(Judith Jansdochter Leyster)
getauft am 28. Juli 1609 in Haarlem
beerdigt am 10. Februar 1660 in Heemstede
niederländische Malerin
415. Geburtstag am 28. Juli 2024
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Erstaunlicherweise stammt die äußerst erfolgreiche Malerin aus Hollands »Goldenem Zeitalter« nicht aus dem Künstlermilieu: Ihr Vater war Tuchmacher und Besitzer der Brauerei und Wirtschaft »Leyster« (Leitstern) in Haarlem.
Ihr Leben lässt sich anhand von Dokumenten in den Archiven von Haarlem, Amsterdam und Heemstede gut rekonstruieren (siehe Quellensammlung bei Hofrichter). Unklar sind ihre »malerischen« Anfänge. Sicher zeigte sich die große Begabung schon im Kindesalter; möglicherweise erfolgte ein erster Kontakt mit den in der väterlichen Wirtschaft verkehrenden Künstlern, die ihr Talent erkannten. 1625 muss ihr Vater Bankrott anmelden. Nicht zu Unrecht sehen einige Biographen die Verarmung der Familie als große Chance für eine Berufsausbildung aller Kinder, denn für Töchter aus gut situierten Familien waren sonst nur Heiraten vorgesehen. Schon zwei Jahre später wird Leyster in einer Beschreibung der Stadt Haarlem als Malerin erwähnt.
1629 beginnt sie ihre Bilder zu datieren und zu signieren: mit den ineinander verschlungenen Initialen JL, denen sie noch einen Stern in Anspielung auf ihren Namen zufügt. 1633 wird sie als erste Frau in die Malergilde St. Lukas aufgenommen. Als ihr Gesellinnenstück gilt das wunderbare Selbstporträt: entspannt und selbstbewusst sitzt sie vor ihrer Staffelei, mit einem Zuruf scheint sie sich dem Betrachter zuzuwenden.
Interessanterweise zeigt die Röntgenuntersuchung des Gemäldes, dass sie ursprünglich an einem Frauenkopf arbeitete. Leyster hat ihn mit einem stehenden Geiger übermalt und so eine Korrespondenz zwischen ihrem aufgestützten Pinselarm und dem Geigenbogen hergestellt. Mit der großen Anzahl verschiedenster Pinsel will sie auf ihr Können hinweisen. Immerhin hat sie eine eigene Werkstatt und mindestens drei Schüler.
1636 gibt sie ihre Selbständigkeit auf und heiratet den Maler Jan Miense Molenaer. Ein Fehler, denn anstelle der erhofften Sicherheit handelt sie sich ein unstetes Leben ein: die Schulden ihres Mannes führen zu Auseinandersetzungen mit Gläubigern und bedingen die häufigen, oft fluchtartigen Wohnungswechsel des Paares. Aus der Zeit ihrer Ehe sind kaum noch signierte Bilder bekannt. Es ist sicher davon auszugehen, daß Leyster in der Werkstatt ihres Mannes gearbeitet hat: Ihre Mithilfe war bitter nötig.
Bald nach ihrer Hochzeit bringt sie das erste von insgesamt fünf Kindern zur Welt, von denen nur zwei das Erwachsenenalter erreichen. 1659 sorgt sie in einem Testament dafür, dass der Besitz nicht veräußert werden darf, um ihre Kinder zu schützen. Beide Eheleute sind erkrankt; während ihr Mann sich wieder erholt, stirbt Leyster und wird am 10. Februar 1660 in Heemstede beigesetzt.
Verfasserin: Adriane v. Hoop
Zitate
Auch auf seine [Jan Miense Molenaers] Themenwahl wirkten die Anregungen von jener Seite [Frans Hals] richtungweisend, indem er sich auffallend häufig der Darstellung von Kindern zuwandte. Diese Motive bevorzugte ebenfalls die Malerin Judith Leyster, die Molenaer 1637 geheiratet hatte. Sie war sowohl von den Utrechter Caravaggisten als auch von Frans Hals beeinflußt. Von ihrem beachtlichen Geschick in der Darstellung künstlicher Beleuchtungseffekte ließ sich Molenaer gern anregen. Er besaß zwar weniger Sinn für Farbe und subtile Tonstufungen, verfügte aber über ein solideres zeichnerisches Können als seine Frau.
