gefeierter Mittelpunkt er wird. Bis auf eine kurze Zeit der Entzweiung ist Luise von Göchhausen bei allen Unternehmungen und Reisen der Herzogin und späteren Herzoginmutter dabei. Sie ist quasi vertraute Sekretärin, sie begleitet Anna Amalia auf ihren Reisen, beispielsweise an den Rhein, wo man bei Goethes Mutter in Frankfurt vorbeischaut – daraus entwickelt sich ein überaus interessanter, zum Teil in Versen geführter Briefwechsel, in dem Luise der Frau Rath die Neuigkeiten um ihren „Hätschelhans“ mitteilt –, oder auch nach Italien im unmittelbaren Anschluss an Goethes italienische Reise, von wo Luise diesem minutiös den Besuch bei Angelica Kauffmann, die Audienz beim Papst und all die pikanten und interessanten Erlebnisse berichtet. Luise ist für die Sammlung und Redaktion des Tiefurter Journals zuständig, und sie steht auch mit Goethe in ihrer Weimarer Mansardenwohnung – unter anderem an den „Freundschaftstagen“, die sie in den 90ern dort veranstaltete – für unterhaltsame Begegnungen in enger Verbindung und notiert für ihn so manchen Einfall beziehungsweise schreibt einiges ab, was uns ohne sie nie überliefert wäre, so den sog. „Urfaust“, der sich später in ihrem Sekretär fand, wie auch Goethes Leipziger Liederbuch „Annette“, erstes lyrisches Zeugnis der jungen Liebe.
Es scheint fast so, als ob sie Goethe zumindest intellektuell viel näher stand als ihre deutlich attraktivere Mit-Hofdame Charlotte Ernestine von Schardt, die den herzoglichen Stallmeister Gottlob Ernst Josias Friedrich Freiherr von Stein geheiratet hat und als Frau von Stein mit weit mehr als 1.500 Briefen von Goethe in die Literaturgeschichte eingegangen ist.
Als Anna Amalia von Sachsen-Weimar und Eisenach am 10. April 1807 stirbt, bricht für Luise von Göchhausen ihr Lebenssinn weg, sie folgt der vertrauten Herrin und Freundin nach kurzer Krankheit. Die oft über ihre Mitmenschen treffend spöttelnde und sehr offenherzige Luise von Göchhausen hat verfügt, dass ihre umfänglichen, sehr persönlichen Aufzeichnungen nach ihrem Ableben vernichtet werden, was – sicher zum Bedauern der Wissenschaft und Nachwelt – nach ihrem recht plötzlichen Tod auch geschieht.
Am 22. November schreibt Anna Amalias langjähriger Oberhofmeister Friedrich Hildebrand von Einsiedel an Carl August Böttiger über Luise von Göchhausen: „Ihre moralische Existenz war mit dem Tode der Herzogin sehr zerrüttet, doch glaubte man sie nicht so krank, als sie sich fühlte. In dem Kreise ihrer Freunde und ihrer Freundinnen lebt ihr Andenken, und ihr Verlust ist Allen fühlbar. Ihr Geist war dem gesellschaftlichen Leben wohlthätig und belebend, auch war sie dauernder Freundschaft fähig – eine Tugend, die in unsern Zeiten nur selten leuchtet.“
Die Spuren ihres Wirkens sind der Weimarer Klassik untrennbar eingewoben.
(Text von 2024 aus dem Buch “...immer Luise”; mit freundlicher Genehmigung des Verfassers).
Verfasserin: Siegfried Carl
Literatur & Quellen
Taxis-Bordogna, Olga Gräfin von. 1948. Frauen von Weimar. München. Heimeran.
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