(Dame Kathleen Lonsdale geb. Yardley)
geboren am 28. Januar 1903 in Newbridge bei Dublin
gestorben am 1. April 1971 in London
englische Physikerin, Bio-Chemikerin und Kristallographin
120. Geburtstag am 28. Januar 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
“Alle WissenschaftlerInnen, die jemals verliebt waren, wissen, daß sie vielleicht alles über Sexualhormone wissen; aber die konkrete Erfahrung ist doch etwas ganz Anderes.”
Dieser Ausspruch ist typisch für die hoch renommierte Kristallographin Kathleen Yardley Lonsdale, die sich neben ihren intensiven Forschungsarbeiten immer ganz konkret in das Leben außerhalb des “Elfenbeinturms der Wissenschaften” eingebunden fühlte. Sie stammte aus ärmlichen Verhältnissen und war mit ihren neun Geschwistern und der allein erziehenden Mutter vorwiegend in London aufgewachsen, wo die ausgezeichnete Schülerin ein Stipendium an das University College bekam. Beeindruckt von ihrer außerordentlichen Vordiplom-Prüfung lädt der Nobelpreisträger Sir William Henry Bragg sie zur Mitarbeit an seinem Kristallographischen Institut ein, und sie nimmt an, obgleich der finanzielle Ertrag eher kärglich ist.
Sie beginnt mit der Anwendung des von ihm entwickelten Röntgendiffraktometers auf die Untersuchung der Kristallstruktur organischer Stoffe. Als Erstes kann sie die hexagonale und planare Ringstruktur der Kohlenstoffatome in den heute so wichtigen doch umstrittenen Benzolen nachweisen, beschäftigt sich weiterhin mit der Reflektion von Röntgenstrahlen an Einzelkristallen und deren magnetischer Ausrichtung, der Bestimmung von Kristallgitterstrukturen und ihren Dimensionen bzw. ihren thermisch bedingten Veränderungen. Auch organische Substanzen wie Gallensteine und curareähnliche Drogen untersucht sie. Ein seltener, hexagonal kristallisierter Diamant (Lonsdaleit) trägt ihren Namen. Und lang ist die Liste ihrer Ehrungen; 1945 z.B werden sie und die Mikrobiologin Marjory Stephenson die seit 1667 (Margaret Cavendish!) ersten weiblichen Fellows der ehrwürdigen Royal Society.
“[Die Beschreibung des] Lebens eines Professors als das einer umhegten und umsorgten Bienenkönigin, die nur eine Funktion in ihrem Leben hat ... nichts könnte weiter von dem Leben einer normalen Berufsfrau entfernt sein.” Nie hat Lonsdale ihre Arbeit wegen ihrer drei Kinder unterbrochen. Aber sie und ihr Mann Thomas waren auch ein gutes Team, liebten Musik und lange Diskussionen.
Sehr wichtig war es ihr, die Bildung von Mädchen und jungen WissenschaftlerInnen (so die Kollegin und spätere Nobelpreisträgerin Dorothy Hodgkin) zu fördern. Auch “Lasse nie eine Gelegenheit aus, an Schulen zu sprechen!” notiert sie, hält auf Reisen in 25 Länder viele Gastvorträge. Als überzeugte Quäkerin verweigert sie den Zivildienst und geht einen Monat ins Gefängnis, zieht einen Gefängnis-Besuchdienst auf, war Präsidentin der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit und der Pugwash-Bewegung.
(Text von 2002)
Verfasserin: Swantje Koch-Kanz
Literatur & Quellen
Fölsing, Ulla. “[Gelehrsamkeit zu Zweit:] Kathleen und Thomas Lonsdale”, in: Fölsing, Ulla. 1999. Geniale Beziehungen: Berühmte Paare in der Wissenschaft. München. Beck'sche Reihe 1300. S. 114 -123 [et passim].
Hodgkin, Dorothy Crowfoot H.C. 1975. “Kathleen Lonsdale, 28 January 1903 – 1 April 1971”, Biographical Memoirs of Fellows of the Royal Society of London 21 (1975), 447-484.
Hodgkin, Dorothy M. C[rowfoot]. 1976. Kathleen Lonsdale: A Biographical Memoir. London. Royal Society.
Julian, Maureen M. 1993. “Kathleen Yardley Lonsdale (1903-1971)”, in: Women in Chemistry and Physics: A Bio-bibliographic Sourcebook. 1993. Hg. Grinstein, Louise S. & Rose K. Rose &
Miriam H. Rafailovich. Vorwort von Lilli S. Hornig. Westport; London. Greenwood. S. 329-336.
Julian, Maureen M. 1996. “Kathleen and Thomas Lonsdale: Fourty Years of Spiritual and Scientific Life Together”, in: Creative Couples in the Sciences. 1996. Hg. Pycior, Helena M. & Nancy G. Slack & Pnina G. Abir-Am. New Brunswick, NJ. Rutgers UP. S. 170-181.
Lonsdale, Kathleen. 1970. “Women in Science: Reminiscences and Reflections”, in: Impact of Science on Society 20.1 (January-March 1970), 45-59.
Mason, Ivan. 1992. “The Admission of the First Woman to the Royal Society of London”, Notes and Records of the Royal Society of London 46 (1970), 279-300.
Robertson, J.M. 1973. “Lonsdale, Dame Kathleen Yardley”, in: Dictionary of Scientific Biography. 1973. Hg. Charles Coulston Gillispie. New York. Band 8. Charles Scribner's. S. 484-485.
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