Biographien Inessa (Inès) Armand
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(Elisabeth-Inès Stéphane Armand, Elisabeth Pècheux d'Herbenville, Armand, Inessa Fedorovna, Stéphane, Inès-Elisabeth, Steffen, Elizaveta Fëdorovna, Blonina, Elena = Pseudonym)
geboren am 8. Mai 1874 in Paris
gestorben am 24. September 1920 in Kislowodsk/Kaukasus
französisch-russische Revolutionärin
150. Geburtstag am 8. Mai 2024
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Alles schien auf ein gutbürgerliches Frauenleben hinzulaufen, als Inès-Elizabeth Stéphane nach dem frühen Tod ihres Vaters, eines berühmten Opernsängers, zu Tante und Großmutter nach Moskau zog, wo sie eine gute Erziehung erhielt, mit 17 ihr Examen als Hauslehrerin ablegte und zwei Jahre später Alexander Armand heiratete, Sohn eines reichen Moskauer Fabrikanten.
1200 Arbeiterinnen und Arbeiter waren in der Armandschen Manufaktur mit der Herstellung von Wollstoffen beschäftigt. Von der Not der Arbeiter, dem Los ihrer Ehefrauen und dem Anblick der skrofulösen Kinder erschüttert, richtete sie zusammen mit ihrem Mann eine Schule für Arbeiter- und Bauernkinder ein. In Moskau wurde sie 1900 Vorsitzende des „Vereins zur Verbesserung des Loses der Frau“.
Fortan wurde für sie Programm, was sie sich bereits als Fünfzehnjährige bei der Lektüre von Tolstois Krieg und Frieden geschworen hatte: „Er sagte dort, Natascha sei mit ihrer Heimat zum Weib geworden. Ich weiß noch, dass ich diesen Satz als schrecklich kränkend empfand, dass er mich wie ein Peitschenhieb traf und mich zu dem festen Entschluss brachte, niemals ein Weib zu werden, sondern immer ein Mensch zu bleiben.“
Als Inès sich von Herbst 1904 bis Sommer 1905 mit ihren fünf Kindern am Genfer See zur Erholung aufhält, liest sie Lenins Entwicklung des Kapitalismus in Russland und andere marxistische Literatur – und wird zur begeisterten Bolschewistin. 1905 wird sie, die inzwischen mit ihrem Schwager zusammenlebt, wegen ihrer Arbeit für die Bolschewisten zum ersten Mal verhaftet.
Illegale Parteiarbeit in Russland und Westeuropa wechselten sich nun ab. Sie ist Herausgeberin von Rabotniza, der bolschewistischen Frauenzeitung, spielt eine führende Rolle bei den Internationalen Sozialistischen Frauenkongressen, ist Leiterin der Parteischule bei Paris und ab 1909 enge Vertraute von Lenin, zu dem ihr eine Liebesbeziehung nachgesagt wird.
„Ich will eine Broschüre über die Familie schreiben. An interessantem Material habe ich schon einiges… Deine Fragen nach der Liebe, der Familie und ähnlichem haben mich nämlich am allermeisten auf den Gedanken gebracht, darüber zu schreiben“, schreibt sie an ihre Tochter. Auch die freie Liebe ist jetzt ihr Thema.
Das Private soll politisch werden – da zieht sie mit ihrer berühmten Kollegin Alexandra Kollontai an einem Strang. Die Maßregelung durch den Übervater und Pharisäer Lenin folgt auf dem Fuße.
Im Januar 1914 schreibt er ihr: „Über eines muss ich meine Meinung schon sagen: §3 – die Forderung (der Frau) nach Freiheit der Liebe rate ich überhaupt zu streichen. Hierbei kommt in Wirklichkeit keine proletarische, sondern eine bürgerliche Forderung heraus.“ Inessa Armand hat ihre Thesen zur Frauenfrage nicht publiziert.
Nach einem Leben für die Partei – „Straßenpflastern ist sicher leichter“, sagte sie einmal zu ihren Töchtern – , ist sie 1920 im Kaukasus an der Cholera gestorben.
(Text von 1998)
Verfasserin: Susanne Gretter
Links
Hinckel, Christa. 10.05.2006. Persönliche Dokumente - Inès F. Armand, Vladimir I. Lenin und Nadežda K. Krupskaja. Dokumentarisches. In: Arbeit - Bewegung - Geschichte: Zeitschrift für historische Studien. 5. Jahrgang, Heft 2006/II. Berlin. Online: https://library.fes.de/jbzg/2006/christa_hinckel.pdf (03.05.2024)
Riggenbach, Heinrich. “Armand, Inessa”. in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 17.09.2001.
Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/028356/2001-09-17/ (03.05.2024)
Petersdorf, Jutta. 08.05.1999. Die Frau, die Lenin faszinierte. Politik / Frauengeschichte(N): Ines Armand, »Towarisch Inessa«. nd - Journalismus von Links. Berlin.
Online https://www.nd-aktuell.de/artikel/762791.die-frau-die-lenin-faszinierte.html (03.05.2024)
Wilfingseder, Karin. 08.03.2023. Frauen gegen den Krieg: Inessa Armand. Linkswende jetzt! Wien.
Online: https://linkswende.org/frauen-gegen-den-krieg-inessa-armand/ (03.05.2024)
Literatur & Quellen
Elwood, R.C. 1992. Inessa Armand, Revolutionary and Feminist. New York City. Cambridge UP.
Podljasuk, Pawel. 1987. Inessa: Ein dokumentarischer Bericht über das Leben der Inès Armand. Berlin. Dietz.
Rice, Christopher. 1990. Lenin: Portrait of a Professional Revolutionary. London. Cassell.
Service, Robert. 1991. Lenin: A Political Life. London. Macmillan.
Weber, Hermann. 1970. Lenin in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg. rororo monographie 168.
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