(Dr. Ida Noddack, geb. Tacke; Ida Noddack-Tacke)
geboren am 25. Februar 1896 auf Haus Wohlgemut in Lackhausen, jetzt Wesel
gestorben am 24. September 1978 in Bad Neuenahr-Ahrweiler
deutsche Chemikerin
45. Todestag am 24. September 2023
Biografie • Zitate • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
Es ist schön zu forschen und man kommt gar nicht davon los und ich möchte auch nicht aufhören zu forschen.
(Ida Noddack 1965 in einem Rundfunkinterview).
Sie war nicht nur eine sehr kluge, mutige Frau, die sich in der von Männern dominierten Welt der Wissenschaft behauptet hat. Sie war auch eine Frau mit großem Herzen und voller ausgelassenem Humor, die leidenschaftlich gerne tanze und ein halbes Dutzend Katzen hielt.
Zu Vorlesungen, bei denen Frauen nicht zugelassen waren, ging sie als Mann verkleidet und schloss sich sehr bald dem “Verein studierender Frauen” an.
Obwohl sie die erste Frau war, die an der Technischen Hochschule (heute TU) Berlin ihren Doktor in Chemie machte (1919), rückte sie in den Hintergrund und blieb immer die wissenschaftliche Mitarbeiterin ihres Mannes Walter Noddack. Für ihr Diplom erhielt sie 1919 den 1. Preis der Abteilung Chemie und Hüttenkunde der Technischen Hochschule Berlin, danach arbeitete sie bei der AEG.
Im Nachruf für ihren Mann heißt es „…dass er sich fast vom Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn an bis an sein Lebensende der unermüdlichen und aufopferungsvollen Mitarbeit seiner Gattin Ida erfreuen konnte.“ Sie folgte ihm von Berlin über Freiburg nach Straßburg und Bamberg.
Das gegensätzliche Paar (sie eine lebenslustige, emanzipierte Frau aus reichem Haus, er ein scheuer Wissenschaftler aus armen Verhältnissen) widmete sein ganzes Leben der Forschung. Jahrelang fahndeten sie unermüdlich nach noch unbekannten chemischen Elementen. Schließlich schafften sie es, ein Gramm Rhenium (Kernladungszahl 75) aus 600 Kilogramm Mineralien zu isolieren - “Rhenium” nannten sie es nach Idas Heimat, dem Rheinland.
Sie veröffentlichte 60 wissenschaftliche Aufsätze sowie zwei Monographien und galt zu ihrer Zeit als die weltweit beste Röntgenspektrographin. 1931 erhielt sie als erste - und bis heute (2016) einzige - Frau die Liebig-Gedenkmünze der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Sie forschte auch zur chemischen Auflösung von Nierensteinen und zählt durch ihre Untersuchungen von Meteoriten zu den Initiatorinnen der Kosmochemie.
1934 wirbelte Ida Noddack in der Zeitschrift für angewandte Chemie mit einer Vermutung viel Staub auf: Urankerne könnten bei Neutronenbeschuss in größere Bruchstücke zerfallen. Die gesamte Fachwelt sah Ida Noddacks unorthodoxe Vermutung als völlig abwegig an und lachte darüber. Otto Hahn: “Ihre Annahme von einem Zerplatzen des Atomkerns ist doch absurd.” 1938 gelang dem Forschungsteam Lise Meitner (bereits im schwedischen Exil), Otto Hahn und Fritz Straßmann schließlich die erste Kernspaltung, für die nur die Männer 1944 den Nobelpreis für Chemie erhielten. – Erst in seinem letzten Rundfunkinterview änderte der greise Otto endlich seine Meinung und sagte: „Die Ida hatte doch recht.“
Leider waren diese hochmütigen Kollegen nicht die einzige Kränkung der Forscherin Ida Noddack. Sie hatte gemeinsam mit ihrem Mann Walter Noddack (1863-1960) bereits die letzten zwei der klassischen chemischen Elemente entdeckt, die im Periodensystem auf den Plätzen 43 und 75 noch fehlten. Als EntdeckerInnen durften sie sie benennen und zwar Rhenium (nach dem Geburtsland Rheinland von Ida) und Masurium (nach dem Geburtsland Masurien von Walter).
