Biographien Joana Maria Gorvin
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geboren am 30. September 1922 in Hermannstadt (Rumänien)
gestorben am 2. September 1993 in Wien
deutsche Schaupielerin
30. Todestag am 2. September 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
„Und dann ging es los nach schwerem Abschied, die Fahrt ins Ungewisse! In der Tasche 20 Mark, im Herzen nur Hoffnung und Glauben an ein Gelingen. Es war eine fast traumwandlerische Sicherheit, die mich auf diesem Weg leitete.“ 1938 war Gerda Glückselig, die sich später Joana Maria Gorvin nannte, in die Schauspielschule der Preußischen Staatstheater in Berlin aufgenommen worden, und 1940 versprach sie zum Abschluss ihrem Lehrer Gustaf Gründgens: „Mit allen Kräften will ich alles, was ich habe, hingeben, um Großem mit Großem zu begegnen.“
Während ihrer Ausbildung war sie einer weiteren Größe begegnet: dem Regisseur Jürgen Fehling, der die 17-jährige Elevin 1939 für seine Inszenierung Am hohen Meer von Roland Billinger engagierte. Er hatte das Besondere an ihr sofort entdeckt: „Die Gorvin hat ein geheimnisvolles Etwas in ihrer hohen Kehle. Sie ist eine erotische Nachtigall… Sie verwaltet seltsame Geigentöne. Sie verwaltet zugleich einen geschmeidigsten Körper. Ihre Gesten entwachsen ihrem Herzen. Sie ist unendlich tänzerisch.“
Gorvins Karriere begann in Berlin, wo sie ab 1940 vor allem mit Fehling, seit 1943 bis zu seinem Tod 1968 ihr Lebensgefährte, arbeitete. Ihre „Elektra“ in seiner Inszenierung der Fliegen von Sartre 1948 brachte den Durchbruch. Die Kritik war begeistert: „Sie spielt, was sie ist. Und was sie ist, ist vielleicht das größte Versprechen, das uns heute das Theater in ihrer Person zu geben hat“, schrieb der Telegraph, und Friedrich Luft: „Eine verzehrende Leistung, jedes Mal Bilder und Töne schaffend, die nicht wieder zu verlöschen sind. Vier Stunden Furie sein und nicht nachzulassen – wo sah man das sonst?“
Gorvins Bühnenlaufbahn verlief mit „traumwandlerischer Sicherheit“. Sie spielte die deutschen Klassiker ebenso wie Strindberg, Ibsen, Faulkner, Wilder, Tennessee Williams oder Giraudoux, sie spielte unter Gustaf Gründgens, Karlheinz Stroux, Fritz Kortner, Piscator – den Doyens der Theaterlandschaft der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sie spielte mit festen Engagements in Berlin, München, Düsseldorf, Hamburg. Ihr Spiel war von „einer Hochspannung, von einer gebändigten und gebündelten Nervosität, wie sie vor Jahren einmal bei der einzigen wirklichen Filmschauspielerin Amerikas zu finden war, bei Bette Davis“, schrieb Friedrich Torberg 1956. Und der Theaterkritiker Johannes Jacobi stellte 1960 bei Gründgens‘ Inszenierung von Fräulein Julie fest: „Ihr schmaler, behender Leib umschloss gefährlichere Leidenschaften als alle Kurvenköniginnen unserer flachen Sex-Libertinage.“
Die Theater-Libertinage in den 1960-er Jahren machte Gorvin Schwierigkeiten: „Was ist in Deutschland los? Was geht in den Theatern vor? Ich bin aufgezogen im strengen Glauben, dass nur Ensemble-Arbeit problematisches Theater ermöglicht.“ Nach Kontroversen mit Ivan Nagel verlässt die Ausnahmeschauspielerin 1974, inzwischen dekoriert mit dem Großen Verdienstkreuz I. Klasse der Bundesrepublik Deutschland, das Hamburger Theater, ihre „glückliche, künstlerische Heimat“, wo sie 15 Jahre lang große Triumphe gefeiert hat.
„Natürlich fühlte ich mich dann vernachlässigt.“ Aber sie spielte weiter, mit Luc Bondy, Hans Neuenfels, Claus Peymann, Peter Stein. 1990 war sie in Frankfurt in der Inszenierung Einar Schleefs von Feuchtwangers „1918“ zu sehen, Schleefs Vorstellung von Ensemble-Arbeit wird der „knabenhaft schlanken, weißhaarigen großen alten Dame, Witwe des Regisseurs Jürgen Fehling, die mit der Expressionistengeneration sozusagen großgeworden ist“ (Die Tageszeitung), vielleicht am ehesten zugesagt haben.
(Text von 2001)
Verfasserin: Susanne Gretter
Zitate
Ich sah unlängst Ihre Vorstellung, und es war großartig! großartig!... Ihre lauten Rufe, immer der Klang Ihrer Stimme, so klar und leicht, ohne Sentimentalität, und für mich über allem Ihre Leichtigkeit – nie aufdringlich – Sie sind wunderbar. Danke. Danke.
(Robert Wilson über ihre Rolle in „Schlusschor“ von Botho Strauß, 1992)
Literatur & Quellen
Fuhrich, Edda & Dagmar Wünsche. 1995. Joana Maria Gorvin: Eine Dokumentation. München. Langen Müller.
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