geboren am 31. Mai 1804 in Paris
gestorben am 15. September 1875 in Paris
französische Komponistin, Pianistin und Musikwissenschaftlerin
220. Geburtstag am 31. Mai 2024
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Der 200. Geburtstag der bedeutenden französischen Komponistin Louise Farrenc wurde, ähnlich wie der ihrer Landsfrau und (auf wenige Monate exakten) Zeitgenossin George Sand (1804-1876), international mit vielen Veranstaltungen gefeiert – eine Tatsache, die wir der unermüdlichen Aufklärungsarbeit der neuen Frauenbewegung verdanken und die zehn Jahre zuvor noch undenkbar schien – damals kannte fast niemand Louise Farrenc. Zwar waren es nicht ganz so viele Feiern wie zu Hector Berlioz' 200. Geburtstag ein Jahr davor – aber immerhin. Das FrauenMusikForum Schweiz (www.fmf.ch) meldete stolz: “Die Gesamtedition der Werke von Louise Farrenc ist nun vollständig erhältlich.”
Leben und Werk:
“Sie ist eine große Frau mit vergeistigten Zügen, fast männlicher Erscheinung, silbernem Haar, ergraut weniger vom Altern als durch das Fieber ihrer Gedanken, mit einer breiten und hohen Stirn, die eine Begabung zum Kombinieren offenbart, mit festem und leicht forschendem Blick…” - so beschrieb ein zeitgenössischer Kritiker die Komponistin. Ein anderer schilderte sie als “eine distinguierte, aber strenge und kühle Erscheinung… reserviert, blaß und asketisch.”
In einer freiheitlichen Umgebung aufgewachsen, genoß Louise Dumont schon als Kind ein reiches kulturelles Bildungsangebot. Mit fünfzehn Jahren begann sie ein Kompositionsstudium bei Anton Reicha am Pariser Konservatorium. Mit siebzehn heiratete sie den Flötisten Aristide Farrenc, der später als Musikverleger ihre ersten Klavierwerke druckte und ihr bei der Organisation ihrer Konzerte half. 1826 wurde ihr einziges Kind, die Tochter Victorine, geboren (sie wurde wie ihre Mutter Komponistin und Pianistin; 1859 starb sie, mit 32 Jahren, an Tuberkulose). 1834 schrieb Farrenc ihre ersten Orchesterwerke. 1842 wurde sie zur Professorin für Klavier am Pariser Konservatorium ernannt, wo sie - als einzige Frau auf einem solchen Posten - bis zu ihrer Pensionierung junge Mädchen und Frauen unterrichten durfte. Eine besondere Auszeichnung erhielt sie 1862, als ihr die Akademie der Künste den begehrten “Prix Chartier” fur ihre Orchesterwerke verlieh.
Doch Louise Farrenc verstand sich nicht nur als Komponistin und Pianistin, sondern arbeitete auch lebenslang auf musikwissenschaftlichem Gebiet. Zusammen mit ihrem Mann gab sie eine 23bändige Notensammlung für Tasteninstrumente von 1500 - 1850 heraus: “Le Trésor des Pianistes”, eine sorgfältige Zusammenstellung der besten Werke vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, wobei jedem Stück historische, biographische und interpretatorische Angaben beigefügt wurden. Diese bedeutende Sammlung hat heute noch Bestand. Als ihr Mann gestorben war, edierte sie sie neun Jahre lang allein.
Nach ihrem Tod vergaß man sie, bis sich die neue Frauenbewegung wieder auf sie besann. Derzeit wird an der Universität Oldenburg im Rahmen eines großangelegten Forschungsprojekts unter der Leitung von Prof. Freia Hoffmann eine mehrbändige Ausgabe der Werke Louise Farrencs herausgegeben. Ihre erste und dritte Sinfonie wurden aufgrund dieser Vorarbeiten vom Radio-Philharmonie–Orchester Hannover des NDR bereits auf CD eingespielt. Ihre Werke sind bis ins Detail thematisch ausgearbeitet, formal überzeugend und voller melodischer Einfälle. Farrenc stützt sich auf die Tradition der Wiener Klassik, die sie mit farbiger Instrumentation und harmonisch-romantischem Gestus zielstrebig weiterentwickelt. Auch ihre Kammermusik, darunter ein Nonett und ein Sextett, bietet viel Genuß fürs Ohr.
(zu Farrencs 125. Todestag im Jahr 2000 Für FemBio aktualisiert von Luise F. Pusch)
Verfasserin: Eva Rieger
Zitate
In Frankreich wird Madame Farrenc von denen, die sie kennen, geehrt und bewundert, aber die Masse hat ihrem Namen nie zugejubelt, denn als Frau ist sie folglich zu schwach, um sich durch die von den 'Starken' überfüllten Straßen einen Weg zu bahnen. Ihr begegnet dauernd nur Abwehr und halsstarrige Eifersucht… Wir sind erstaunt, daß weder das Konservatorium, noch die 'Societé des jeunes artistes'... auf den Gedanken kamen, sich der großen Orchesterwerke von Madame Farrenc anzunehmen… Ein sträfliches Versäumnis, gegen das die aufgeklärte Kritik protestieren muß, und diesen Protest werden wir jedesmal erneut formulieren, wenn wir Madame Farrenc dazu genötigt sehen, selbst Konzerte organisieren zu müssen… (La France Musicale, 1857)
Diese 1. Sinfonie ist ein äußerst bemerkenswertes Werk, und es ist nur recht und billig, die öffentliche Aufmerksamkeit auf seine Autorin zu lenken, deren Verdienst mir weder genügend bekannt noch genügend gefördert zu sein scheint. (François-Joseph Fetis 1845) Die Tatsache, daß es weniger Komponistinnen als Komponisten ... gibt, beruht sicher nicht darauf, daß Frauen der Zugang verwehrt ist. ... Es bleibt meist unberücksichtigt, daß die genetisch verankerten, geschlechtsspezifischen Unterschiede nicht nur auf den körperlichen Bereich beschränkt sind. (Leserbrief Prof. Dr. Waltger Rummel, FAZ vom 15.9.1998)
Literatur & Quellen
Friedland, Bea. 1980. Louise Farrenc 1804 to 1875. Composer - Performer - Scholar. Diss. Ann Arbor, Mich.: UMI Press
Legras, Catherine. 2003. Louise Farrenc, compositrice du XIXe siècle: musique au féminin. Paris. L'Harmattan.
Roster, Danielle. 1995. Allein mit meiner Musik: Komponistinnen in der europäischen Musikgeschichte. Echternach, Luxemburg. Editions Phi.
Weissweiler, Eva: 1981. “Louise Farrenc : Eine Zeitgenossin von Hector Berlioz”, in: dies., Komponistinnen aus 500 Jahren: Eine Kultur- und Wirkungsgeschichte in Biographien und Werkbeispielen. Frankfurt/M. Fischer TB 3714. S. 246-262
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