(Geburtsname: Kathleen Elsie Dick; Pseudonyme: Jeremy Scott und Edward Lane)
geboren am 29. Juli 1915 in London
gestorben am 19. Oktober 2001 in Brighton
britische Schriftstellerin, Kritikerin, Journalistin, Verlegerin und Aktivistin für Bibliothekstantiemen
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Geboren in London, wuchs Kay Dick bei ihrer Mutter in der Schweiz auf und besuchte englische Internate in Genf sowie das Lycée Français in London.
Etwa zehn Jahre lang arbeitete sie für Buchhandlungen und Verlage, so beispielsweise im Foyle’s Bookshop in London. Im Alter von 26 Jahren wurde sie als erste Frau Direktorin eines britischen Verlags: P.S. King & Son.
Später arbeitete sie als Journalistin für den New Statesman, ein britisches politisches und kulturelles Wochenmagazin und schrieb Rezensionen für Zeitungen wie The Times, The Spectator und Punch.
Unter dem Pseudonym Edward Lane gab sie dreizehn Ausgaben des Literaturmagazins The Windmill heraus, für das sie unter anderem mit George Orwell zusammenarbeitete, der ihr ein Exemplar seines Romans Animal Farm (1945, dt. Farm der Tiere) mit der Widmung „Kay – To make it and me acceptable“ schenkte.
Kay Dick war mit vielen SchriftstellerInnen ihrer Zeit befreundet, so beispielsweise mit Pamela Hansford Johnson, Isobel English, Brigid Brophy und Maureen Duffy.
Während ihrer Zeit als Redaktionsassistentin bei John O´London’s Weekly lernte sie die Schriftstellerinnen Stevie Smith und Ivy Compton-Burnett kennen. Aus der Freundschaft mit diesen beiden Autorinnen entstand ihr Buch Ivy & Stevie. Ivy Compton-Burnett and Stevie Smith: Conversations and Reflections, das 1971 erschien und einerseits Interviews mit diesen enthält und andererseits Betrachtungen über die beiden Autorinnen von Kay Dick.
Anfang der 1970er Jahre entstand ein weiteres Buch mit sieben Interviews unter dem Titel Friends and Friendships, für das sie unter anderem mit den Schriftstellerinnen Pamela Hansford Johnson, Olivia Manning, Brigid Brophy, Maureen Duffy und Muriel Spark sprach.
Zwischen 1949 und 1962 schrieb Kay Dick außerdem fünf Romane über familiäre oder romantische Verstrickungen in europäischen Großstädten. Bekannt wurden vor allem An Affair of Love (1953) und Solitaire (1958).
Aus diesem Rahmen fällt thematisch ihr Werk They. A Sequence of Unease von 1977, das im gleichen Jahr mit dem South-East Arts Literature Prize ausgezeichnet, völlig heraus. Dieses wurde 2020 wiederentdeckt und als „verlorenes dystopisches Meisterwerk“ gefeiert. Auf Deutsch erschienen unter dem Titel Sie: Szenen des Unbehagens, geht es darin um die Bedrohung von KünstlerInnen in den South Downs durch eine nicht näher beschriebene Gruppe (die anonymen „sie“), die mit Gewalt gegen jede Form von Kunst vorgeht, seien es Bücher, Noten, Bilder oder Skulpturen und gegen deren UrheberInnen sowie gegen Alleinstehende. Das Unbehagen wird durch die permanente Angst ausgelöst, dass die Betroffenen, die nicht immer klar von „sie“ zu unterscheiden sind, an sich wissen, was ihnen bevorsteht, ob sie nur bestohlen oder auch in einen „Turm“ eingewiesen werden, wo ihre „Identität geheilt wird“. Dennoch versuchen sie zu retten, was ihnen möglich ist.
Neben ihren Romanen und Interviewbüchern schrieb Kay Dick ein Werk über die Figur des Pierrot in der Commedia dell´Arte (1960): Pierrot: An Examination of the Pierrot Legend und gab verschiedene Sammelbände heraus.
Unter dem Pseudonym Jeremy Scott gab Kay Dick mehrere Bücher heraus, so beispielsweise einen Band mit Werken von Edgar Allan Poe und Anthologien phantastischer Literatur.
