geb. 23. Juli 1976 in Budapest
ungarische Schach-Großmeisterin
45. Geburtstag am 23. Juli 2021
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Wäre Judith zur Schule gegangen, hätte sie in der Regel abschreiben und zu Hause auswendig lernen müssen, was Lehrer an der Tafel notierten. Diese Methode, mit der lernintensive Lebensjahre vergeudet werden, hat Judits Vater, Laszlo Polgar, seinen drei Töchtern ersparen wollen. Er behielt sie zu Hause, legte sich deswegen mit der Schulbehörde an und gewann. Bei ihren Eltern – beide Pädagogen – lernten Judit und ihre beiden Schwestern schon im Kindergartenalter neben schulischem Basiswissen vor allem dies: Schachspielen – mit den mentalen und sozialen Fähigkeiten wie analytisches Denken, Selbstdisziplin und überlegtes Handeln, die erforderlich sind, wenn man im Schach außergewöhnliche Leistungen vollbringen will. Neben sportlichem Training, Musik hören, Lesen und Treffen mit Freunden wurde täglich sechs bis acht Stunden Schach gespielt – ein pädagogisch fragwürdiges Pensum, das dem Vater Kritik eintrug. Doch die positive Reaktion seiner Töchter auf diesen Lernplan bestätigte seine These, dass Genialität eher anerzogen als angeboren ist: Alle drei leisten Herausragendes im Schach.
Mit zwölf Jahren erzielte Judit bei der Schach-Olympiade in Saloniki mit 12.5 Punkten aus 13 Partien das beste Resultat aller Starterinnen; drei Jahre später wurde sie ungarische Landesmeisterin. 17jährig schlug sie Exweltmeister Boris Spasski und erschien erstmals in der Weltrangliste: gleich auf Platz 24! Heute ist sie die beste Schachspielerin der Welt. Da sie die allgemeine Weltmeisterschaft anstrebt, daher fast ausschließlich an Männer-Turnieren teilnimmt und damit ein Tabu bricht, bleiben herabsetzende Reaktionen nicht aus: „Sie besitzt phantastisches Schach-Talent, aber sie ist trotz allem eine Frau. Das liegt alles an den Unvollkommenheiten der weiblichen Psyche. Keine Frau kann einen längeren Kampf durchhalten. Sie kämpft gegen die Gewohnheit von Jahrhunderten…“ (Kasparov, 1990). Dieses Statement, vor 15 Jahren ärgerlich genug, wirkt heute geradezu peinlich – der Frauenbewegung und Judit sei Dank! Sie schlug Kasparov denn auch im September 2002.
Schon oft wurde ihr vorausgesagt, das Ende ihrer Laufbahn sei spätestens dann erreicht, wenn sie eine Familie gründe. Im Jahre 2004 nahm sie nicht an Turnieren teil, sondern machte eine Baby-Pause. Ihr Sohn Oliver wurde am 10. August geboren. Fünf Monate später steigerte sie beim Turnier im Wijk aan Zee ihre Elo-Zahl um fünf Punkte auf 2728 und belegte damit Platz neun auf der allgemeinen Weltrangliste. Im April 2006 lag sie mit 2711 Punkten auf Platz 14.
Verfasserin: Mechthild Winkler-Jordan
Links
Literatur & Quellen
Polgar, Zsuzsa & Jacob Shutzman. 1997. Queen of the Kings Game. New York. Comp Chess.
Fischer, Johannes. 2004. „Judit Polgar – Anmerkungen zu einem Phänomen“, in KARL – Das kulturelle Schachmagazin. 3/2004. Frankfurt.
Grünberg, Regina & Gerd Treppner. 1991. Frauen am Schachbrett. Hollfeld. Edition Beyer. C. Bange Verlag.
Karolyi, Tibor. 2004. Judit Polgar: Princess of Chess. Bratsford.
Voland, Rolf. 2003. Schach-Kaleidoskop. Berlin. Frieling.
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