(Kindler, Helmut (Hg.) (2004): Kindlers Malereilexikon. Künstlerlexikon, Sachlexikon, Bilddatenbank. DVD-Rom Berlin. Directmedia Publishing. (Digitale Bibliothek, 22) ISBN 3-89853-422-7. S. 6619)
Leyster (['lejster] Leijster), Judith, holländische Malerin, * 1609 (get. 28.7. Haarlem), † 10.2.1660 Heemstede; war 1633 Mitglied der Haarlemer Malergilde, 1637 Heirat mit dem Haarlemer Genremaler Jan Miense Molenaer. 1637-48 (?) in Amsterdam ansässig, später in Heemstede und Haarlem. L. ist als typ. Vertreterin der Haarlemer Kunstrichtung zu werten. Obwohl sie von dem zeitgenöss. Historiographen Haarlems S. Ampzing bereits als »Leistern (ley-ster)« der Kunst gepriesen wurde, galten ihre Werke lange als verschollen. Erst mit Entschlüsselung ihres Monogramms – JL, verschlungen mit waagerechtem Balken und Stern daran – durch Hofstede de Groot 1883 konnten ihre Bilder wieder entdeckt werden. Bis dahin galten sie meist als die des F. Hals, dessen bald selbständige Schülerin sie vermutlich war; 1631 als Patin eines Kindes von Hals gen. L. hat sich mit verschiedenen Tendenzen der holländ. Kunst auseinandergesetzt, mit dem lebendigen Genrestil von Hals, mit dem effektvoll ausgeleuchteten Helldunkel der Halbfigurenbilder Utrechter Maler (um 1628 Aufenthalt wohl in Vreeland b. Utrecht). Andere Werke zeigen ihre Auseinandersetzung mit dem Stil der Haarlemer Gesellschaftsbilder von P. Codde und J. M. Molenaer. Bemerkenswert sind u.a. ihre Bilder »Lustige Kavaliere« (Singende Jungen, mehrere Fassungen) und das selbstbewußte »Selbstbildnis« (um 1633, Washington, Nat. Gal.). Bes. die ganzfigurigen Genrebilder zeigen die ihr eigene Erfindungskraft in Komposition und Farbgebung. Dat. Werke sind zwischen 1629 und 1652 bekannt.
(Lexikon der Kunst. Architektur, bildende Kunst, angewandte Kunst, Industrieformgestaltung, Kunsttheorie. (2006). CD-Rom. Berlin. Directmedia Publishing. (Digitale Bibliothek, 43) ISBN 3-89853-443-X . S. 18452)
Links
Artcyclopedia: Judith Leyster Online. Linksammlung.
Online verfügbar unter http://www.artcyclopedia.com/artists/leyster_judith.html, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
ARTinWORDS: Judith Leyster: berühmteste Malerin aus Haarlem.
Online verfügbar unter https://artinwords.de/judith-leyster/, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
Google Arts & Culture: 7 erstaunliche Fakten über Judith Leyster. Ein Talent des 17. Jahrhunderts – verloren und wiederentdeckt.
Online verfügbar unter https://artsandculture.google.com/theme/DQIChb-z8As2Jg, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
National Gallery of Art: Judith Leyster, 1609-1660. Biography; Works of Art; Artist Bibliography; Related Content.
Online verfügbar unter https://www.nga.gov/collection/artist-info.1485.html, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
National Museum of Women in the Arts: Judith Leyster.
Online verfügbar unter https://nmwa.org/explore/artist-profiles/judith-leyster, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
Schjerdahl, Peter: A woman's work. The brief carrier of Judith Leyster. The New Yorker, The Art World, June 29, 2009.
Online verfügbar unter http://www.newyorker.com/online/multimedia/2009/06/29/090629_audioslideshow_judithleyster, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
Wikiart – Enzyklopädie der bildenden Künste: Judith Leyster - 23 Kunstwerke - Malerei.
Online verfügbar unter https://www.wikiart.org/de/judith-leyster, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
Wikimedia Commons (2020): Judith Leyster.
Online verfügbar unter https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Judith_Leyster?uselang=de, zuletzt geprüft am 08.02.2020.
Literatur & Quellen
Quellen
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Gaze, Delia (Hg.) (1997): Dictionary of women artists. 2 Bände. London. Fitzroy Dearborn. ISBN 1-88496-421-4. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Harris, Ann Sutherland; Nochlin, Linda (1977): Women artists 1550 – 1950. Ausstellungskatalog New York. Knopf. 1984. ISBN 0-394-41169-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Hofrichter, Frima Fox (1989): Judith Leyster. A woman painter in Holland's golden age. Doornspijk. Davaco. (Aetas aurea, 9) ISBN 90-70288-62-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Krichbaum, Jörg; Zondergeld, Rein A. (1979): Künstlerinnen. Von der Antike bis zur Gegenwart. Köln. DuMont. (DuMont-Taschenbücher, 82) ISBN 3-7701-1110-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Krull, Edith (1984): Kunst von Frauen. Das Berufsbild der bildenden Künstlerinnen in vier Jahrhunderten. Frankfurt am Main. Weidlich. ISBN 3-8035-1227-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Sello, Gottfried (1988): Malerinnen aus fünf Jahrhunderten. Hamburg. Ellert & Richter. ISBN 3-89234-077-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Weiterführende Literatur
Harms, Juliane (1927): Judith Leyster. Ihr Leben und ihr Werk. Amsterdam. de Bussy. (WorldCat-Suche)
Schaefer, Barbara; Blühm, Andreas (2008): Künstlerpaare. Liebe, Kunst und Leidenschaft. Ostfildern. Hatje Cantz. ISBN 978-3-7757-2312-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Weidemann, Christiane; Larass, Petra et al. (2008): 50 Künstlerinnen, die man kennen sollte. München. Prestel. ISBN 978-3-7913-3957-3. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Welu, James A. (Hg.) (1993): Judith Leyster. A Dutch master and her world. AusstellungskatalogWorcester Art Museum London. Yale University Press. ISBN 0-300-05564-1. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Welu, James A. und Biesboer, Pieter (Hg.) (1993): Judith Leyster. Schilderes in een mannenwereld. Ausstellungskatalog Zwolle. Waanders. ISBN 90-6630-394-8. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
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