Wikimedia Commons
(auch Louise oder L. Mühlbach (Pseudonym, geb. Clara Maria Regina Müller, verh. Mundt)
geboren am 2. Januar 1814 in Neubrandenburg
gestorben am 26. September 1873 in Berlin
deutsche Schriftstellerin
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Neben Fanny Lewald und Ida Gräfin Hahn-Hahn ist Luise Mühlbach eine der Auto rinnen, die von ihrer schriftstellerischen Tätigkeit als Erzählerinnen und Romanautorinnen gut leben können. Dabei stellt Luise Mühlbach als schon vor ihrer Eheschließung („Erste und letzte Liebe“, Altona 1838) unter Pseudonym schreibende Ehefrau von Theodor Mundt, einem der exponierten Autoren des Jungen Deutschland, eine Besonderheit dar. Sie wandelt sich in der 48er-Revolution von der Erzählerin des Jungen Deutschland mit durchaus emanzipatorischen, gesellschaftskritischen Unterhaltungsromanen, die sich mit Frauenrechten, gegen Prostitution und Ausbeutung der Frauen, mit Kritik der Konvenienzehe und Negativerscheinungen früher Industrialisierung beschäftigen – allerdings eingebunden in düstere Handlungen von Blutschande und Notzucht, mit Gift und Dolch – zur reaktionären Autorin vielbändiger, rückwärtsgewandt historischer Romane auch über große Persönlichkeiten der „guten alten Zeit“ – die von der damaligen Kritik weit höher geschätzt wurden als die frühen Werke –, und bleibt dabei unbestritten die verkaufsstärkste Schriftstellerin der 40er- bis 69er-Jahre. Ihre Leserinnen lieben sie und bleiben ihr immer treu. Zudem setzt sie die Tradition der Berliner Salons fort und führt ein offenes Haus, in dem Literaten und Künstler, befreundete Schriftstellerinnen und die preußische Oberschicht verkehren. Die Besucherliste ist ein Who is Who Preußens und Berlins um die Mitte des 19. Jahrhunderts.
Der folgende Absatz aus Fanny Lewalds „Meine Lebensgeschichte“ charakterisiert die Lebensweise der Luise Mühlbach authentischer als viele biografische Details: „Sie wohnten damals in der Marienstraße und lebten in einer sehr ausgedehnten Geselligkeit. Umso mehr fiel es mir auf, was Luise Mühlbach alles aus ihrer Zeit zu machen wusste. Sie schrieb sehr viel, war beständig auf dem Laufenden in der englischen und französischen Literatur, verfolgte die deutsche bis in das Detail der Journalistik, trieb Musik, lernte Russisch und noch eine andere fremde Sprache, daneben wurde ein ganzes Service aufgetragen, das sie selbst gemalt, und es kamen Bücher zum Vorschein, die sie selbst gebunden hatte. Man sah, für diese Frau war fortwährendes rastloses Arbeiten eine Art von Lebensbedingung, eine Notwendigkeit, und nie, seit ich sie kenne, habe ich sie ermüdet oder gar abgespannt gesehen; aber die eigentliche Kraft ihrer Natur gab sich in der Liebe kund, mit welcher sie zu ihrem Manne emporblickte. Man gewann unabweislich die Überzeugung, dass man in diesen Beiden ein Paar glückliche Menschen vor sich sähe.“
Clara Müller ist die Tochter des Neubrandenburger Juristen und Bürgermeister Friedrich Müller, sie ist die Zweitgeborene und hat zehn Geschwister. In ihrem geselligen Elternhaus treffen sich Politiker, Angehörige des Hofes und die Beamtenschaft zum Meinungsaustausch, zu musikalischen Veranstaltungen und geselligem Beisammensein. Diese Stimmung ist prägend für ihr späteres Leben. Eine profunde Bildung mit breiter Lektüreerfahrung und die gute Erziehung umfasst auch die Unterweisung der 13jährigen bei einem Nagelschmied und einem Leineweber. Früh sucht sie als Literaturbegeisterte Kontakt zu Ludwig Tieck und Ida Gräfin Hahn-Hahn, schreibt selbst und schickt 1834 Proben zur Beurteilung an den Literaturdozenten und Jungdeutschen Schriftsteller Theodor Mundt. Aus dem Briefwechsel werden persönliche Begegnungen, wird Liebe – und am 18. Juni 1839 in Neubrandenburg geheiratet.
