(Dr. Helen Caldicott geb. Broïnowski)
geboren am 7. August 1938 in Melbourne
australische Atomgegnerin und Friedensaktivistin
85. Geburtstag am 7. August 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
„Stellen Sie sich vor, in diesem Moment würde eine Atombombe über unseren Köpfen abgeworfen…“ , so oder ähnlich beginnt Helen Caldicott ihre Reden, mit denen sie seit über 30 Jahren Menschen in der ganzen Welt aufrütteln will, um sie zum Widerstand gegen den „nuklearen Wahnsinn“ zu mobilisieren. Trotz vieler Rückschläge und Anfeindungen – konservative amerikanische Kreise verdächtigten sie pro-kommunistischer Sympathien, weil sie mitten im Kalten Krieg mit sowjetischen Ärztekollegen zusammenarbeitete – hat sie bis heute an ihrem Ziel festgehalten: Das Leben auf der Erde zu bewahren durch Abrüstung und Schließung der Atomreaktoren, vor deren Gefährlichkeit sie schon in den 1970er Jahren, als noch kaum jemand davon sprach, gewarnt hatte. Die Unfälle in Harrisburg und Tschernobyl sollten ihr auf erschreckende Weise Recht geben.
Alles begann 1971 in Australien. Helen Caldicott, Anfang 30, Mutter von drei kleinen Kindern und Ärztin am Kinderkrankenhaus von Adelaide, protestiert in einem Leserinnenbrief gegen unerlaubte französische Atomwaffentests auf dem Mururoa-Atoll. Ihre Furcht vor einer radioaktiven Verseuchung des australischen Regenwassers findet große Resonanz, eine antifranzösische Boykott-Bewegung entsteht, der es gelingt, die Einstellung zumindest der oberirdischen Tests durchzusetzen.
1977 zieht die Familie in die USA, Caldicott arbeitet an einer Bostoner Kinderklinik, ihr Mann am Harvard-Universitätsklinikum. 1980 gibt sie schweren Herzens ihre Stelle auf, um sich ganz dem Engagement in der Antiatombewegung zu widmen. Unermüdlich reist sie durch die USA, Kanada, Australien, Japan, die Sowjetunion und viele europäische Länder, um die unterschiedlichsten Auditorien, von Gewerkschaften über Kirchengemeinden und Parteiversammlungen bis hin zu wissenschaftlichen Kongressen, über die medizinischen Folgen radioaktiver Strahlung und die sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen des Wettrüstens aufzuklären. Sie unterstützt die Forderung der schwedischen Friedensforscherin Randall Forsberg, die Atomwaffenarsenale einzufrieren („Freeze“), und baut zwei große Organisationen auf, die „Ärzte für soziale Verantwortung“, bekannter unter dem Namen der später entstandenen Dachorganisation „Internationale ÄrztInnen gegen den Atomkrieg“, und WAND („Women’s Action for Nuclear Disarmament“). Beiden Gruppen gewinnt sie Zehntausende von Mitgliedern und jährlich 1,5 Millionen Dollar Sponsorengelder – in den USA ein wichtiges Kriterium für Erfolg.
Am 12. Juni 1982 spricht sie vor einer Million KundgebungsteilnehmerInnen im New Yorker Central Park – die Friedensbewegung ist auf ihrem Höhepunkt und Caldicott eine ihrer bekanntesten Persönlichkeiten. Mit den SALT-II-Abrüstungsverhandlungen und der Auflösung des Ostblocks Ende der 1980er Jahre scheint ein Erfolg tatsächlich zum Greifen nahe, doch – leider – sind Caldicotts Befürchtungen heute aktueller denn je. In ihrem jüngsten auf Deutsch erschienenen Buch Atomgefahr USA (2003) beweist sie mit detailliertem Faktenmaterial: Noch nie waren die USA so hoch gerüstet wie unter der derzeitigen Bush-Regierung und – so ihre provokante These – die Rüstungskonzerne drängen darauf, neu entwickelte Uranwaffen in der Praxis zu erproben, dies sei die eigentliche Motivation der amerikanischen Militäreinsätze der letzten Jahre: Kosovo, Afghanistan, Irak.
Helen Caldicott hat bisher sechs Bücher veröffentlicht (weitere sind in Arbeit), an mehreren Filmen mitgearbeitet (If you love this planet erhielt 1982 den Oscar als bester Dokumentarfilm) und leitet heute das von ihr gegründete Nuclear Policy Research Institute in Los Angeles.
Verfasserin: Andrea Schweers
Zitate
As a doctor, as well as a mother and a world citizen, I wish to practice the ultimate form of preventive medicine by ridding the earth of these technologies that propagate disease, suffering, and death. (Helen Caldicott)
Literatur & Quellen
Quellen
Caldicott, Helen Broïnowski. 1997. A desperate passion: An Autobiography. New York. London. W.W. Norton & Company
Caldicott, Helen. 2003 (2002). Atomgefahr USA: Die nukleare Aufrüstung der Supermacht. Aus d. Engl. von Andrea Panster. München. Heinrich Hugendubel Verlag
http://en.wikipedia.org/wiki/Helen_Caldicott
http://www.helencaldicott.com/
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