Biographien Lalla Aicha, Prinzessin von Marokko
geboren am 17. Juni 1930 in Rabat
gestorben am 4. September 2011 in Rabat
marokkanische Prinzessin und Diplomatin; erste weibliche Botschafterin der arabischen Welt
10. Todestag am 4. September 2021
Biografie
Die Tochter des Sultans Mohamed V und Schwester des Thronfolgers Hassan II wächst in Rabat auf, wo sie privat unterrichtet wird und ein Baccalaureat absolviert. Marokkos Streben nach Unabhängigkeit führt zu Spannungen mit Frankreich und Spanien. 1947 besucht der Sultan das französische Protektorat Tanger, begleitet von seiner Tochter Prinzessin Lalla Aicha. Mohamed V hält eine Rede, in der er von dem durch die Franzosen genehmigten Inhalt abweicht und Marokko zu einer vereinten Nation unter seiner souveränen Führung erklärt. Nach ihm tritt die 17jährige Prinzessin, in westlicher Kleidung und unverschleiert, ans Mikrofon und fordert alle marokkanischen Frauen zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben auf. Dafür, so verlangt sie, müssen Frauen Zugang zu Bildung haben und sich aus patriarchalischen Strukturen befreien. Als Beispiel nennt sie sich selbst: sie studierte klassisches Arabisch und moderne Sprachen, wozu ihr Vater sie ermunterte.
Nach dieser Rede tobt der Mandoub von Tanger vor Wut, formal Repräsentant des Sultans und tatsächlich Sprachrohr der traditionellen arabischen und berberischen Bewohner. Er verbietet allen Frauen westliche Kleidung und das Ablegen des Schleiers. Doch Lalla Aicha hat eine Bewegung und ein neues Bewusstsein angestoßen und wird selbst zur Ikone der marokkanischen Unabhängigkeit und Emanzipation der Frauen.
1953 wird Mohamed V von den Franzosen abgesetzt und mit seiner Familie ins Exil verbannt. 1955 kehren sie zurück, und 1956 wird Marokko zum unabhängigen Königreich. Mohamed V gründet die nationale Hilfsorganisation Entraide Nationale, deren Präsidentin Lalla Aicha wird.
Selbstbewusstsein zeigt sie, als sie sich 1972 nach elfjähriger Ehe von ihrem Mann Hassan al-Yaqubi scheiden lässt. Aus der Verbindung stammen zwei Töchter, Zubaida al-Yaqubi und Nufissa al-Yaqubi.
Das Time Magazine widmete ihr 1957 seine Titelgeschichte “Die Emanzipation der muslimischen Frau”.
Lalla Aicha war die erste weibliche Botschafterin der arabischen Welt. Von 1965 bis 1968 war sie marrokanische Botschafterin in Großbritannien, von 1969 bis 1970 in Griechenland und bis 1973 in Italien.
(Text von 2015)
Verfasserin: Karin Müller
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