Biographien Gertrude Vanderbilt Whitney
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geboren am 9. Januar 1875 in New York, NY
gestorben am 18. April 1942 in New York, NY
US-amerikanische Bildhauerin; Förderin US-amerikanischer Kunst und KünstlerInnen; Gründerin des Whitney Museum of American Art (1930)
150. Geburtstag am 9. Januar 2025
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Mit Mut und Entschlossenheit sprengte Gertrude Vanderbilt Whitney die Fesseln des enormen Reichtums ihrer Familie und ihrer gehobenen, aber einengenden gesellschaftlichen Stellung, um in der Welt der Kunst Lebenssinn und Erfüllung zu finden. Die hochbegabte Tochter der reichsten Familie New Yorks litt unter der Oberflächlichkeit und Enge ihrer Existenz und wünschte sich schon früh, ein Junge zu sein. Dennoch folgte sie dem vorbestimmten Weg und heiratete einen Mann mit dem passenden Vermögen. Als sich die Ehebeziehung jedoch verschlechterte, widmete sie sich der Kunst und wurde eine anerkannte Bildhauerin. Außerdem nutzte sie geschickt ihren extremen Reichtum und ihre machtvollen Verbindungen, um zeitgenössische amerikanische KünstlerInnen höchst effektiv zu fördern. 1930 gründete sie das Whitney Museum of American Art, das erste Museum seiner Art in den USA, und ebnete damit den Weg für eine neue Wertschätzung dieser KünstlerInnen und ihrer modernistischen Ansätze.
Als viertes Kind der superreichen und prominenten New Yorker Vanderbilts war sich Gertrude Vanderbilt ihrer gesellschaftlichen Stellung sehr bewusst und befürchtete lange Zeit, dass sie nur wegen dieser Stellung, niemals aber um ihrer selbst willen geschätzt würde. Schon früh sehnte sie sich nach einem aktiven, sinnvollen Leben jenseits der endlosen Tees, Bälle und anderen gesellschaftlichen Zusammenkünfte, die ihre Existenz im Vergoldeten Zeitalter ausmachten. Eine enge und leidenschaftliche Beziehung zu Esther Hunt, der Tochter des Architekten Richard Morris Hunt, beunruhigte ihre Mutter Alice Vanderbilt dermaßen, dass sie ihrer Tochter den Umgang mit Esther verbot. Gertrude unterhielt in der Folgezeit eine Reihe “akzeptabler” Verehrer; sie verliebte sich in Harry Payne Whitney und heiratete ihn, der später ein Vermögen (Öl und Tabak) erbte. Die Beziehung verschlechterte sich mit der Zeit, und das Paar pflegte zunehmend außereheliche Beziehungen und unterschiedliche Interessen - Harry im Sport und Gertrude in der Kunst -, ließ sich aber nicht scheiden. Harry starb 1930.
Gertrude war durch die Gemäldesammlung ihres Vaters - er schenkte dem Metropolitan Museum of Art Rosa Bonheurs Pferdemarkt - und die zahlreichen Reisen der Familie zu europäischen Museen schon früh mit Kunst in Berührung gekommen. Sie nahm auch Unterricht an der Art Students League in New York, und in Paris erregten ihre Arbeiten das Interesse von Rodin, der ihr private Ratschläge gab. Obwohl ihre Familie und FreundInnen ihre künstlerischen Bemühungen mit nachsichtiger Belustigung zur Kenntnis nahmen, ließ sich Gertrude Whitney nicht beirren: Sie hatte ihren Lebensinhalt gefunden. Zuerst stellte sie unter Pseudonym aus, aber ab 1910 unter ihrem eigenen Namen, und bald erlangte sie Anerkennung als Bildhauerin monumentaler öffentlicher Kunstwerke. Zu ihren zahlreichen öffentlichen Skulpturen gehört ein Denkmal für die Titanic in Washington, D. C., das KritikerInnen für ihr wichtigstes Werk halten. Die Figur mit ausgestreckten Armen scheint die berühmte Szene aus dem Film von 1997 inspiriert zu haben, in der eine jubelnde Kate Winslet mit Leonardo DiCaprio am Bug der Titanic steht. 1907 richtete Whitney sich ein Atelier in Greenwich Village ein und begann, sich intensiver und freier mit anderen bildenden KünstlerInnen New Yorks auszutauschen.
Der Einsatz für wohltätige Zwecke entsprach auch Whitneys Bedürfnis nach einer sinnvollen Tätigkeit und war eine traditionell akzeptierte Form der Aktivität für Frauen der Mittel- und Oberschicht. Sie hatte bereits ihre Arbeit im Greenwich House befriedigend gefunden, einer „Settlement“-Einrichtung für Arme in New York, wo sie unter anderem für Kunstunterricht sorgte. Und während des Ersten Weltkriegs hatte sie in Juilly, nordwestlich von Paris, ein Feldlazarett für Soldaten aller Nationen errichtet und unterhalten.
Sie erkannte, dass sie als steinreiche Erbin einzigartige und nahezu unbegrenzte Möglichkeiten hatte. So konnte sie auch US-amerikanische KünstlerInnen unterstützen, deren Werke damals von amerikanischen Museen und Galerien noch abgelehnt wurden. Mit ihrem Atelier bot sie einen Ort zum Arbeiten und Ausstellen; sie sponserte Reisen und Unterricht für KünstlerInnen und kaufte viele ihrer Bilder für ihre eigene Sammlung. Als das Metropolitan Museum of Art das Angebot einer Schenkung ihrer umfangreichen Sammlung amerikanischer Gemälde ablehnte, gründete sie selbst ein Museum – das Whitney Museum of American Art – und machte eine Generation von KünstlerInnen, darunter Edward Hopper, Malvina Hoffman und die New Yorker Ashcan School, öffentlich bekannt.
Whitney arbeitete bis an ihr Lebensende als Bildhauerin. Sie betätigte sich auch als Schriftstellerin; schon immer hatte sie ausführlich Tagebuch geführt, und 1932 veröffentlichte sie unter dem Pseudonym L. J. Webb einen der weltweit ersten Romane über eine lesbische Beziehung, Walking the Dust. Der chaotische, von der Boulevardpresse ausgeschlachtete Rechtsstreit mit ihrer Schwägerin um das Sorgerecht für ihre Nichte Gloria Vanderbilt nahm 1934 einen Großteil ihrer Zeit und Energie in Anspruch; Whitney war schließlich erfolgreich.
(Text von 2024)
Verfasserin: Joey Horsley
Literatur & Quellen
Biddle, Flora Miller. (1999, 2012). The Whitney Women and the Museum They Made. A Family Memoir. New York, Skyhorse, Arcade Publishing.
Cooper, Anderson and Katherine Howe. (2021). Vanderbilt. The Rise and Fall of an American Dynasty. New York. Harper Collins.
Friedman, B.H., Gertrude Vanderbilt Whitney, Doubleday and Company New York, 1978.
Gertrude Vanderbilt Whitney. Wikipedia.
Gertrude Vanderbilt Whitney Papers, 1851–1975, bulk 1888–1942. Archives of American Art: Smithsonian.
McCarthy, Kathleen D. (1991). Women's Culture: American Philanthropy and Art, 1830–1930 . Chicago and London. University of Chicago Press, 214-244.
Memorial exhibition; Gertrude Vanderbilt Whitney. New York: Whitney Museum of American art. 1943. Retrieved December 27, 2014.
Vanderbilt II, Arthur T. (August 1989). Fortune's Children: The Fall of the House of Vanderbilt. New York: Morrow.
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