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geboren am 17. Juni 1898 in Izmir
gestorben am 16. Juli 1975 in Istanbul
türkische Frauenrechtlerin
125. Geburtstag am 17. Juni 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Die Tochter des reichen, fortschrittlich eingestellten Kaufmanns Ussakizade Muammer und der Adviye Hanim wächst mit zwei Schwestern auf. Sie erhält – u.a. in Paris – eine umfassende, westlich orientierte Ausbildung. Latife spricht mehrere Sprachen fließend und verfolgt Anfang der 1920-er Jahre interessiert die politische Entwicklung in ihrer Heimat, aus der 1923 die Türkische Republik hervorgeht.
Die begeisterte Patriotin stellt sich dem späteren ersten Präsidenten Mustafa Kemal Atatürk vor, als er in Izmir weilt, und bittet ihn, im Haus ihres Vaters Quartier zu nehmen. Bald wird aus den beiden ein Liebespaar, obwohl der Politiker anderweitig liiert ist. Latife pflegt sogar Atatürks schwerkranke Mutter bis zu deren Tod. Am 29. Januar 1924 heiratet das Paar, unmittelbar danach begeht Atatürks bisherige Lebensgefährtin Fikriye Selbstmord.
Latife teilt die Vorstellungen ihres Mannes über die Gleichberechtigung türkischer Frauen. Schon bei der Hochzeit wird dies deutlich: mit der Tradition brechend, sind dazu erstmals auch Damen eingeladen. Auf öffentlichen Veranstaltungen spricht außer Atatürk auch Latife – bis dahin unerhört.
Doch der Alltag mit einer lebenden Legende hat auch seine Schattenseiten. Bald gibt es Streit: Atatürk, der das Verbot der Verschleierung von Frauen in der Öffentlichkeit durchgesetzt hat, muss erleben, dass Latife an seiner Seite nur mit Kopf- und Schultertuch auftritt. Sie „leistete sich den Luxus einer eigenen politischen Meinung“ (B. Rill) und gerät dadurch mitunter in Opposition zu ihrem Mann. Latife wiederum kann sich mit Atatürks – milde ausgedrückt – ungesunder Lebensweise und seiner Neigung zu anderen Frauen nicht abfinden.
Gewohnt, seinen Willen durchzusetzen, verstößt Atatürk seine Frau nach islamischem Recht schon im August 1925. Kurz darauf wird jedoch eingeführt, dass eine Ehe nur noch staatlicherseits, nach einigem Aufwand, geschieden werden kann. Latife Hanim zieht sich, tief enttäuscht, in ein Schweigen zurück, das 50 Jahre andauern wird. Nie wieder tritt sie öffentlich in Erscheinung, alle Interviewwünsche werden abschlägig beschieden. Dank des väterlichen Erbes kann sie ein Leben frei von materiellen Sorgen führen, bis sie mit 77 Jahren in Istanbul stirbt.
(Text von 2004)
Verfasserin: Anna Eunike Röhrig
Literatur & Quellen
Rill, Bernd. 1987 [1985]. Kemal Atatürk in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek b. Hamburg. Rowohlt.
Encyclopædia Britannica, Inc.: Britannica Book of the Year. 1976. Chicago.
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