geboren am 30. November 1870 in Pirna/Sachsen
gestorben am 5. Januar 1955 in Ohlstadt bei Murnau/Oberbayern
deutsche Schauspielerin
150. Geburtstag am 30. November 2020
Biografie • Weblinks • Literatur & Quellen
Biografie
“Von dem heutigen Abend an werden wir diese Künstlerin auf die gleiche Stufe stellen wie irgend eine der weiblichen Weltberühmtheiten anderer Länder, also neben die Duse und um so viel höher als Sarah Bernhardt, wie die dichterischen Aufgaben, die an Gertrud Eysoldt gestellt werden, höher sind, als die des französischen Theaters.” (30) So schrieb Eduard Engel nach der Uraufführung von Hofmannsthals Elektra (1903) über die Schauspielerin, die im frühen 20. Jahrhundert in Deutschland “eine neue Art von Schauspielkunst schuf und auch ein neues Frauenbild auf der Bühne.”(Carsten Niemann)
“Zur Schauspielerin ist man geboren”, sagte sie von ihrem frühen Entschluss, zur Bühne zu gehen. Nach dem Schulbesuch in Dresden kam sie auf das Konservatorium in München. 1890 wurde sie Mitglied der Theatertruppe des Herzogs von Meiningen und berichtet, wie sie schon mit 18 Jahren den Lebensunterhalt für sich und ihre Mutter verdiente. Auf Meiningen folgten Riga und Stuttgart, wo Eysoldt bald “der erklärte Liebling des Publikums wurde.” (Marie Luise Becker).
Ab 1899 in Berlin, trat sie 1902 in Max Reinhardts Ensemble ein. Nun begann eine ungemein anregende, fruchtbare Zeit für das deutsche Theater: Reinhardts Regie und das ganz neue, antinaturalistische und atemberaubende Spiel der Eysoldt gaben einer ganzen Generation damals moderner Dramatiker - Wilde, Strindberg, Hofmannsthal, Wedekind - ihre ersten Erfolge auf der deutschen Bühne. Die komplexen, leidenschaftlichen Frauengestalten im Drama um die Jahrhundertwende “wurden durch ihre (Eysoldts—jh) Darstellung erst spielbar.” (Carsten Niemann, 8) Inspiriert durch ihre Darstellung der Nastja in Gorkijs Nachtasyl (1903) schrieb Hofmannsthal für sie seine Elektra. Klassischen Rollen des europäischen Theaters gab sie auch neues Leben, wie Puck aus Ein Sommernachtstraum, Kleists Penthesilea oder Ibsens Nora. Zwei Jahre selbst Direktorin des Kleinen Schauspielhauses, Berlin, setzte Eysoldt die Uraufführung von Schnitzlers Reigen gegen ein Zensurverbot durch, das das Stück für unzüchtig erklärte.
Gertrud Eysoldt war zweimal verheiratet, in der zweiten Ehe gebar sie 1910 ihren Sohn Peter Berneis. Nach der Auflösung des Reinhardt-Ensembles 1933 trat sie nur noch selten auf, drehte aber drei oder vier Filme und war lange Zeit als Schauspiellehrerin tätig. Nach dem Krieg wohnte sie bei guten FreundInnen in Ohlstadt bei Murnau.
(Text von 1989)
Verfasserin: Joey Horsley
Links
http://www.steffi-line.de/archiv_text/nost_buehne/04e_eysoldt_gertrud.htm
Literatur & Quellen
Eysoldt, Gertrud. 1996. Der Sturm Elektra: Gertrud Eysoldt / Hugo von Hofmannsthal, Briefe. Hg. und mit einem Nachwort von Leonhard M. Fiedler. Salzburg. Residenz.
Niemann, Carsten. 1988. Gertrud Eysoldt (1870-1955): Bilder aus einem Schauspielerleben. Ausstellungskatalog zur Ausstellung der Stadt Bensheim im Parktheater Bensheim, 26. November 1988 - 9. Jan. 1989. Bensheim. Stadt Bensheim (Hg.).
Niemann, Carsten. 1993. Die Schauspielerin Gertrud Eysoldt als Darstellerin der Salome, Lulu, Nastja, Elektra und des Puck im Berliner Max-Reinhardt-Ensemble. Unveröff. Diss. Univ. Frankfurt/M.
Niemann, Carsten. 1995. “Das Herz meiner Künstlerschaft ist Mut”: Die Max-Reinhardt-Schauspielerin Gertrud Eysoldt. Mit einem Beitr. von Leonhard M. Fiedler. Hannover. Niedersächs. Staatstheater, Theatermuseum und -archiv.
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