geboren am 16. Juni 1917 in New York City
gestorben am 17. Juli 2001 in Sun Valley, Idaho
US-amerikanische Zeitungsverlegerin
105. Geburtstag am 16. Juni 2022
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Die Washington Post und die New York Times sind die wichtigsten Tageszeitungen der USA – und somit (in Anbetracht der herrschenden Machtverhältnisse) wohl auch der Welt.
Fast drei Jahrzehnte lang, von 1963 bis 1991, stand Katharine Graham an der Spitze der Washington Post. Sie stammte aus einer privilegierten deutsch-jüdischen Familie und lernte schon in jungen Jahren durch ihre kulturell und politisch sehr engagierte Mutter Agnes Meyer u.a. Albert Einstein und Thomas Mann persönlich kennen – Agnes Meyer war Manns wichtigste Briefpartnerin und Wegbereiterin in den USA.
Katharines Vater, der millionenschwere Selfmademan Eugene Meyer, hatte die Washington Post 1933 gekauft, als sie bankrott war, und durch kaufmännisches und verlegerisches Geschick wieder hochgebracht. Anfang der 70er Jahre machte Kay Graham Weltgeschichte mit der Veröffentlichung der Pentagon Papers und der Watergate-Reportagen von Bernstein und Woodward, die schließlich Präsident Nixon zu Fall brachten. Was sie wohl mit George W. Bush angestellt hätte? Aber sie starb zwei Monate vor „9/11“.
1997 veröffentlichte die Achtzigjährige ihre Memoiren, Personal History (dt.: Wir drucken!), an denen sie neun Jahre lang gearbeitet hatte und für die sie den Pulitzerpreis bekam. Sie berichtet darin mit großer Wahrhaftigkeit und leisem Humor, wie sie vom extrem schüchternen Teenager zur begeisterten Journalistin, dann zur hingebungsvollen Gattin, Hausfrau und Mutter und schließlich zu einer der mächtigsten Unternehmerinnen der Welt wurde. Wie ein roter Faden zieht sich durch das ganze Buch der Kummer, dass sie bis zum Schluss in fast jeder Situation von ihren Fähigkeiten wenig überzeugt war. Eine gesunde Dosis Feminismus hätte ihr gut getan – aber mit der Frauenbewegung setzte sie sich erst spät in ihrem Leben auseinander.
Eigentlich hätte Kay Graham die Zeitung schon 1946 übernehmen können, als ihr Vater sich anderen Aufgaben zuwenden wollte. Aber in den vierziger Jahren war eine weibliche Unternehmensspitze unvorstellbar, wenn ein Mann vorhanden war – in diesem Fall, Katharines Ehemann. Dabei hatte Katharine Graham reichliche Erfahrung im Zeitungswesen, während Philip zwar ein brillanter Jurist und überhaupt sehr brillant war, sich in dies Metier aber erst einarbeiten musste.
Die beiden hatten 1940 geheiratet. Nach einer Tot- und zwei Fehlgeburten bekam Katharine Graham zwischen 1943 und 1952 vier Kinder, eine Tochter und drei Söhne. Ihr ältester Sohn, Don, sollte später ihre rechte Hand und dann ihr Nachfolger werden.
Graham bewunderte ihren Mann sehr, musste aber rückblickend feststellen: „Während er mich einerseits stützte und stärkte, machte er mich andererseits nieder … Allmählich hörte ich ganz auf zu sprechen, wenn wir zusammen waren.“ Das dominante Gebaren ihres Mannes war sowohl zeittypisch als auch krankheitsbedingt: Er wurde Ende der 50er Jahre manisch-depressiv und beging 1963 Selbstmord.
Woher nahm Katharine Graham ihre Stärke? Dazu ihr Lektor Robert Gottlieb: „Manche Leute sind geborene Pfadfinderinnen, und sie war eine von ihnen. Es kam ihr nicht in den Sinn, etwas nicht zu tun, das nun einmal getan werden musste, und zwar in allen Bereichen ihres Lebens. Aber sie hatte auch gerne Spaß - sie war nicht etwa sauertöpfisch. Sie freute sich an allem, einschließlich Verantwortung und Macht. Anfangs machten die ihr vielleicht Angst, aber dann wurden sie selbstverständlich für sie. Sie war schüchtern, und sie hatte Autorität. Und sie besiegte die Konkurrenz durch Leistung.“
Katharine Graham starb an ihren Kopfverletzungen nach einem Sturz bei einer Medienkonferenz in Sun Valley, Idaho.
(Text von 2006)
Verfasserin: Luise F. Pusch
Zitate
To love what you do and feel that it matters — how could anything be more fun? (Katharine Graham)
The thing women must do to rise to power is to redefine their femininity. Once, power was considered a masculine attribute. In fact power has no sex. (Katharine Graham)
Bromidic though it may sound, some questions don't have answers, which is a terribly difficult lesson to learn. (Katharine Graham)
Links
About.com: Katharine Graham Quotes.
Cockburn, Alexander; St. Clair, Jeffrey: The High Life of Katherine Graham. CounterPunch.
Freund, Michael: Misses Watergate. In: Der Standard vom 26.5.2007.
Graham, Katharine: The Watergate Watershed—A Turning Point for a Nation and a Newspaper. Auszug aus “Personal history”. WashingtonPost.com.
Schwarzkopf, Dietrich: Standfest und liberal. Katharine Graham, die Verlegerin der “Washington Post”, blickt zurück. In: Die Zeit, 1999.
Schwelien, Michael: Wie Katharine Graham vom “Maskottchen” zur mächtigsten Verlegerin Amerikas wurde - ein Portrait. In: Die Zeit, 07/1997.
The Washington Post: Remembering Katharine Graham (1917-2001). Links zu Texten, Audioslideshow.
Zahlmann, Stefan: Richard M. Nixon. Geschlecht und politisches Scheitern. PDF-Datei. Arbeitskreis für interdisziplinäre Männer- und Geschlechterforschung.
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Literatur & Quellen
Quellen
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Graham, Katharine (1997): Personal history. New York: Knopf.
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Köster, Magdalena (2005): Brillante Bilanzen. Fünf Unternehmerinnen und ihre Lebensgeschichte. Weinheim: Beltz & Gelberg.
Weiterführende Literatur
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