(Johanna Klara Eleonore Kohl, geb. Renner)
geboren am 7. März 1933 in Berlin
gestorben am 5. Juli 2001 in Ludwigshafen-Oggersheim
deutsche Kanzlergattin; Gründerin und Präsidentin des Kuratoriums ZNS für Hirnverletzte
90. Geburtstag am 7. März 2023
Biografie • Zitate • Literatur & Quellen
Biografie
Bei einem Klassenfest im Gasthaus “Zum Weinberg” in Ludwigshafen lernte die fünfzehnjährige Hannelore Renner den Achtzehnjährigen kennen, und nach zwölf Jahren Bekanntschaft heiratete Helmut Kohl, damals kaufmännischer Angestellter beim Chemieverband, Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes und Landtagsabgeordneter in Mainz, am 27. Juni 1960 seine “Tanzstundendame”. Sie musste warten, weil er vor der Eheschließung noch ein Haus bauen wollte.
Hannelore Renners Biographie las sich bis dahin wie eine Chronik des Verzichts. Vor der Sowjetarmee war sie mit ihren Eltern aus Leipzig in die Pfalz geflüchtet, wo sie in einer Waschküche unterkamen. Kurz nach dem Krieg stirbt der Vater und lässt die Familie mittellos zurück. Ihr Wunsch, Mathematik oder Physik zu studieren, scheiterte aus finanziellen Gründen. Schließlich ließ sie sich zur Fremdsprachensekretärin ausbilden, sprach fließend Französisch und Englisch und konnte in vier Sprachen stenografieren.
Nach der Hochzeit gab sie einen lukrativen Job bei der BASF auf. “Ich komme aus einer Generation, in der sich die Frage nach einer Berufstätigkeit für eine verheiratete Frau einfach nicht so stellte”, sagte sie einmal. Hannelore Kohl verkörperte perfekt das Frauenbild ihrer Zeit. “Wenn ich mich nicht völlig auf meinen Mann eingestellt hätte, wäre unsere Ehe schiefgelaufen”, sagte sie. Und er: “Glücklicherweise habe ich in meiner Frau eine Lebenspartnerin gefunden, die übersteigerten Ehrgeiz und den Hunger nach Anerkennung um jeden Preis nicht kennt.”
Sie war die Frau an einer Seite, die Frau in seinem Schatten, aus dem sie nur dann heraustrat, wenn er nicht da war, wie sie einmal sagte. Sie erzog die 1963 und 1965 geborenen Söhne Walter und Peter, letzterer erinnert sich: “Mutter konnte eisenhart sein. Unsere Erziehung hat sie preußisch durchgezogen, uns ein gehöriges Maß an Disziplin mit auf den Weg gegeben.”
Ein gehöriges Maß an Disziplin hatte sie selbst. Zunächst als Landesmutter von Rheinland-Pfalz, ab 1982 sechzehn Jahre lang als Kanzlergattin. Man muß “vor allem warten können”, sagte Hannelore Kohl 1992 in einem ZDF-Interview. Aber nach “vier, fünf Stunden echten Wartens” könne man nur noch “von einem Hund verlangen, daß er sich freut. Ich habe von unserem Hund gelernt.”
1983 tritt sie aus dem Schatten ihres Mannes heraus. Sie gründete das Kuratorium ZNS für Unfallverletzte mit Schäden des Zentralen Nervensystems und wurde dessen Präsidentin. 1988 wird sie für ihre Arbeit mit dem Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet, weitere Ehrungen folgen. Seit 1993 litt sie an einer Lichtallergie. “Zum Schluß vertrug sie keinerlei Strahlen mehr, konnte nicht einmal fernsehen”, berichtete ihre Sekretärin. Mit 68 Jahren hat sie sich das Leben genommen.
(Text von 2002)
Verfasserin: Susanne Gretter
Zitate
In die letzten Kriegstage fällt auch eine traumatische Erfahrung, über die Hannelore Kohl ihr Leben lang nie mehr wirklich hinwegfinden sollte. Im Mai 1945 hatten sich Mutter und Tochter, die Wilhelm Renner Monate zuvor vorsorglich ins sächsische Döbeln umquartiert hatte, auf den Weg nach Westen gemacht. Irgendwo auf dem Weg wurde die damals zwölfjährige Hannelore von russischen Soldaten aufgegriffen und mehrfach vergewaltigt, so steht es jetzt erstmals offen bei Schwan. [s.u.] Hannelore Kohl trug dabei neben der seelischen Wunde auch eine schwere Wirbelverletzung davon, die sie Zeit ihres Lebens quälen sollte.
(Jan Fleischhauer, spiegel-online, 11.6.2011)
Literatur & Quellen
Clough, Patricia. 2002. Hannelore Kohl: Zwei Leben. Stuttgart, München. Deutsche Verlagsanstalt.
Kohl, Peter & Dona Kujacinski. 2002. Hannelore Kohl: Ihr Leben. München. Droemer.
Schwan, Heribert. 2011. Die Frau an seiner Seite: Leben und Leiden der Hannelore Kohl. München. Heyne.
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