(Johanna Friederika Henriette Katharina Davidis)
geboren am 1. März 1801 in Wengern an der Ruhr
gestorben am 3. April 1876 in Dortmund
deutsche Kochbuchautorin
145. Todestag am 3. April 2021
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Sie wird “Erfinderin des Kochbuchs” und der Rezept-Formel “Man nehme…” genannt. Beide Zuschreibungen hätte sie abgelehnt und auf ihre Lebensweisheiten verwiesen: “Correktheit ist doch in jeder Art sehr zu wünschen” oder “Bescheidenheit ist eine Zierde der weiblichen Natur”. Acht Jahre lang hatte Davidis die Rezepte für ihr erstes Kochbuch gesammelt und die meisten selbst ausprobiert. In Wengern, wo sie auf einem Gut mit ihren Rezepten experimentierte, hiess es, sie habe einen ganzen Vierspännerhof durchgekocht.
Henriette Davidis wurde 1801 als zehntes von 13 Kindern einer Pfarrfamilie in Wengern an der Ruhr geboren. Sie hat sich später weit über die Grenzen Dortmunds (wo sie seit 1856 lebte) hinaus einen Namen als Autorin von Kochbüchern und Erziehungsratgebern gemacht. Ihre Lebenserfahrung als nichtverheiratete Frau (zweimal war sie verlobt, aber beide Verlobten starben), Erzieherin und Tochter einer kinderreichen Familie bringt sie mit in ihre Schriften ein. Das Schicksal ihrer Mutter erklärt ihre Hinwendung zu den Idealen der Haushaltsführung: “Meine Mutter ... war im Hauswesen gänzlich unkundig, ländliche Arbeiten kannte sie nicht einmal dem Namen nach, worauf dann in ihrem Beruf als Pfarrfrau die peinlichsten Verlegenheiten aller Art entstanden.”
Wir werden Henriette Davidis nicht gerecht, wenn wir sie nur als “Altmeisterin der Kochkunst” betrachtet. Selbst das “Praktische Kochbuch” von 1845 ist Teil eines umfassenden Erziehungs- und Bildungsprogrammes für Mädchen, hinter dem das festgefügte, religiös geprägte und zutiefst konservative Frauenbild der Autorin steht. Fast könnte man von einem pädagogischen Baukastensytem sprechen, bei dem jede Einheit auf der vorhergehenden aufbaut: Nachdem sie als Kinder die “Puppenmutter Anna” (1858) und “Puppenköchin Anna (1856) gelesen hatten, bekamen die älteren Töchter den “Beruf der Jungfrau (1857), bevor sie als junge Hausfrauen zum Ratgeber “Die Hausfrau” und zum Kochbuch griffen, um ihre Ausbildung zu vervollständigen.
Für Davidis war das Wirken der Hausfrau “Schaffen für Wohlstand und Unabhängigkeit” – des Mannes.
Dass der Dortmunder Lokalpatriotismus Henriette Davidis “zu den bedeutendsten Frauen des 19. Jahrhunderts” zählt, hat sie genau so wenig nötig wie andere Superlative. Immerhin hat sie – für eine Frau in ihrer Zeit nicht einfach – eine große Zahl vielgelesener Schriften veröffentlicht, darunter auch einen Bestseller. Ist das etwa nichts?
(Text von 2000)
Verfasserin: Sulamith Sparre
Zitate
Das Kochen ist schon der Gesundheit wegen nicht als Nebensache zu betrachten. Jede Tochter – die höheren Stände nicht ausgeschlossen – sollte sich hinlänglich damit bekanntmachen, um als Hausfrau selbst Hand ans Werk legen zu können, oder, wo die Verhältnisse das nicht erfordern, doch imstande zu sein, die Küche zu controlieren, damit sie ihren Untergebenen nicht zu stark in die Hände falle.
(Henriette Davidis, Praktisches Kochbuch, 1844).
Literatur & Quellen
Beruf der Jungfrau: Henriette Davidis und Bürgerliches Frauenverstandnis im 19. Jahrhundert. Redaktion: Gisela Framke & Gisela Marenk. Hg: Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Stadt Dortmund. Oberhausen. Graphium 1988.
Davidis, Henriette. 1872. Praktisches Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche: Zuverlässige und selbstgeprüfte Rezepte zur Bereitung der verschiedenartigsten Speisen und Getränke, zum Einmachen etc., und eine Hinweisung auf schnell zu machende Speisen. Mit einem Anhange, enthaltend Arrangements zu kleinen und grösseren Gesellschaften und einen Küchenzettel nach den Jahreszeiten. Mit besonderer Berücksichtigung der Anfängerinnen und angehenden Hausfrauen. Bielefeld. Velhagen & Klasing.
Davidis, Henriette. 1990 [1848]. Gedichte. Nachdruck durch Walter Methler, Wetter, Ev. Gemeindeamt Volmarstein. Elberfeld; Iserlohn. Julius Bädeker.
Davidis, Henriette. o.J. [1911]. Die Hausfrau: Praktische Anleitung zur selbständigen und sparsamen Führung des Haushaltes. Eine Mitgabe für angehende Hausfrauen. Neue vollständig durchgearbeitete Ausgabe von Elisabeth Schmitz. Regensburg. Habbel.
Strotdrees, Gisbert. 1992. Es gab nicht nur die Droste: Sechzig Lebensbilder westfälischer Frauen. Münster–Hiltrup. Landwirtschaftsverlag.
Timm, Willy. 1979. “Henriette Davidis”, in: Westfälische Lebensbilder 12. S. 88-103.
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