Parallel zur Karriere ihres Mannes vom Honorardozenten über eine Professur in Breslau und ab 1850 an der Berliner Universität entfaltet sich die schriftstellerische Karriere der Clara Müller. Sie hebt sich als Luise Mühlbach durch das an die verehrte Königin Luise von Preußen und den Mühlbach als plätschernd-rauschende Antriebskraft des Müllers erinnernde romantische Pseudonym selbstbewusst von ihrem auch schriftstellerisch tätigen Ehemann ab. Aus der Fülle der Unterhaltungsliteratur ragt der Roman „Aphra Behn“ hervor, 1849 bei Simion in Berlin verlegt, der in drei Bänden die erste englische Berufsschriftstellerin und frühe Feministin des 17. Jahrhunderts porträtiert. Als Theodor Mundt 1861 stirbt, erweitert sie ihr Unterhaltungs-Repertoire aus Novellen und Feuilletons, den sozialen und historischen Romanen noch um die Reiseschriftstellerei und das Einfügen außerdeutscher und außereuropäischer Erlebnisse in ihre Romane – ihre acht Bände über „Mohammed Ali und sein Haus“ 1871 und „Mohammed Ali’s Nachfolger“ 1872 sind prägnantes Beispiel. Dabei reist sie viel, ist auf Einladung des Khediven Ismail Pascha (ägyptischer Vizekönig) 1869 bei der Eröffnung des Suezkanals und hält sich bis zum Winter 1870/71 in Ägypten auf. Bevor sie die Orientreise weiter literarisch verwertet, erscheint eine Reisedarstellung in fiktiver Briefform einer der orientalischen Kultur weit überlegenen Europäerin in der „Wiener Tagespresse“.
Für den „New York Herald“ berichtet sie im Frühjahr 1873 von der Wiener Weltausstellung und verfasst für die Amerikaner auch biografische Skizzen zu Graf von Moltke, Fürst Otto von Bismarck, Kaiser Wilhelm I. und Pius IX, die der „Herald“ für spätere Nekrologe archiviert. Viele englische Übersetzungen vor allem der historischen Romane begeistern ihr amerikanisches Publikum.
Weltberühmt, gerne gelesen und hoch verehrt stirbt Luise Mühlbach mitten in ihren letzten erfolgreichen – auch journalistischen – Arbeiten; unter großer Anteilnahme wird sie beigesetzt. Sie hat ihr Leben in den letzten beiden Jahrzehnten in vollen Zügen genossen und mit ihren Gästen stets in Luxus gelebt. Obwohl sie sehr gute Honorare eingestrichen hat und auch sonst viel Großzügigkeit erlebte, hinterlässt sie einen Schuldenberg. Für Montag, den 20. Oktober 1873 und die Folgetage wird in der „Vossischen Zeitung“ eine „Herrschaftliche Auktion“ ihres erlesenen und wertvollen Nachlasses durch den königlichen Auktions-Commissarius angekündigt.
(Text von 2024 aus dem Buch “...immer Luise” von Siegfried Carl; mit freundlicher Genehmigung des Verfassers).
Literatur & Quellen
Brinker-Gabler, Gisela, Karola Ludwig & Angela Wöffen. Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800-1945. München 1986.
Möhrmann, Renate. 1977. Die andere Frau: Emanzipationsansätze deutscher Schriftstellerinnen im Vorfeld der Achtundvierziger- Revolution. Stuttgart. Metzler.
Möhrmann, Renate. 1978. Frauenemanzipation im deutschen Vormärz: Texte und Dokumente. Stuttgart. Reclam TB 9903.
Wilhelmy-Dollinger, Petra. 2000. Die Berliner Salons. Berlin; New York. de Gruyter.
Ohnesorg, Stefanie. 1996. “Frauen in der Fremde - Verfremdete Frauenwelten” (Rueck-)Einbindung der Frau in die Geschichte des Reisens. 'SOFIE': Saarländische Schriftenreihe zur Frauenforschung. St. Ingbert. Röhrig Universitätsverlag.
Sollten Sie RechteinhaberIn eines Bildes und mit der Verwendung auf dieser Seite nicht einverstanden sein, setzen Sie sich bitte mit Fembio in Verbindung.