Biographien Hope Bridges Adams Lehmann
(Dr. Hope Bridges Adams Lehmann, Hope Bridges Adams [Geburtsname], Hope Adams Walther [Ehename])
geboren am 17. Dezember 1855 in Halliford bei London
gestorben am 10. Oktober 1916 in München
britisch-deutsche Ärztin und Sozialreformerin
105. Todestag am 10. Oktober 2021
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen • Bildquellen
Biografie
Hope Bridges Adams Lehmann war eine Sozialreformerin von visionärer Kraft, die bis zum Erscheinen der Biographie von Marita Krauss (2002) fast vergessen war.
Hope stammte aus einer fortschrittlichen englischen Familie. Weshalb die 17-Jährige 1873 nach dem Tod des Vaters mit der Mutter nach Dresden zog, ist nicht bekannt.
Mit unglaublicher Energie und Hartnäckigkeit setzte Hope ab 1876/77 ihr Medizinstudium durch bis zum Staatsexamen, das sie trotz massiver Behinderungen durch Professoren, Mitstudenten und Behörden gleichzeitig mit ihren männlichen Kommilitonen und als erste Frau in Deutschland ablegte. Danach promovierte sie in Bern, bekam ihre Approbation in England und arbeitete dann in der Praxis ihres Mannes, Otto Walther, gleichberechtigt mit.
Nach der Geburt ihres zweiten Kindes erkrankte sie an Tuberkulose, konnte sich aber heilen durch Höhenluft, Wandern, Schonung und gezielte Gewichtszunahme. Die dabei gewonnenen Erfahrungen setzte das Ehepaar in einem Lungensanatorium in Nordrach im Schwarzwald um, das bald international erfolgreich war.
Hope verliebte sich in den zehn Jahre jüngeren Dr. Carl Lehmann, Verwalter in Nordrach (seine Schwester Maria wurde Zahnärztin; sie war mit dem österreichischen Literaten Franz Blei verheiratet). Als Hope die Scheidung verlangte, widersetzte sich ihr Mann vehement, wohl nicht zuletzt, weil er sie in der Klinik brauchte.
Carl und Hope eröffneten in München eine Praxis, die bald florierte. Sie waren beide SozialdemokratInnen (Hope übersetzte Bebels »Die Frau und der Sozialismus« ins Englische). Hope hatte auch gute Kontakte zur Münchner Frauenbewegung (u.a. zu dem »radikalen« Paar Augspurg und Heymann) und war besonders befreundet mit Clara Zetkin, deren beide Söhne, Maxim und Kostja (später der Geliebte Rosa Luxemburgs), oft bei den Lehmanns wohnten.
1896 veröffentlichte Adams Lehmann einen »ärztlichen Ratgeber für die Frau«, das zweibändige »Frauenbuch«. Sie plante auch ein Frauenkrankenhaus, genannt Frauenheim. Hopes Ansichten zur Krankenhausreform waren visionär: »So sollten … die Mitglieder des Trägervereins ›Frauenheim‹, dem die Patientinnen beitraten, den Chefarzt wählen. Durch ihre Mitgliedschaft befänden sie sich in einem Haus, das ihnen gehört, und nicht in einer Anstalt, so Adams Lehmann. Die Klassenmedizin war aufzuheben, arme und reiche, ledige wie verheiratete Frauen konnten in diesem Krankenhaus den gleichen Komfort genießen. Hinzu kam die Forderung nach Transparenz des ärztlichen Tuns: Gründe der Behandlung, Ergebnisse und Art der Operation waren den Patientinnen mitzuteilen und schriftlich mit nach Hause zu geben.« (Krauss 127)
Genauso revolutionär und wegweisend waren Adams Lehmanns Ideen zur Erziehungsreform, die sie zunächst in einer Versuchsschule, dann – als diese nicht bewilligt wurde – in einem Versuchskindergarten umzusetzen versuchte. Neueste Hirn- und Sprachforschungsergebnisse von heute vorwegnehmend, wollte sie »den Kindern mehr geistige Anregung geben, als der gewöhnliche Kindergarten es tut«. Schon die Dreijährigen sollten spielerisch mit Lesen und Schreiben vertraut gemacht werden und überdies Fremdsprachen von muttersprachlichen Kindergärtnerinnen in dem Alter erlernen, wo dies noch mühelos möglich ist.
Viele führende Persönlichkeiten Münchens unterstützten das anspruchsvolle Projekt Frauenheim, aber die Hebammen und Teile der Ärzteschaft fürchteten die Konkurrenz. Die Hebammen gingen schließlich so weit, Hope Adams Lehmann in einen Abtreibungsprozess zu verwickeln, aus dem sie zwar 1915 straflos hervorging, der aber nicht nur ihrem Ansehen, sondern auch ihrer Gesundheit schweren Schaden zufügte.
