geboren am 1. Juli 1804 in Paris
gestorben am 8. Juni 1876 in Nohant
französische Schriftstellerin
220. Geburtstag am 1. Juli 2024
Biografie • Literatur & Quellen
Biografie
Sie war wohl die erste Frau, die Männerkleider trug, Pfeifen und Zigarren rauchte. Denn sie “wollte soweit Mann sein, daß ich in Bereiche und Milieus eindringen konnte, die mir als Frau verschlossen waren”, schreibt sie in der Geschichte meines Lebens. Sie machte ihre Liebschaften öffentlich, und das zu einer Zeit, als für Frauen noch Zuchthaus auf Ehebruch stand. Seit 1822 war George Sand mit dem wesentlich älteren Casimir Dudevant verheiratet, aber 1831 läßt sie den Ehemann und ihre beiden Kinder in der Provinz zurück und geht nach Paris, wo sie mit ihrem jugendlichen Liebhaber Jules Sandeau eine Mansardenwohnung teilt.
In Worten und Taten predigt sie die leidenschaftliche Liebe und spricht sich heftig gegen die Einengung durch die Institution der Ehe aus. Ihre Liebesbeziehungen mit Alfred de Musset, Prosper Mérimée, Frédéric Chopin oder der Schauspielerin Marie Dorval sind legendär. Bereits ihr erster, 1831 erschienener Roman Indiana, wurde ein großer Erfolg. “Indiana ist ein Typus: die Frau, das schwache Geschöpf, dem es obliegt, die gehemmten, oder wenn Ihnen dies lieber ist, die durch die Gesetze unterdrückten Leidenschaften darzustellen… die Liebe, die mit ihrer blinden Stirn gegen alle Widerstände der Zivilisation anstößt”, sagt George Sand. Und weil Indiana nicht nur einen Ehemann, sondern auch zwei Liebhaber hat, richte dieses Buch, so zum Beispiel der deutsche Literaturwissenschaftler Ludwig Spach, “unsägliches Unheil im Innern der Familienkreise und am häuslichen Herd an” und führe zur “systematischen Untergrabung der Ehe”. Honoré de Balzac: “Ich kenne nichts, das schlichter geschrieben, köstlicher ersonnen wäre.”
Als 1833 George Sands zweiter Roman, Lélia, erschien, war sie eine über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannte Schriftstellerin, berühmt und berüchtigt und umstritten.
Während der 40er Jahre schrieb George Sand ihre “sozialistischen” Romane, Consuelo (1842) z.B. oder Horace (1841). Ihre dort formulierte Utopie vom Verschmelzen der sozialen Klassen brachte ihr viel Kritik ein. Immer mehr interessierte sich George Sand für die politischen und sozialen Probleme Frankreichs; sie bezeichnete sich als Sozialistin, später als Kommunistin. Als 1848 die Revolution ausbrach, reiste George Sand nach Paris, wo sie das Bulletin der Republikaner redigierte. “Ich habe das Volk gesehen”, schwärmte sie, “groß, erhaben, aufrichtig, weitherzig – das Volk von Frankreich, vereint im Herzen Frankreichs, im Herzen der Welt… Wir sind verrückt, wir sind berauscht vor Freude darüber, daß wir, im Schlamm eingeschlafen, zwischen den Sternen erwachen!”
Nach Niederschlagung des Aufstandes zog sie sich enttäuscht auf ihr Gut nach Nohant zurück, wo sie bis zu ihrem Tod ein zurückgezogenes Leben führte. “Ich habe bei ihrem Begräbnis geweint wie ein Kind”, schrieb Flaubert an Turgenjew. “Arme, liebe große Frau! … Stets wird sie eine der Größten und eine einzigartige Zierde Frankreichs sein.”
Verfasserin: Susanne Gretter
Literatur & Quellen
Flaubert, Gustave & George Sand. 1992. Eine Freundschaft in Briefen. Herausgegeben und erläutert von Alphonse Jacobs. Aus dem Französischen von Annette Lallemand, Helmut & Tobias Scheffel. München. Beck.
Harlan, Elizabeth. 2004. George Sand. New Haven. Yale University Press.
Reid, Martine & Bertrand Tillier. 1999. l'ABCdaire de George Sand. Paris. Flammarion.
Sand, George. 1978 (1854). Geschichte meines Lebens. Aus ihrem autobiographischen Werk ausgewählt und mit einer Einleitung von Renate Wiggershaus. Frankfurt/M. Insel TB 313.
Sand, George. 1983 (1831). Indiana. Aus dem Frz. von A. Seubert. Mit einem Essay von Annegret Stopczyk. Frankfurt/M. Insel TB 711.
Sand, George. 1984. (1833) Lélia. Aus dem Frz. von Anna Wheill. Mit einem Essay von Nike Wagner. Frankfurt/M. Insel TB 737.
Sand, George. 1990. Nimm Deinen Mut in beide Hände: Briefe. Aus d. Frz. von Annedore Haberl. München. dtv.
Sand, George. 1999 (1855). Ein Winter auf Mallorca. Aus dem Franz. von Maria Dessauer. Frankfurt/M. Insel TB.
Sand, George. 2004. Lettres d'une vie. Hg. u. erläutert von Thierry Bodin. Paris. Gallimard.
Schlientz, Gisela. 1987. George Sand: Leben und Werk in Bildern und Texten. Frankfurt/M. Insel TB 565.
Schlientz, Gisela. 1989. Ich liebe, also bin ich: Leben und Werk von George Sand. München. Beck.
Strohmeyr, Armin. 2004. George Sand - “Glauben Sie nicht zu sehr an mein satanisches Wesen”. Leipzig. Reclam.
Wiggershaus, Renate. 1982. George Sand in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg. rororo monographie 309.
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