geboren am 26. Januar 1898 in Moskau
gestorben am 21. Februar 1951 in Łódź
polnisch-lettische Bildhauerin
125. Geburtstag am 26. Januar 2023
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Als sich zeigte, dass die utopischen Vorstellungen, eine neue Welt der Kunst aus neuen Formen zu bauen, sich unter der Sowjetregierung nicht verwirklichen lassen würden, begann Anfang der 1920er Jahre der Exodus der russischen Intellektuellen in den Westen, unter ihnen auch die junge Bildhauerin Katarzyna Kobro und ihr Mann, der Maler Wladyslaw Strzeminski. Die beiden hatten sich während des Krieges in einem Lazarett in Moskau kennengelernt (wo Kobro als Krankenschwester arbeitete). Zusammen ließen sie sich jetzt in Smolensk nieder, brachten die Ideen des revolutionären Aufbruchs mit nach Polen und nahmen dort am künstlerischen Leben teil. Zwei Jahre leiteten sie gemeinsam die Abteilung für bildende Kunst des Volkskommissariats in Smolensk; später arbeitete Kobro als Kunsterzieherin, u.a. an der Industrieschule für Frauen in Łódź. In den 1920er Jahren entwarf Kobro abstrakte hängende bewegliche Konstruktionen und kam im Lauf der Zeit zu immer radikaleren Lösungen, weit entfernt von herkömmlichen Vorstellungen von Skulptur. Diese “räumlichen Kompositionen” sind rhythmisierte Formen, aus gläsernen und metallenen Flächen konstruiert.
Meine Skulptur ist nicht das, was sich bankrotte und verkalkte Fabrikanten in ihren Salons wünschen.
Kobro baute ihre Ideen weiter aus und gelangte so zu architektonischen Entwürfen großer Dimensionen, die in den Bereich der Stadt- und Verkehrsplanung weisen. Ihre kühnen Entwürfe standen in krassem Gegensatz zur zeitgenössischen polnischen Bildhauerei (Büsten und Köpfe “großer Männer”, mit denen sich das Warschauer Establishment selbst feierte). “Nur ein totaler Mangel an Kultur und der erschreckende Größenwahn publizitätssüchtiger Bürokraten können die Nachfrage nach solchen Skulpturen hervorrufen”, war ihre vernichtende öffentliche Stellungnahme zu dieser Kunst ihrer Zeit. In mehreren Veröffentlichungen stellten sie und ihr Mann die theoretischen Grundlagen ihrer Arbeit als Ergebnisse eines schöpferischen Dialogs vor und beteiligten sich an verschiedenen Gruppenausstellungen. Kobros einzige Einzelausstellung fand 1935 in Krakau statt. Zwei Jahre später hörte sie auf, in großen Formaten zu arbeiten. Wodurch die Krise ausgelöst wurde, ist nicht bekannt. Nach dem Überfall der deutschen Truppen auf Polen musste die Künstlerin aus Łódź fliehen; viele ihrer zurückgelassenen Arbeiten wurden von den Nationalsozialisten als “entartete Kunst” vernichtet. Nach schwerer Krankheit starb sie 1951. Ihre noch vorhandenen Werke sind heute im Kunstmuseum Łódź zu sehen.
Seit den 1970er Jahren und der Öffnung des Ostens gibt es ein neues Interesse für die Kunst des Konstruktivismus. In allen großen Ausstellungen, die seitdem in Europa und den USA gezeigt wurden, waren Arbeiten von Katarzyna Kobro zu sehen.
(Text von 1997)
Verfasserin: Renate Rochner
Literatur & Quellen
Berswordt-Wallrabe, Kornelia von / Matschke, Konrad. Hg. 1990. Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Kassel. Weber & Weidemeyer.
Katarzyna Kobro, 1898-1951. Ausstellung und Katalog: Jaromir Jedlinski. Hg.: Muzeum Sztuki w Lódflzi & Städtisches Museum Abteilberg, Mönchengladbach. Köln. Wienand. 1991.
Petzinger, Renate & Volker Rattemeyer. Hg. 1990. Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Ausstellungskatalog Museum Wiesbaden 1.9.-25.11.1990. Kassel. Weber & Weidemeyer.
Three Pioneers of Polish Avant-garde [Wladyslaw Strzemiflnski, Katarzyna Kobro, Henryk Stazewski]. Mit e. Appendix über Franciska Clausen. Odense. Fyns kunstmuseum. 1985.
Vergine, Lea. 1982. L'autre moitié de l'avantgarde 1910/1940. Paris. Des femmes.
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