Im April 1915 starb Carl Lehmann, ein Hüne von einem Mann, geübter und leidenschaftlicher Bergsteiger, im Krieg an einer Blutvergiftung. Hope war äußerlich gefasst, aber gebrochen. Ihre alte Tbc-Erkrankung brach wieder aus. Sie ordnete ihre Hinterlassenschaft und folgte ihrem Mann anderthalb Jahre später nach.
Verfasserin: Luise F. Pusch
Links
Charité - Universitätsmedizin Berlin (2009): Dokumentation: Ärztinnen im Kaiserreich. Adams-Lehmann, Hope Bridges (geb. Adams). Allgemeines, Ausbildung, Beruf, Literatur.
Online verfügbar unter https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00158, zuletzt geprüft am 28.12.2020.
filmportal.de (2008): Dr. Hope - Eine Frau gibt nicht auf. Zweiteiliger Fernsehfilm. Deutschland (2008).
Online verfügbar unter https://www.filmportal.de/film/dr-hope-eine-frau-gibt-nicht-auf_0badaef6507b4179a7fc47535f961344, zuletzt geprüft am 28.12.2020.
Friedrich Ebert Stiftung: Suchergebnisse Adams-Lehmann. Links zu Texten von Hope Adams Bridges Lehmann.
Online verfügbar unter https://www.fes.de/suche?id=84&q=hope+bridges+adams+lehmann, zuletzt geprüft am 28.12.2020.
Mäckler, Andreas (2010): Vergleich vor Gericht zu »Dr. Hope«: Filmproduktion muss 15.000 Euro an Prof. Marita Krauss zahlen.
Online verfügbar unter http://www.meine-biographie.com/?p=3609#more-3609, zuletzt geprüft am 28.12.2020.
Sauerteig Durham, Lutz (2004): Marita Krauss: Die Frau der Zukunft. Dr. Hope Bridges Adams Lehmann, 1855-1916. Ärztin und Reformerin. Buchbesprechung. In: Archiv für Sozialgeschichte 44. 2004.
Online verfügbar unter http://library.fes.de/fulltext/afs/htmrez/80536.htm, zuletzt geprüft am 28.12.2020.
Literatur & Quellen
Adams-Lehmann, Hope Bridges (1896): Das Frauenbuch. Ein ärztlicher Ratgeber für die Frau in der Familie und bei Frauenkrankheiten. Stuttgart. Süddeutsches Verlags-Institut. (WorldCat-Suche)
Adams-Lehmann, Hope Bridges (1898): Die Gesundheit im Haus. Eine ärztliche Anleitung für das Verhalten der Frau und Mutter im täglichen Leben und bei Frauenkrankheiten. Stuttgart. Süddeutsches Verlags-Institut. (WorldCat-Suche)
Adams-Lehmann, Hope Bridges (1899): Die Vorbereitung der Frau zur Lebensarbeit. Vortrag. Zürich, Leipzig. Schröter. (WorldCat-Suche)
Dewi, Torsten; Tempel, Katja (2009): Dr. Hope. Eine Frau gibt nicht auf. Deutschlands erste Ärztin. . Enthält zahlreiche Fehler – weitere Informationen siehe Links! Orig.-Ausg. München, Zürich. Piper. (Serie Piper, 5488) ISBN 978-3-492-25488-5. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Dittler, Erwin (19XX): Erinnerungen an Dr. Carl & Dr. Hope Bridges Adams-Lehmann und die Zeit unterm Sozialistengesetz. . Als Manuskript gedruckt. Kehl-Goldscheuer. E. Dittler. (WorldCat-Suche)
Kirschstein, Christine (1992): »Fortgesetzte Verbrechen wider das Leben«. Ursachen und Hintergründe des 1914 nach § 219 RSTGB eingeleiteten Untersuchungsverfahrens gegen die Münchener Ärztin Dr. Hope Bridges Adams-Lehmann. Frankfurt am Main. Haag und Herchen. ISBN 3-89228-871-2. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Krauss, Marita (2002): Die Frau der Zukunft. Dr. Hope Bridges Adams Lehmann 1855 - 1916. Ärztin und Reformerin. München. Buchendorfer Verlag. ISBN 3-934036-91-0. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Krauss, Marita (2009): Hope. Dr. Hope Bridges Adams Lehmann – Ärztin und Visionärin. Die Biografie. München. Volk. ISBN 978-3-937200-69-9. (Amazon-Suche | Eurobuch-Suche | WorldCat-Suche)
Bildquellen
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