Doch die Entdeckung von Masurium wurde bezweifelt und schließlich sogar verworfen, so dass Emilio Segré es Technetium benannte, nachdem er radioaktive Isotope mit einem Zyklotron erzeugt hatte.
Das ForscherInnenpaar gilt manchen als verkannte wissenschaftliche Größen, anderen als notorische Querulanten, ja sogar als Ultranationalisten und überzeugte Nazi-Sympathisanten.
Mit ihrem Mann hat sie fast 40 Jahre lang zusammen geforscht und gearbeitet, viele Ehrungen und Auszeichnungen haben sie zusammen erhalten und nahezu drei Dutzend Publikationen gemeinsam veröffentlicht.
Das Rhenium brachte den Noddacks fünf Nominierungen für den Chemie-Nobelpreis in den Jahren von 1932 bis 1937 (verliehen wurde er ihnen jedoch nicht) sowie die Justus-Liebig-Gedenkmünze.
Sie starb mit 82 Jahren in einem Altenheim, 18 Jahre nach ihrem Mann.
Verfasserin: Claudia Mayr
Zitate
Die weltweit berühmte Chemikerin beschrieb und entdeckte 1925 gemeinsam mit ihrem Mann Walter Noddack die selten vorkommenden chemischen Elemente Rhenium und Masurium (heute Technetium). Sie betätigten sich beide sehr erfolgreich auf zahlreichen Gebieten der Chemie: Photochemie, Geo- und Kosmochemie, Spurenelemente in der belebten und unbelebten Natur, Auflösung der Nierensteine beim Menschen, Röntgenspektroskopie. 1934 fand sie Gründe, daß durch Neutronenbeschuß Urankerne gespalten werden.
(Text auf der Bronzetafel an Ida Noddacks Geburtshaus in Lackhausen, Wesel)
Links
Engel, Brita (1997): Festkolloquium zu Ehren von Frau Dr.-Ing. Dr. h.c. Ida Noddack-Tacke an der TU Berlin.
PDF-Datei, 16 S.
Online verfügbar unter https://www.gdch.de/fileadmin/downloads/Netzwerk_und_Strukturen/Fachgruppen/Geschichte_der_Chemie/Mitteilungen_Band_13/1997-13-14.pdf, zuletzt geprüft am 19.02.2021.
Engel, Michael (1999): Noddack, Ida Eva. In: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 307 f. [Online-Version].
Online verfügbar unter https://www.deutsche-biographie.de/sfz72213.html, zuletzt geprüft am 19.02.2021.
Erinnerung an Ida Noddack zum 100. Gebutstag.
Online verfügbar unter http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/39710/, Server nicht erreichbar 19.02.2021.
Habashi, Fathi (2009): Ida Noddack and the missing elements.
Online verfügbar unter https://eic.rsc.org/feature/ida-noddack-and-the-missing-elements/2020167.article, zuletzt geprüft am 19.02.2021.
Literatur & Quellen
Fölsing, Ulla. 1999. Geniale Beziehungen: Berühmte Paare in der Wissenschaft. München. Beck. S. 136-145.
Tilgner, Hans Georg. 1999. Forschen - Suche und Sucht: Kein Nobelpreis für das deutsche Forscherehepaar, das Rhenium entdeckt hat. Eine Biografie von Walter Noddack (1893-1969) und Ida Noddack-Tacke (1896-1978). Libri Books on Demand.
Noddack-Tacke, Ida (1939): Die Häufigkeiten der Schwermetalle in Meerestieren. Stockholm. Almqvist & Wiksell.
(WorldCat-Suche)
Noddack-Tacke, Ida (1942): Entwicklung und Aufbau der chemischen Wissenschaft. Freiburg i. Br. Schulz Verl.
(WorldCat-Suche)
Noddack-Tacke, Ida; Noddack, Walter (1933): Das Rhenium. Leipzig. L. Voss.
(WorldCat-Suche)
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