Als Aktivistin setzte sich Kay Dick – unter anderem zusammen mit Brigid Brophy und Maureen Duffy – unermüdlich und erfolgreich für die Einführung der Public Lending Rights (Bibliothekstantiemen) ein, so dass AutorInnen Tantiemen bekommen, wenn ihre Bücher aus öffentlichen Bibliotheken ausgeliehen werden.
Für das Referendum von 1975 zur Frage, ob Großbritannien in der EG (der Europäischen Gemeinschaft, einem Vorläuferzusammenschluß der Europäischen Union) bleiben solle, setzte sich Kay Dick mit zahlreichen anderen Schriftstellerinnen unter dem Namen Writers for Europe in der Britain for Europe Campaign dafür ein, Teil der europäischen Gemeinschaft zu bleiben.
Kay Dick sah sich als bisexuell. Ihre wichtigste Beziehung war die mit der Schriftstellerin Kathleen Farrell (1912-1999), mit der sie von 1940 bis 1962 in London zusammenlebte. Nach der Trennung erlitt sie einen Zusammenbruch und verließ London anschließend. Zu dieser Zeit hatte sie eine Affäre mit einer verheirateten Frau, die Suizid beging. Über diese verfasste sie den hochgelobten autobiografischen Roman Anne ist tot (1987, im Original The Shelf 1984), in dem KritikerInnen leicht bekannte und befreundete Autorinnen, wie die Schriftstellerin Olivia Manning, erkannten.
Ihre letzten drei Lebensjahrzehnte verbrachte Kay Dick mit ihren Hunden in einer Wohnung voller Bücher in Brighton. Obwohl sie hoch verschuldet war, war sie anderen – vor allem jüngeren SchriftstellerInnen – gegenüber immer großzügig. Um zu überleben verkaufte sie einige Stücke aus ihrem literarischen Archiv. Nach Kathleen Farrells Tod erbte sie jedoch einen ansehnlichen Betrag, bevor sie selber zwei Jahre später starb. (Text von 2022)
Verfasserin: Doris Hermanns
Zitate
„I have certain prejudices and one of them is that I cannot bear apartheid of any kind—class, colour or sex. Gender is of no bloody account.”
Zitiert nach Lucy Scholes: Why We Should All Be Reading English Novelist Kay Dick
Literatur & Quellen
Literatur über Kay Dick:
Author Archives: Estate of Kay Dick
Sage, Lorna: The Cambridge Guide to Women’s Writing in English. Cambridge, Cambridge University Press, 1999, S. 189
Scholes, Lucy: Why We Should All Be Reading English Novelist Kay Dick. Literary Hub 1.2.2022
Kay Dick in der Deutschen National Bibliothek
Werke von Kay Dick:
By the Lake. London, William Heinemann, 1949
Young Man. London, William Heinemann, 1951
An Affair of Love. London, William Heinemann, 1953
Solitaire. London, William Heinemann, 1958
Pierrot: An Examination of the Pierrot Legend. London, Hutchinson, 1960
Sunday. London, Hutchinson, 1962
Edgar Allen Poe: Bizarre and arabesque: a new anthology of tales, poems and prose. Edited and introduced by Kay Dick. London, Panther, 1967
Ivy & Stevie. Ivy Compton-Burnett and Stevie Smith: Conversations and Reflections. Edited by Kay Dick. London, Duckworth, 1971
Friends & Friendship: Conversations and Reflections. London, Sidgwick & Jackson, 1974
They: A Sequence of Unease. London, Penguin, 1977. Deutsche Ausgabe: Sie. Szenen des Unbehagens. Übersetzung: Kathrin Razum. Hamburg, Hoffmann und Campe, 2022. Nachwort: Eva Menasse
The Shelf. London, Hamish Hamilton, 1984. Deutsche Ausgabe: Anne ist tot. Roman. Übersetzung: Sieglinde Körnstke. München, Knaur, 1987
Unter dem Pseudonym Jeremy Scott: The Mandrake Root. An Anthology of Fantastic Tales. Selected and arranged by Jeremy Scott. London, Jarrolds, 1946 The Uncertain Element. An Anthology of Fantastic Conceptions. Selected by Kay Dick – Jeremy Scott. London, Jarrolds, 1950 |
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